Produktnews Spike-Reifen: Winterreifen fürs Fahrrad? Solange es trocken ist, braucht man sie nicht – muss man jedoch bei Glatteis und hartem Schnee in den Sattel, kommt man mit konventionellen Pneus nicht weit. Hier spielen Spike-Reifen ihre Stärken aus: Sie bieten auch bei Glätte viel Sicherheit, was für Velomotion ein guter Grund ist, unterschiedliche Modelle vorzustellen.
Fahrradfahren kann man eigentlich bei jeder Witterung und auf jedem Untergrund – mit einer Ausnahme: Auf eisglatter Straße hat auch der versierteste Radfahrer keine Chance. Die Fahrbahnhaftung sinkt auf null, das Bike rutscht in Sekundenbruchteilen unterm Fahrer weg. Kein Wunder, dass Stürze auf Eis zu bösen Verletzungen führen können: Das Ganze geht so schnell, dass man keine Chance hat zu reagieren, und dann landet man auch noch auf einer glasharten Oberfläche.
Bei Eis: Spike-Reifen
Was also tun bei Blitzeis oder Dauerfrost? Es gibt nur zwei Möglichkeiten: aufs Radfahren verzichten oder vorsorgen und rechtzeitig Spike-Reifen montieren (lassen). Was das ist, weiß jeder, auch wenn man sie nur noch selten sieht: Die mit Metallstiften ausgestatteten Winterreifen sind an Kraftfahrzeugen in Deutschland seit fast 50 Jahren verboten (Ausnahme: Einsatzfahrzeuge), da die Spikes, welche sich haftungsfördernd in die Eisschicht bohren, den Asphalt beschädigen. Fahrräder oder E-Bikes dürfen mit Spike-Reifen gefahren werden, S-Pedelecs allerdings nicht – sie sind ja bekanntlich Krafträder.
Fahrradreifen mit Spikes gibt es in unterschiedlichen Varianten und für unterschiedliche Einsatzzwecke. Zunächst einmal sind sie natürlich für Alltagsfahrer interessant, die auf Modelle wie den Schwalbe Marathon Winter Plus (ab 66,90 €) setzen sollten. Dieser Reifen ist mit 240 Spikes aus dem Hartmetall Wolframcarbid versehen, denen der Hersteller mehrere Tausend Kilometer Laufleistung attestiert, bevor sie abgerieben sind. Defekte Spikes können ausgetauscht werden; im Neuzustand muss der Reifen eingefahren werden, damit die Metallnägel fest im Reifen haften. Mit dem Winter (ab 44,90 €) hat Schwalbe auch ein günstigeres Modell im Sortiment, das mit 120 Spikes auskommt – die Nägel im Schulterbereich fehlen. Beide Reifen sind mit einem nicht allzu tiefen Lamellenprofil ausgestattet, das auf Schnee den Grip verbessern soll.
Optimal funktionieren solche Reifen, wenn man wie folgt vorgeht: Sind die Straßen eisfrei (bzw. schneefrei), fährt man mit hohem Luftdruck. So haben nur die Spikes dicht am Mittelstreifen Bodenkontakt; der Reifen rollt leichter und vor allem leiser. Bricht dann der Winter herein, reduziert man den Reifendruck, sodass sich auch die Spikes im Schulterbereich mit dem Untergrund verkrallen können.
Stärker profiliert als die Winterreifen von Schwalbe ist der Kahva des Anbieters 45NRTH, der auf Radfahren bei Eiseskälte spezialisiert ist (ab ca. 99,99 €). Dieser Reifen ist mit 252 Spikes versehen und in Breiten ab 2.1 Zoll erhältlich; angesichts seines großen Volumens kann er mit geringem Druck gefahren werden. Allerdings dürfte er nicht durch jeden Rahmen passen; der Einsatz am E-Bike wird vom Hersteller nicht empfohlen.
Für einen ähnlichen Einsatzbereich entwickelt wurde der Schwalbe Ice Spiker Pro (ab 77,90 €). Dies ist ein breiter MTB-Reifen für 27,5 und 29 Zoll Laufradgröße, der je nach Ausführung bis zu 402 Spikes aufweist. Dabei ist jeder der sechseckigen Profilstollen mit einem Stahlnagel versehen. Das Profil des Ice Spiker Pro ist tief und offen, womit der Reifen gerade im Schnee guten Halt bieten sollte. Schneefreier Asphalt ist nicht die Domäne dieses Pneus; am ehesten dürfte er Fahrern entgegenkommen, die viel auf Naturwegen unterwegs sind. Auf solchen Böden wird dann auch das deutliche Abrollgeräusch etwas verhaltener ausfallen.
Breite Walze für Tiefschnee-Touren
Mit dem Vee Tire Snowball (119,95 €) muss man an so etwas wie Asphalt gar nicht erst denken. Der Fatbike-Reifen ist satte vier Zoll, also mehr als zehn Zentimeter breit. Entstanden sind die entsprechenden Bikes im Zuge legendärer Rennen wie dem Iditabike in Alaska, wo die Starter der späten 1980er drei normale Felgen nebeneinander montierten, um im Schnee mehr Auflagefläche zu haben. Der Snowball kann dank des extrem großen Volumens schon mit 0,5 bar Druck gefahren werden; dann bietet das offene Profil extrem gute Traktion. Geliefert wird der Reifen ohne Spikes – die 148 Stahlnägel müssen nachgekauft werden. Fatbikes sind ja darauf hin konzeptioniert, über so ziemlich alles hinweg rollen zu können – mit dem Snowball klappt das auch im tiefsten Winter…
Etwas Besonderes zu beachten gibt es bei Spike-Reifen nicht – sie passen (das richtige Maß vorausgesetzt) auf konventionelle Felgen und werden je nach Ausführung mit Schlauch oder tubeless gefahren. Auf trockenem Asphalt sind außer dem Abrollgeräusch keine Unterschiede zu normalen Reifen zu erwarten; die Spikes machen die Reifen bei schneefreien Böden nicht rutschiger. Bleibt die Frage, ob es sich wirklich lohnt, im Winter auf Nagelreifen umzusteigen. Wer den Aufwand des Umbaus scheut, kann an den paar Schneetagen im Jahr das Fahrrad stehen lassen; ist man wochenlang mit glatten und weißen Straßen konfrontiert, dürften Spike-Reifen aber durchaus Sinn machen.