Shimano hat auf der Eurobike 2013 seine erste hydraulische Scheibenbremse für Rennräder und Cyclocrosser vorgestellt. Diese befindet sich auf dem Niveau der bekannten Ultegra-Gruppe. Interessanterweise ist sie jedoch nicht mit mechanischen Schaltkomponenten kompatibel. Allein in diesem Punkt unterscheidet sich das Modell der Japaner von denen, die Sram bisher auf den Markt gebracht hat [unabhängig vom Rückruf – Link]. Wir haben über die vergangenen beiden Monate sowohl die Ultegra 6870 Di2 sowie die hydraulischen Stopper durch den Winter gejagt.
Es ist gar nicht so einfach, einen Rahmen zu finden, der sowohl auf der Straße wie auch im Gelände eine gute Figur abgibt und die Montage einer elektronischen Schaltgruppe samt Scheibenbremsen zulässt. Der Specialized Crux entspricht jedoch diesen Anforderungen.
Neben der aktuellen Ultegra 6870 Di2 mit Sattelstützakku, an der Kurbel sind Blätter mit 46 und 36 Zähnen montiert, haben wir zudem die neuen Ultegra-Bremssättel und Centerlock-Scheiben der XTR-Serie verbaut. Diese haben wir mit einer 160er Scheibe vorn und einer 140er Scheibe hinten kombiniert. Abgerundet wird das Setup durch die ebenfalls neuen RX31-Drahtreifen-Laufräder von Shimano.
Die Montage geht relativ gut von der Hand. Die Kabel der Ultegra 6870 Di2 werden im Rahmen geführt und lassen sich gewohnt leicht miteinander in Verbindung bringen. Auch das Verlegen der Bremsleitung erfolgt weitgehend problemlos. Während ein Ende der Leitungen mit den Sätteln für die Vorder- beziehungsweise Hinterradbremse verbunden ist, besitzen auch die Schalthebel bereits eine integrierte Leitung. Nachdem alle Kabel verlegt sind, werden die Leitungen mittels dafür vorgesehenen Verbindungen zusammengeführt. Zum Befüllen der Bremse muss man zunächst den oberen Deckel der Hebel lösen. Danach lässt sich die Bremse wie jede andere hydraulische Bremse aus dem Hause Shimano in Gang setzen.
Umwerfer und Schaltwerk können zwar mittels einer dafür vorgesehenen Software, die nur für Windowsrechner verfügbar ist, programmiert werden – hier reichen die Möglichkeiten vom Bestimmen der Schaltsprünge bis hin zur Programmierung des linken Hebels für das Schaltwerk und umgekehrt -, müssen sie aber nicht. Eigentlich muss man nur die Anschläge einstellen, den Rest erledigen beide Komponenten von selbst.
Im Einsatz fällt zunächst die Form der Griffe auf. Verglichen mit herkömmlichen Ultegra-Hebeln zeichnen sie sich durch ein wesentlich höheres Horn aus, welches jedoch etwas niedriger ist, als das der US-amerikanischen Konkurrenz. Abgesehen davon liegen sie gut in der Hand, wenngleich es etwas Eingewöhnung bedarf, die Hebel so zu greifen, wie man es von seinem Rennrad her gewohnt ist.
Die Schaltperformance lässt keine Kritik zu. Zwar ist die Ultegra 6870 Di2 nicht ganz so knackig wie das wesentlich teurere Pendant Dura-Ace 9070 Di2. [Link] Ein Unterschied ist jedoch kaum bemerkbar – einzig das Gesamtgewicht des Systems ist etwas höher. Positiv ist, dass die Ultegra 6870 auch unter Last vorzüglich schaltet. Dies macht sich vor allem an Anstiegen und im Gelände bemerkbar. Denn erst in grobem Terrain eingesetzt, zeigt sich die wahre Stärke der elektronischen Schaltung. Dank der automatischen Ausrichtung bleibt die Kette stets dort, wo sie sein soll. Kettenschläge beeinträchtigen den Vortrieb dabei nicht.
Auch die Bremsen zeigen sich ausgereift. Weder auf kurzen Abfahrten mit bis zu 12 Prozent Gefälle im Schnitt – längere Abfahrten im Gebirge ließ das Winterwetter leider nicht zu -, noch während des Einsatzes unter wirklich widrigen Bedingungen lassen sie sich etwas anmerken. Ein Fading konnten wir nicht feststellen. Im Gegenteil, stets packen sie kraftvoll und zuverlässig zu. Dank der niedrigen Handkräfte, die man zum Bremsen benötigt, eignen sie sich damit vor allem für Radmarathonliebhaber, aber auch für Fahrer mit kleinen Händen, insbesondere Frauen und Kinder. Wer den Einsatz einer normalen Felgenbremse gewohnt ist, wird sich sicherlich umgewöhnen müssen, denn das Wort Bremsdruck definieren Shimanos hydraulischen Stopper definitiv neu. Und das in eine Richtung, die eher aus dem MTB-Bereich stammt. Zuverlässig verrichten die Bremsen unabhängig von den Witterungsbedingungen ihren Dienst und auch bei Minusgraden bereiteten sie kaum Probleme; der spürbare Druckpunkt verzögerte sich etwas, allerdings blieb der Unterschied minimal. Die Bremse ist dadurch vor allem für jene interessant, die auf den Einsatz von Carbonlaufrädern schwören, bei Nässe und Kälte jedoch leiden müssen. Bei Fahrten im Schlamm kann es zu einem Schleifen der Bremsscheiben kommen, was sich meist relativ schnell gibt.
//Fazit
Mit der Ultegra 6870 Di2 samt hydraulischer Scheibenbremsen hat Shimano eine Gruppe auf den Markt gebracht, an der sich die Konkurrenz orientieren muss. Dank der niedrigen Anbringung an den Gabelenden fällt das am Cross-Rad oft nervende cantilevertypische Bremsstottern weg. Sowohl in Hinblick auf die Schalt- wie auch die Bremsperformance hebt diese Gruppe das Fahrvergnügen in ihrem Preissegment auf ein neues Niveau.
//Produkthighlights
- sehr guter Bremsdruck unter allen Bedingungen
- leichte Wartung der Bremse und der Schaltgruppe, Akku hält lang
- Schaltperformance ohne Wenn und Aber
//Preis und Web
- keine offizielle Preisangabe seitens Shimano
- www.paul-lange.de