Test: Bereits 2017 auf den Eurobike Media Days hatten die Österreicher von KTM erste Prototypen-Teile ihres neuen Adventure Bikes Prowler gezeigt. In der vergangenen Saison kam das 150mm Fully nun auf den Markt und geht weitestgehend unverändert in das Modelljahr 2019. KTM bezeichnet ihr Prowler als den „Kolumbus der Alpen“, einen echten Entdecker mit ausgezeichneten Allrounderqualitäten; das perfekte Bike für einen traillastigen Alpencross.
KTM Prowler Master 12: Rahmen und Geometrie
Der Rahmen folgt technisch wie optisch den übrigen Fullies im Portfolio des Traditionsherstellers aus Mattighofen. Eine zentrale Rolle nimmt dabei der sogenannte Straight-Line-Link ein: Die durchgehende Linie von der Hinterradachse über die Sitzstreben und den Dämpfer bis zum Oberrohr verleiht dem Rad nicht nur optisch einen eigenen Charakter, sondern beeinflusst auch das Fahrverhalten bzw. den Hinterbau entscheidend. Im Zusammenspiel mit dem Horst-Link Lager bietet der klassische Viergelenker damit eine ausgeglichene Kinematik mit hohem Anti-Squat für hohe Treteffizienz. Erhältlich ist das KTM Prowler sowohl mit Alu-, als auch mit Carbonrahmen. Unser Testmodell, das Prowler Master 12 setzt auf den Kohlefaser-Rahmen, der das eine oder andere Gramm gegenüber seinem Alu-Pendant einspart.
Sämtliche Züge verlaufen komplett im Rahmen, an den Ein- und Ausgängen können sie jedoch nicht gesondert geklemmt werden. Hier ist große Sorgfalt bei der Montage gefordert, ansonsten dürfte man mit klappernden Leitungen im Inneren zu kämpfen haben. Äußerst positiv für einen Trail-Touren-Allrounder wie das Prowler ist die Möglichkeit, gleich zwei Flaschenhalter zu montieren. Neben der klassischen Montageposition im Rahmendreieck, bringt das Rad auch entsprechende Bohrungen unter dem Unterrohr mit. Ja, die Flasche wird dort zwar nicht sauber bleiben, welches andere Bike dieser Federwegsklasse bietet aber schon zwei Flaschenhalter? Als zusätzliche Option allemal positiv.
KTM Prowler Geometrie
17 | 19 | 21 | |
Sitzrohr (in mm) | 430 | 480 | 530 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 590 | 610 | 630 |
Steuerrohr (in mm) | 90 | 105 | 120 |
Kettenstrebe (in mm) | 436 | 436 | 436 |
Radstand (in mm) | 1163 | 1186 | 1208 |
Lenkwinkel (in °) | 67 | 67 | 67 |
Sitzwinkel (in °) | 76.5 | 76.5 | 76.5 |
Reach (in mm) | 426 | 443 | 459 |
Stack (in mm) | 611 | 625 | 639 |
Die Geometrie des KTM Prowler ist modern, zeigt aber auch ganz klar, dass das Bike nicht noch ein weiteres 29er Enduro sein möchte, sondern auch den Tourenfreunden Freude bereiten soll. So fällt der Lenkwinkel mit 67° verhältnismäßig steil aus, Reach und Oberrohr sind eher kurz. So behält man jederzeit genügend Druck auf dem Vorderrad, auch bei steilsten Uphill-Rampen. Zudem dürfte sich das Bike damit auch auf flachen Trails spritzig und agil bewegen lassen. Etwas schade: Bei nur drei Rahmengrößen dürfte der eine oder andere hier Kompromisse eingehen müssen.
KTM Prowler Master 12: Ausstattung
Rahmen | KTM Prowler |
Federgabel | Fox 36 Float Performance |
Dämpfer | Fox Float DPS Performance Elite |
Laufräder | DT Swiss M1900 Spline |
Reifen VR | Schwalbe Hans Dampf 2,35" |
Reifen HR | Schwalbe Hans Dampf 2,35" |
Schaltwerk | Sram X01 Eagle |
Schalthebel | Sram X01 Eagle |
Kurbel | Sram X1 Eagle 30t |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano MT520 4-Kolben |
Bremsscheiben | Shimano 180 / 180mm |
Sattelstütze | KTM Comp |
Sattel | Egon SMA30 |
Vorbau | KTM Team Trail |
Lenker | KTM Team Trail 780mm |
Mit knapp 5.000 Euro bewegt sich das KTM Prowler Master fast schon im günstigen Bereich der potenten Carbon-Fullies. Dafür bringt das 29er Bike eine durchweg solide Ausstattung mit. Die Fox 36 Float Performance an der Front hat zwar „nur“ die etwas günstigere Grip Dämpfungskartusche an Bord, dennoch kann sie mit sahnigem Ansprechverhalten glänzen und der Unterschied zur deutlich teureren Factory Variante ist in der Trail-Praxis marginal. Beim Performance Elite Dämpfer am Heck ist der Unterschied sogar noch kleiner: Hier hat die Factory-Variante nur die Kashima-Beschichtung voraus. Bei der Schaltung setzt KTM voll auf Srams Eagle Antrieb. Während Schaltwerk und Schalthebel aus der X01 Gruppe stammen, hat man bei Kurbel und Kassette den Rotstift angesetzt und Teile aus der X1 bzw. GX Reihe verbaut. Für die Performance unerheblich, treibt dies jedoch das Gewicht um einige Gramm nach oben.
