Test: Das Bulls Wild Ronin 2 bietet mit seinem leichten Carbonrahmen und einer durchweg hochwertigen Ausstattung sehr viel Bike für deutlich unter 4.000€. Wie sich das Rad in seiner Ausführung mit 29 Zoll Laufrädern im schwierigen Gardasee-Gelände schlägt, haben wir im Rahmen des Riva Bike Festivals ausprobiert.
Das Wild Ronin von Bulls ist kein neues Rad. Es geht in seine dritte Saison, aber dass das leichte Carbon Trailbike auch 2018 noch top-modern ist, konnten wir beim diesjährigen Bike Festival in Riva selbst erfahren. Für unsere Testfahrt haben wir uns mit dem Wild Ronin 2 das Topmodell geschnappt, das für einen Preis von knapp 3.600€ eine wirklich ausgesprochen hochwertige Ausstattung bietet – dazu jedoch gleich mehr.
Das Wild Ronin ist 2018 ausschließlich mit 29 Zoll Laufrädern erhältlich. Dank großzügig bemessener Reifenfreiheit finden im Hinterbau auf Wunsch aber auch Plusreifen Platz. Die dicken Pneus verzeihen etwas mehr, bieten viel Grip, sind gleichzeitig aber auch etwas schwerfälliger und bei aggressivem Fahrstil knicken sie in Kurven gerne weg. Wir begrüßen jedenfalls die Entscheidung von Bulls, beim Wild Ronin ab Werk ausschließlich auf 29 Zoll zu setzen. Apropos aggressiver Fahrstil: Der deutsche Enduromeister und Bulls-Teamfahrer Christian Textor bestreitet auch Renneinsätze auf dem Wild Ronin.
Bulls Wild Ronin 2 – Der Rahmen
Der Rahmen des Bulls Wild Ronin 2 besteht komplett aus Carbon: Hauptrahmen und Hinterbau. So bringt er nur knapp 2kg auf die Waage – ein Spitzenwert. Design und Formgebung sind modern und bei den Decals setzt Bulls auf viel Understatement. Man verzichtet auf auffällige Beschriftungen, was der Optik zu Gute kommt. Die schwarzen Teile des Rahmens sind im Raw-Look gehalten und im Licht schimmern die Carbonmatten – sexy!
Beim Hinterbau setzt man auf einen abgestützten Eingelenker – ein System das sich schon vielfach bewähren konnte und unter anderem auch durch geringe Querkräfte auf die Lager überzeugen kann und damit eine hohe Langlebigkeit verspricht. Zu den schönen Details zählt auch die Bremssattelmontage: Dieser sitzt gut geschützt auf der Kettenstrebe. Leider verzichtet man bei Bulls auf einen Rahmenschutz am Unterrohr und im Tretlagerbereich. So ist der Carbonrahmen hinaufgewirbelten Steinen schutzlos ausgeliefert und Aufsetzer am Tretlager tun gleich doppelt weh. Hier sollte man nach dem Kauf unbedingt nachbessern.
Bei der Geometrie verzichtet Bulls auf extreme Maße: Sitz- und Lenkwinkel fallen gemäßigt steil bzw. flach aus, der Hauptrahmen ist eher kurz für heutige Verhältnisse und die Kettenstreben mit 445mm recht lang. Die Maße erinnern mehr an ein klassisches Allmountain denn an ein Trailbike – zumindest auf dem Papier. Dass das aber keineswegs schlecht sein muss, zeigte sich während unseres Fahrtests.
Geometrie Bulls Wild Ronin 2
S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 390 | 440 | 480 | 540 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 591 | 606 | 625 | 646 |
Steuerrohr (in mm) | 110 | 110 | 125 | 150 |
Kettenstrebe (in mm) | 445 | 445 | 445 | 445 |
Radstand (in mm) | 1161 | 1176 | 1197 | 1222 |
Lenkwinkel (in °) | 67 | 67 | 67 | 67 |
Sitzwinkel (in °) | 74 | 74 | 74 | 74 |
Reach (in mm) | 415 | 430 | 445 | 460 |
Stack (in mm) | 614 | 614 | 628 | 651 |
Bulls Wild Ronin 2 – Die Ausstattung
Rahmen | Bulls Wild Ronin Carbon |
Federgabel | RockShox Pike RC |
Dämpfer | RockShox Deluxe RT |
Laufräder | Bulls Eccentric T-30 |
Reifen VR | Schwalbe Fat Albert SnakeSkin Soft |
Reifen HR | Schwalbe Fat Albert SnakeSkin SpeedGrip |
Schaltwerk | Shimano XT |
Schalthebel | Shimano XT |
Kurbel | Shimano XT 36/26 |
Umwerfer | Shimano XT |
Bremse | Shimano XT M8000 |
Bremsscheiben | Shimano RT-86 180/180mm |
Sattelstütze | Kind Shock LEV Integra |
Sattel | Selle Royal Verve |
Vorbau | Bulls 50mm |
Lenker | Bulls 760mm |
3.599€ sind ein attraktiver Preis für ein 140mm Bike mit Vollcarbonrahmen. Zu diesem Preis packt Bulls am Wild Ronin 2 jedoch auch eine richtig hochwertige Ausstattung an das leichte Trail-Chassis. Das Fahrwerk kommt von RockShox. Zum Deluxe RT Dämpfer im Hinterbau gesellt sich eine Pike RC am Vorderrad. Sehr schön! Anderswo bekommt man in dieser Preisklasse selbst mit Alurahmen oft „nur“ die deutlich günstigere Yari Gabel.
