Bulls Urban Copenhagen im Test: Die Neuauflage des eleganten Urban-Bikes ist nicht mehr ganz so „retro“, dafür mit neuen Anbauteilen noch gradliniger und eleganter. Wer ein technisch hochwertiges Rad mit funktioneller Ausstattung und reduzierter Optik sucht, könnte an diesem Tourenbike Gefallen finden.
Werden Fahrräder immer komplizierter? Kann schon sein, besonders, wenn sie mit „Elektro-“ anfangen. E-Bikes sind heute vollgestopft mit Technologien, die über die eigentliche Aufgabe des Unterstützungsantriebs hinausgehen – Konnektivitätsfunktionen und W-LAN, Tracking und „Geofencing“, elektronische Schaltung und ABS. Wie erfrischend ist es da, eine 2023er Neuheit in Augenschein zu nehmen, die auf puristische Weise einfach nur Fahrrad ist, dabei jedoch bewährte Technik in ausgesprochen moderner Form bietet.
Viele Montagemöglichkeiten
Vorhang auf für das Bulls Urban Copenhagen, ein Rad, das sich im neuen Modelljahr deutlich von seinem Vorgänger unterscheidet. Das betrifft zum einen die Optik, die nun weniger „retro“ ist – poliertes Aluminium findet man am 2023er Modell fast nicht mehr. Zum anderen verfügt das Copenhagen über einen komplett neuen Rahmen, der stark an die 2023er Grinder-Modelle von Bulls erinnert. Auf den ersten Blick zu erkennen sind die Gewindebohrungen unterm Oberrohr, an denen sich ein Spannband befestigen lässt; mit gerader Gabel und tief angesetzten Sitzstreben bei der Diamant-Ausführung wirkt der Rahmen markanter.
Das längere Steuerrohr führt zu einer etwas aufrechteren Sitzhaltung. Sehr gelungen ist die in Rahmenfarbe lackierte Lenker-Vorbau-Einheit mit eleganter Innenklemmung. Und natürlich ist das Rad mit einer Starrgabel ausgestattet, die mit den drei seitlichen Gewindebohrungen für Gepäckhalterungen wiederum ans Gravelbike erinnert – ein Merkmal, das bei Touren mit Gepäck zum Tragen kommt.
Weich laufendes Getriebe mit großem Übersetzungsumfang
Zum zurückgenommenen, technisch reduzierten Eindruck trägt auch der Antrieb bei. Bulls setzt am Urban-Bike auf die Shimano Alfine 11, in Sachen Übersetzungsbandbreite eine der fortschrittlichsten Getriebenaben am Markt. Der Gesamtumfang der Schaltung liegt bei 408 %, was bedeutet, dass der größte Gang mehr als viermal so lang übersetzt ist wie der kleinste. Bis auf den großen Sprung vom ersten zum zweiten Gang liegen außerdem alle Gangsprünge sehr gleichmäßig im Bereich von 13 bis 14 %, sodass man ohne allzu große Schwankungen bei der Tretfrequenz hoch- oder runterschalten kann. Mit Daumen-/Fingertasten geht das sehr schnell und präzise; ein Drehgriff, wie er bei einfacheren Nabenschaltungen meist verwendet wird, ist da deutlich im Nachteil. Das im Ölbad laufende Getriebe ist zudem sehr geschmeidig und gefühlt reibungsarm.
Die Shimano Alfine 11 gehört klar ins Premium-Segment, und dort kann man den Kundinnen und Kunden nicht mehr mit der klassischen Fahrradkette kommen. Auch Bulls spezifiziert natürlich einen Gates-Zahnriemen, der bekanntlich einen speziellen Rahmen benötigt: Das rechte Hinterbaudreieck muss geöffnet werden können, damit sich der Riemen einlegen lässt. Wichtig ist nun nur noch die richtige Spannung, damit der Kettenersatz weder durchrutscht noch zu viel Reibung produziert; dann kann der Gates-Riemen quasi wartungsfrei gefahren werden, weiter und immer weiter. Kein Vergleich zur Kette, die regelmäßig gereinigt und geölt werden muss, um ihre guten Laufeigenschaften beizubehalten.
Rundum top ausgestattet
Damit ist das Urban Copenhagen ein echtes Rundum-sorglos-Fahrrad, das auch sonst auf optimale Funktion getrimmt ist. Dazu gehören hydraulische Scheibenbremsen, die sehr wartungsarm sind und bei Trockenheit wie bei Nässe verlässlich verzögern, außerdem eine sehr helle Lichtanlage mit Tagfahrlicht, nicht zu vergessen die pannenfesten, leicht laufenden Schwalbe-Reifen. Hochwertige ergonomische Griffe sind ebenso montiert wie ein nicht zu sportlicher Sattel, dazu gibt es einen schmalen Heckträger ohne Federklappe, der aufs Einhängen seitlicher Packtaschen ausgelegt ist.
Sportlich und rollwiderstandsarm
Wie üblich bei eher leichten, ungefederten Bikes ist das Fahrverhalten sportlich-direkt, die Lenkung dabei angenehm neutral. Je nach Reifendruck sind die Rückmeldungen von der Fahrbahn deutlich – wer diesbezüglich sensibel ist, könnte geneigt sein, eine Parallelogramm-Federstütze nachzurüsten. Extrem hochwertig sind im übrigen die Schwalbe Marathon Efficiency, die neben hohem Pannenschutz mit speziellem Karkassenaufbau und Gummimischung aus dem Rennsport einen sehr geringen Rollwiderstand aufweisen.
So ist das Bulls Urban Copenhagen weitgehend perfekt zu nennen, und auch der Preis von 1.799 Euro darf angesichts der Ausstattung nicht schocken – anderswo reicht eine solche Summe nur für eine Achtgangschaltung. Im Vergleich zu einem Highend-Elektrorad mag es technisch reduziert erscheinen, doch als sportliches Alltags- und Tourenrad mit sehr geringem Wartungsaufwand ist es kaum zu toppen.