Ebenfalls robust, aber nicht unbedingt leichtgewichtig: Die DT Swiss M1900 Spline Laufräder. Der Zahnscheibenfreilauf am Hinterrad gewährleistet jedoch eine hervorragende Haltbarkeit bei gleichzeitig minimalem Wartungsaufwand. Damit das Prowler auch auf dem Trail rechtzeitig zum Stehen kommt, verbaut KTM vorn den neuen MT520 4-Kolben Bremssattel von Shimano, hinten spart man mit dem MT501 und seinen zwei Kolben etwas Gewicht. Die 180er Scheiben vorn und hinten dürften den meisten Fahrern ausreichen; wer jedoch das eine oder andere Kilo mehr auf die Waage bringt oder gerne lange Abfahrten bewältigt, sollte vorn vielleicht über eine größere Scheibe nachdenken. Die Hans Dampf Reifen vorn und hinten sind ausgezeichnete Trail-Allrounder und kommen trotz überschaubarem Rollwiderstand auch in schwerem Gelände zurecht.
KTM Prowler Master 12: Auf dem Trail
Das Prowler wird als perfektes Bike für einen traillastigen Alpencross von KTM angepriesen, da sind die Erwartungen an das Kletterverhalten hoch. Das Prowler erfüllt alle Versprechungen, das kann man klar sagen. Auf dem Weg nach oben bewegt es sich klar in der Spitzengruppe, was auch an dem tendenziell steilen Sitzwinkel liegt, man hat nie das Gefühl, das Vorderad wolle abheben, das Rad will einfach voran. Der Dämpfer wippt zwar im offenen Modus ein wenig, was sich leicht ruhig stellen lässt, aber er sackt nicht in den Federweg, bietet guten Gegenhalt beim Gipfelsturm. Das 30er Kettenblatt mit 50er Ritzel der 12fach Kassette passen auch einwandfrei.
Neigt sich der Trail gen Tal, muss der potente Klettermaxe ein paar der Mitstreiter passieren lassen, die er im Anstieg stehen ließ. Das KTM ist eher wendig als laufruhig. Das dürfte weniger am Radstand oder der Tretlagerabsenkung liegen, als an der kompakten Kettenstrebe und dem nicht unbedingt flachen Lenkwinkel. Das Fahrwerk gibt sich keine Blöße, man darf es im besten Sinne als unauffällig bezeichnen. Einfach einzustellen und mit smoother Funktion beschert es dem KTM-Piloten eine angenehme Abfahrt. Ein gutes Überrollverhalten, wurde dem Rad ebenso attestiert wie auch eine gewisse Frontlastigkeit, zumindest verglichen mit den „Enduro-artigen“ Kandidaten im Testfeld. Vielleicht lag es auch an Klappergeräuschen aus dem Rahmen, vermutlich die Züge im Inneren, dass kein so großes Vertrauen in der Abfahrt aufkam wie bei den Spitzenreitern. Alles in allem sitzt man schön „im Rad“ und alle Tester kamen gut zurecht. Federelemente, Reifen, und Bremse gaben ebenfalls auf keiner Abfahrt Grund zu Beanstandungen.
Das KTM ist in allen Ausstattungsdetails schlüssig. Die Sram 12fach XO-Gruppe, das 150mm Fox Fahrwerk, die Shimano Bremsen, Alles einwandfrei. Knackige, saubere Schaltvorgänge, eine schnelle einstellbares, berechenbares Fahrwerk und mehr als ausreichend Bremspower sind garantiert. Mehr „Bling-Bling“ kann man verbauen, braucht man aber einfach nicht. Auch die DT Swiss Laufräder mit Schwalbe Reifen in softer Gummimischung sind sehr gut. Die hauseigenen Parts versprühen weniger Sex Appeal als zugekaufte Marken-Teile, aber das sagt nichts über die Funktion aus. Die Teleskopstütze, zum Beispiel, funktioniert sehr gut, nur der Hebel wäre uns als Trigger, unter dem Lenker, lieber gewesen. Der Lenker und der Vorbau stechen ergonomisch aus der Masse hervor, sie gefallen zusammen mit den Ergon Griffen allen Fahrern. Dafür dass die Tour auch mal länger gehen kann, sorgen der tolle Ergon Sattel und die Option unter dem Unterrohr einen zweiten Flaschenhalter zu montieren. Alles in allem kann man nur sagen: KTM wollte einen Alpencrosser für traillastige Abenteuer und hat fast alles richtig gemacht.