Test/Produktnews: Das neue Specialized Stumpjumper ist bereits die fünfzehnte Version des im Jahr 1981 erstmals vorgestellten Mountainbikes der Kalifornier. Mit einer neuen, patentierten Dämpfertechnologie mit speziell entwickeltem Fox Genie Dämpfer, soll deutlich mehr Traktion möglich sein. Zudem hat man sich bei der Entwicklung spezifisch auf den Rahmen konzentriert und gleichzeitig vom bekannten asymmetrischen Design des Stumpjumpers verabschiedet. Was das Bike wirklich kann und wie es sich fährt haben wir in Kanada beim offiziellen Launch getestet.
Specialized Stumpjumper 15 Genie – ausprobiert in Vancouver!
Das Stumpjumper Evo ist tot – es lebe das Stumpjumper! Specialized reduziert mit dem neuen Stumpy das Angebot der beiden Modellvarianten – Evo und Classic – auf nur noch DAS STUMPJUMPER. Ach neeee!!! Wass soll das Denn?!?!?! Stopp! Sie haben Recht…. aber dazu später mehr… Ich, Christoph schreibe mal keinen klassichen Testbericht. Aber ein Launch in Übersee ist immer auch ein Erlebnis, besonders wenn…. ach lest selbst!
Specialized lud zum Pressecamp auf Vancouver Island ein. Wenn man an so einem Event teilnehmen darf, möchte man immer, dass alles perfekt wird. Weshalb ich sehr penibel und gewissenhaft gepackt hatte. Alles wurde doppelt geprüft und mit Checkliste abgehackt damit ja nichts vergessen wird. Aber Murphy´s Law lauert überall und so kam es, dass ich von meinen Schuhen, die ich zweimal habe, zweimal den rechten Schuh eingepackt hatte. So gemerkt erst kurz vor der ersten Ausfahrt. Die Mädels und Jungs von Specialized waren so nett mir mit Schuhen auszuhelfen aber halt leider nur Flatpedals. Ich bin seit mehr als fünf Jahren nicht mehr auf Flatpedals gefahren. Hilft alles nichts, Pedale gewechselt, Schuhe an und los geht´s. Durch die ganze Hektik mit den Schuhen konnte ich mich gar nicht wirklich mit dem Bike beschäftigen. Ich war nur heilfroh, dass es irgendwie klappte und schwang mich schnell aufs Rad weil der Rest der Gruppe schon wartete. Im Uphill fehlten mir die Click Pedale sehr schnell, weil man es einfach gewöhnt war auch ziehen zu können. Das alles schlug schon ein wenig auf mein Gemüt und ich ärgerte mich über mich selbst. Auch dachte ich schon an die Trails und dass ich dort Probleme haben werde, wenn es richtig zur Sache geht… Oben angekommen, erstmal ausschnaufen und mit der ganzen Truppe Blödsinn reden. Die Stimmung der ganzen Truppe war so gelöst und locker.
Dann ab auf den ersten Downhill und ich war jeden Meter Trail erstaunt wie wenig Probleme ich mit den Flatpedals hatte. Der FSR Hinterbau arbeitete perfekt und fühlte sich viel potenter an als die 140 mm Federweg. Die Geometrie war Specialized typisch – darauf sitzen und wohlfühlen. Aber das ist kein Geheimnis, dass das bei Specialized perfektioniert wurde. Man fing sehr schnell an mit dem Bike zu spielen und die Grenzen auszuloten. Irgendwie beschäftigte man sich so gar nicht mit der Technik, sondern hatte einfach einen mega guten Tag auf dem Rad mit coolen Leuten auf nahezu perfekten Trails.
Abends war dann zur Produktvorstellung geladen und da wurde dann viel mehr klar, warum ich trotz Flatpedale keine Probleme hatte. Die Entwicklung von Specialized, sogenannt Specialized Ride Dynamics, beschäftigt sich umfänglich mit dem Themen Rahmen, Kinematik, Geometrie und Fahrwerk. Wenn man sich mit den Themen so umfänglich beschäftigt und mal alles was derzeit auf dem Markt ist außer Acht lässt, kommen einem auch manchmal neue Ideen. So ist es bei anderen Fahrradfirmen eher der Fall, dass Komponenten von der Stange genommen werden und das Bike darum herum konstruiert wird. Specialized geht hier oft deren eigenen Weg und so auch beim neuen Stumpjumper. So war man versucht den Hinterbau mit neuen Konzepten auszustatten aber man kam nach Messungen immer wieder beim bewährten FSR Hinterbau raus. Somit wuchs der Fokus auf das Federelement. Bei den Federelementen, die es derzeit auf dem Markt gibt, sind die Konzepte ja auch oft sehr unterschiedlich. Mal so simpel wie möglich, mal gefühlt 30 Einstellparameter mit riesigen Einstellspannweiten. Da Mountainbiken, besonders das Trailbikesegment aber immer mehr zum Massensport wird, finde ich die Rückentwicklung zu simpel und effektiv sehr gut. Nicht jeder kann und will sich stundenlang mit seinem Setup beschäftigen. So auch gedacht in der Entwicklung von Specialized. Deswegen setzte man sich mit dem Federelement selber nochmal genau auseinander und kam zu dem Punkt, dass es sinnvoll wäre, man würde im mittleren Bereich eine relativ flache Progressionskurve brauchen, wie bei großhubigen Endurobikes und im anfänglichen und End-Federweg eine progressivere Kennlinie. Dies wurde erreicht durch eine zweistufige Druckkammer im Dämpfer die keinen geringeren Namen erhielt als Genies.
