Test Kettler Scinto Sport 2.0: Ein Gravelbike hätte man vom Pionier des Alu-Rahmens nicht unbedingt erwartet. Doch als vielseitiges Alltagsrad mit Rennlenker und kompakter Sitzhaltung ist das Kettler Scinto durchaus interessant und praxistauglich – nicht nur für junge Eltern, denen die integrierte Anhängerkupplung besonders gefallen dürfte.
Jahrzehnte lang kam der Rennlenker nicht aus seiner sportlichen Nische heraus. Alltagsräder mit dem Bügel waren Mangelware, und das aus gutem Grund: Es dauerte ewig, bis die Rennbremsgriffe einigermaßen ergonomisch wurden, dann mussten neue Rahmengeometrien entwickelt werden, die eine aufrechtere Sitzhaltung zuließen. Und schließlich bedurfte es der Scheibenbremse, die eine zeitgemäße Bremsleistung und dazu breitere Reifen erlaubte.
Kettler Scinto – ein Gravelbike für Alltagsfahrer
All das führte zum Gravelbike, das inzwischen auch von vielen Radlern und Radlerinnen im Alltag genutzt wird – ob als Randonneur mit Vollausstattung oder sportlich mit Rucksack statt Träger und Akkuleuchten. Hier schließt sich das Problem an, dass viele Graveller immer noch sehr sportlich geschnitten sind, und eine gestreckte Sitzhaltung mit tiefem Lenker gefällt nicht allen. Doch mit dem Scinto Sport 2.0 bringt Kettler eine Alternative ins Spiel, die deutlich alltagstauglicher ist und sich an Radfahrer (-innen) richtet, die ein Gravelbike bisher vielleicht gar nicht im Fokus hatten.
Das Unternehmen, das einst den ersten Serien-Aluminiumrahmen schuf und zeitweise auch Rennräder anbot, ist in erster Linie auf Alltagsräder spezialisiert; mit dem Scinto ist nun ein Dropbar-Bike im Sortiment, das wie geschaffen scheint für flottes Vorankommen zwischen Kita, Arbeit und Freizeit. So ist ein Kupplungsadapter montiert, der auf die von Kettler angebotenen Kinderanhänger abgestimmt ist und sportliche Eltern erfreuen dürfte; auch ein Seitenständer kann hier angebracht werden.
Kettler Scinto: Gravelbike mit Anhängerkupplung
Dazu finden sich ganze 17 Gewindeeinsätze am Rahmen plus je zwei an den hinteren Ausfallenden, je drei pro Gabelbein sowie fünf weitere an der Gabel – für diverse Flaschenhalter, Gepäckhalterungen, Schutzbleche, eine Frontleuchte und sogar ein Spannband am Oberrohr, unter das man etwa eine Jacke klemmen kann. Die Gabel ist auch auf das Durchleiten eines Dynamokabels vorbereitet, und zu guter Letzt befinden sich unter dem Logo am Steuerrohr zwei große Gewinde für einen Frontgepäckträger. Damit lässt sich das Kettler nach Herzenslust mit Anbauten ausstatten, die zur persönlichen Nutzung passen; außerdem hat der Hersteller so die Möglichkeit, voll ausgestattete Varianten des Scinto anzubieten.
Angenehme Sitzhaltung
Bremsleitung und Schaltzug laufen durch den Vorbau ins Steuerrohr, könnten aber auch ins Unterrohr geführt werden. Mit kurzem Vorbau und breitem Lenker lässt sich das Kettler leicht und sicher steuern; die Shimano GRX 810 ist mit ihren 1×11 Gängen kinderleicht bedienbar – Berührungsängste sind hier fehl am Platz, auch wenn man noch nie auf einem Rennrad gesessen hat. Das Gewicht um 10,5 Kilo ohne Pedale wird Alltagsradlern sehr gering vorkommen und fällt auch erfahrenen Gravellern beim Fahren nicht unangenehm auf. Und während erstere vielleicht zum ersten Mal erleben, wie viel Fahrspaß ein alltagstaugliches Sportrad macht, werden sich letztere darüber freuen, mit dem Scinto ihr radsportliches Hobby in den Alltag überführen zu können.
Ist das Kettler Scinto ein Gravelbike neuen Typs?
Das Kettler als ein Gravelbike neuen Typs zu bezeichnen, mag zu weit gehen, doch in seiner Fokussierung auf die Alltagsnutzung ist es sehr eigenständig und entzieht sich ein Stück weit dem direkten Vergleich mit anderen Konzepten. Das ist auch deshalb nicht schlecht, weil das Rad für die gebotene Technik eher teuer ist. Aber immerhin wiegt es den Preis mit großer Vielseitigkeit auf.