Ansonsten gibt’s viele Shimano XT Logos am Wild Ronin 2. Der gesamte Antrieb inklusive Kurbel kommt aus Shimanos bewährter Top-Gruppe. Dass man sich für eine 2-fach Lösung mit Umwerfer entscheidet kommt der Bandbreite zu Gute. Auch das Bremsen erledigt eine Shimano XT Anlage, die vorn und hinten mit 180mm Scheiben kombiniert wird. Schwerere und abfahrtsorientierte Fahrer sollten eventuell über eine 203mm Scheibe an der Front nachdenken, die gerade bezüglich Fading noch ein paar Reserven mehr bietet.
Nicht fehlen darf an einem 140mm Bike heutzutage natürlich eine versenkbare Sattelstütze. Die LEV Integra von Kind Shock mit 150mm Verstellweg ist seit vielen Jahren bewährt und passt sehr gut zum leichten Wild Ronin 2 – sie bringt nämlich im Schnitt rund 100g weniger auf die Waage als vergleichbare Dropper Posts. Beim Cockpit vertraut man auf OEM Teile aus Alu, die einen guten, wenngleich auch sehr schlichten Eindruck hinterlassen. Ergonomisch gibt’s jedoch wenig auszusetzen: Der Vorbau ist mit 50mm angenehm kurz, der Lenker hat mit 760mm eine gute Breite für ein Bike vom Schlage des Wild Ronin.
Auch bei den Laufrädern gibt’s OEM Teile. Die Felgen haben eine Innenweite von 30mm und sind voll tubelessfähig. Sehr gute Voraussetzungen für die 2,35″ Schwalbe Bereifung – hier gibt’s vorn und hinten den Allrounder Fat Albert, vorn in der weicheren Gummimischung mit viel Grip, hinten steht geringer Rollwiderstand im Fokus. Insgesamt eine gelungene Kombination, mit der das Gros der Fahrer sehr gut zurechtkommen sollte.
Bulls Wild Ronin 2 – Fahrbericht
Als Test-Terrain für das Bulls Wild Ronin 2 haben wir uns den Naranch Trail in der Nähe von Arco ausgesucht. Dieser bietet das typische Gardasee-Flair: Viele Felsen, steile, technische Passagen und enge Kehren. Immer wieder mischen sich jedoch auf flowige Passagen zwischen das Geballer und sorgen für etwas Abwechslung. Kurz gesagt also richtig schweres Gelände, auf dem das Wild Ronin so richtig zeigen konnte, was es kann.
Den Weg zum Trail meisterte das Bulls Bike problemlos und auch ohne aktiviertem Dämpferlockout ließ sich kaum ein Wippen ausmachen. Das Rad klettert entsprechend leichtfüßig, was zum einen am geringen Gesamtgewicht liegt, zum anderen aber auch an der Sitzposition und der Rahmengeometrie. Das Wild Ronin ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie positiv sich lange Kettenstreben in Uphill-Passagen auswirken können: Das Vorderrad bleibt immer fest am Boden, als Fahrer sitzt man zentral über dem Rad und hat eine effiziente Tretposition. Wer sich in besonders steilen stellen zudem nicht unnötig quälen möchte, wird sich über die große Bandbreite des 2-fach Antriebs freuen.
Auf dem Trail zeigt sich das Rad dann schön agil und verspielt: Durch den kompakten Radstand lässt es sich schön durch enge Passagen manövrieren, das Fahrwerk bietet viel Popp und Hindernisse laden zum Abziehen ein. Das Bulls tänzelt gekonnt über schweres Gelände, verlangt hier aber auch nach einem aktiven Fahrer. Für ein Bike mit 140mm schlägt es sich jedenfalls auf einem derart anspruchsvollen Terrain hervorragend. Etwas Bauchschmerzen bereitete uns jedoch die „nackte“ Unterseite des Unterrohrs: Immer wieder knallten vom Vorderrad aufgewirbelte Steine gegen den ungeschützten Rahmen. Schäden konnten wir zwar keine feststellen, wer mit dem Bike jedoch gerne schnell und im entsprechenden Terrain unterwegs ist, sollte über einen zusätzlichen Schutz nachdenken.
Unser Tester saß mit einer Größe von 1,70m auf einem Rad der Größe M: Das passte gut bezüglich der Rahmenlänge, in steilen Passagen wäre es jedoch wünschenswert gewesen, den Sattel noch etwas tiefer versenken zu können, doch dafür fällt das Sattelrohr für unseren Geschmack etwas zu lang aus. Trotzdem zirkelte das kompakte Trailbike auch an kniffligen Passagen gekonnt durch die steilen Spitzkehren.