Eine außenliegend und eine innenliegende Druckkammer, welche separat über Spacer eingestellt werden können. Besonders Spacer in der außenliegenden Luftkammer haben einen sehr direkten Einfluss auf das Dämpferverhalten. So ist es sehr angenehm, dass diese fast Werzeuglos gewechselt werden können. Was man braucht ist eine Dämpferpumpe und einen kleinen Schraubenzieher. Luft wird abgelassen, Sprengring gelöst, Dämpferhülse nach hinten geschoben und schon kommt man an die zweiteiligen Spacer. Mehr Spacer und der Dämpfer arbeitet im mittleren Federbereich straffer und supportet mehr – weniger Spacer und der Dämpfer liegt satt und gibt schnell viel Federweg frei, wenn nötig. Man kann das Bike somit an Fahrerpräferenzen und Trail anpassen. Wer aber nicht ständig am Fahrwerk schrauben will, wird schnell sein Setup finden und damit auf jedem Trail Spaß haben. Die innere Luftkammer kann auch über Spacer angepasst werden, hat aber nicht mehr den großen Einfluss sondern definiert mehr das Dämpferverhalten zum Ende des Federwegs.
Dieses ausgeklügelte System hat zur Folge, dass Low Speed Compression komplett empfahlen kann und die High Speed Compression auf drei Stufen minimiert wurde. Die Zugstufe ist folglich auch einfach und sowohl für High wie auch Low Speed zuständig. Zusätzlich gibt es noch einen großen, gut erreichbaren Lockout Hebel und das war´s. Das erleichtert einem schon sehr das Leben, um das richtige Setup zu finden. Einzig bei der Sag Einstellung muss man sehr penibel sein, damit der Dämpfer den perfekten Dienst abliefern kann. Was aber wiederum an der Kennlinie erklärbar ist.
Als ob das nicht genug an Innovation wäre, bringt Specialized mit ihrem hauseigenen Felgenhersteller Roval auch noch die nächste Generation Carbon Felgen auf den Markt. Die Roval Traverse i9 1/1 Wheels welche durch ihr besonderes Felgenbett Platten zur Seltenheit werden lassen sollen. Natürlich merkt man an Felgen jetzt nicht den großen Unterschied beim Fahren aber Fakt ist bei 2 Tagen fahren mit ca. 30 Leuten keinen einzigen Platten zu vermelden, spricht für sich. Weiter ist die Felge mit einem eingeschraubtem Ventil kompromisslos für Tubeless gemacht.
Beim Stumpjumper 15 lässt sich in der Geometrie noch vielseitig anpassen. So ist die Tretlagerhöhe in zwei Positionen anpassbar. Auch die Möglichkeit Mullet zu fahren ist gegeben. Die Größen S1 und S2 werden sogar Werksseitig in Mullet ausgeliefert. Der Lenkwinkel kann in drei Positionen zwischen 63° und 65,5° angepasst werden. Was mich zu meinem Satz zu Anfang bringt: Das Evo ist tot – es lebe das Stumpjumper! Durch die Performance des Genies Dämpfer und die vielen Möglichkeit der Geometrieanpassung macht es keinen Sinn beide Modellvarianten zu halten. Jeder wird mit dem Stumpjumper 15 sein Trailbike finden.
Gefahren wurde das Specialized Stumpjumper 15 Pro. Die Ausstattung war sehr solide mit 36 Fox XXXXXX, Schaltgruppe XO Eagle sowie die neue Marvn Bremse von Sram, Laufradsatz mit erwähnten Roval Felgen, Reifen von Specialized und Yokebike Sattelstütze. Das Packet war sehr stimmig und passte einfach. Besonders Gabel und Hinterbau harmonierten gut.
Zurück auf den Trails. Nach anfänglichen Schwierigkeiten wegen Umstieg von Clicks auf Flats gewohnte ich mich schnell daran und war sehr überrascht wie gut das Bike bergauf ging. Jeder Uphill war schnell und effizient bewältigt. Es macht Spaß mit dem Bike bergauf zu fahren, auch wenn es mal etwas technischer wurde hat man keinerlei Probleme. Und bergab hörte der Spaß nicht auf. In technischen und ruppigeren Passagen fühlte es sich schon fast wie ein Enduro an, selbst wenn es richtig schnell wurde, und wenn man abziehen wollte an einer Lippe oder Wurzel mutierte es augenblicklich zum Trailbike. In Anliegern war das Bike neutral und konnte einiges ab. Wenn man die äußere Dämpferkammer mit Spacern füllte war hier der Unterschied auf die kurze Zeit am schnellsten bemerkbar. Hier konnte man ähnlich wie bei einer geschlossenen Low Speed Druckstufe merken wie der Dämpfer hoch im Federweg blieb aber ein besseres Ansprechverhalten ablieferte als eine geschlossene Druckstufe.
Das Bike auf Mullet umzurüsten war auch möglich. Hier wird es noch verspielter und man will Anlieger nur noch innen anfahren, sehr zum Leidwesen der Reifen aber ich schaffte es nicht den Reifen von der Roval Traverse i9 zu ziehen. Auch wenn ich es zugegebenermaßen schon sehr provoziert habe. Bergauf konnte man aber in der Mullet Version tatsächlich ein kleines Defizit verzeichnen. Also wer sehr selten im Park ist und viel selbst rauftritt, der sollte definitiv auf 29 zoll bleiben.