Specialized Camber Comp Carbon 29: Rahmen und Geometrie
Sechs Jahre ist es mittlerweile her, dass das Camber als neues Modell von Specialized vorgestellt wurde. Es hat sich seither als feste Größe im Portfolio des Herstellers aus Kalifornien etabliert und füllt die Lücke zwischen dem XC Fully Epic und dem langhubigeren Evergreen Stumpjumper FSR. Im Modelljahr 2017 steht das Camber ausschließlich auf 29 Zoll Laufrädern und ist sowohl mit Aluminium, wie auch mit Carbon Rahmen erhältlich. Während an den beiden Top-Modellen Camber Pro Carbon und dem S-Works Camber Hauptrahmen und Hinterbau aus Kohlefaser bestehen, ist beim Comp Carbon und beim Expert Carbon der Hinterbau aus Aluminium.
Die Ausrichtung des Camber hat sich über all die Jahre nicht verändert – irgendwo zwischen Crosscountry und Allmountain, für Hoch und Runter, für Touren und Trailspaß gleichermaßen. Mit 120mm Federweg vorn und hinten ist man auch hier in der goldenen Mitte unterwegs – den Hinterbau teilt man sich mit dem potenten Stumpjumper, der Aufbau und die Charakteristik sind jedoch mehr auf Vortrieb ausgelegt. Die Verarbeitung und die Optik des Rahmens sind super – durch die matte Klarlackschicht unseres Testbikes schimmert die charakteristische Optik der rohen Carbonmatten hindurch und auch ansonsten gibt es hier wahrlich wenig auszusetzen.
Zweifellos zu den Highlights des Rahmens und des ganzen Bikes an sich zählt das SWAT Door im Unterrohr – salopp gesagt handelt es sich dabei um einen Kofferraum am Fahrrad: Der Flaschenhalter, bzw. die darunterliegende Platte lässt sich entfernen und es kommt ein Stauraum zum Vorschein, in dem neben Multitool, einer kleinen Pumpe und weiteren Utensilien auch eine kompakte Regenjacke Platz findet. So kann man auf der Feierabendrunde getrost auf einen Rucksack verzichten.
Geometrie Specialized Camber Comp Carbon
S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 396 | 430 | 468 | 523 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 562 | 590 | 613 | 647 |
Steuerrohr (in mm) | 95 | 95 | 115 | 145 |
Kettenstrebe (in mm) | 437 | 437 | 437 | 437 |
Radstand (in mm) | 1107 | 1135 | 1160 | 1197 |
Lenkwinkel (in °) | 68.5 | 68.5 | 68.5 | 68.5 |
Sitzwinkel (in °) | 75 | 75 | 75 | 75 |
Reach (in mm) | 399 | 427 | 445 | 471 |
Stack (in mm) | 609 | 609 | 627 | 655 |
Nirgendwo wird der Zwitter-Charakter des Camber zwischen XC, Trail und Tour wohl deutlicher als beim Blick auf die Geometriedaten. Der Lenkwinkel fällt mit 68.5° eher steil aus, der 75er Sitzwinkel bringt den Fahrer in eine äußerst effektive Sitzposition zum Treten. Der Reach fällt dagegen mit knapp 450mm in L Trailbike-typisch aus, während der hohe Stack für eine eher aufrechte und tendenziell tourige Position auf dem Bike sorgt. Eine durchaus einzigartige Mischung.
Specialized Camber Comp Carbon 29: Ausstattung
Rahmen | FACT 9 Carbon / M5 Alu Hinterbau |
Federgabel | Rock Shox Revelation RL 29 |
Dämpfer | FOX Float Performance Rx Trail Tune |
Laufräder | Roval Traverse 29 |
Reifen VR | Specialized Purgatory Control 2,3 |
Reifen HR | Specialized Ground Control 2,3 |
Schaltwerk | Shimano Deore XT 11-fach |
Schalthebel | Shimano SLX |
Kurbel | Race Face Aeffect 36/26 |
Umwerfer | SRAM GX |
Bremse | Shimano M506 |
Bremsscheiben | Shimano 180 / 180 |
Sattelstütze | Specialized Command Post IRcc 125mm |
Sattel | Specialized Henge Comp |
Vorbau | Specialized Trail |
Lenker | Specialized Riser 27mm/750mm |
In unserem Test hatten wir mit dem Comp Carbon 29 2x die günstigste Variante mit Carbon Hauptrahmen und zudem noch mit einem 2-fach Antrieb von Shimano. Alternativ ist das Comp Carbon auch mit einer SRAM NX Schaltung und einem Kettenblatt erhältlich. Beim Fahrwerk setzt man auf ein Duo aus Rock Shox Revelation 29 an der Front und FOX Float Performance Dämpfer im Hinterbau. An beiden Federelementen lässt sich die Dämpfung per Hebel auch während der Fahrt schnell auf die gewünschten Bedürfnisse einstellen. Erfahrungsgemäß arbeitet der Hinterbau jedoch auch mit einem offenen Dämpfer nahezu wippfrei.
Ein recht wilder Mix erwartet uns beim Antrieb: Wie bereits erwähnt ist an unserem Testbike eine 2-fach Schaltung verbaut und für den Ritzelwechsel ist ein XT Schaltwerk aus dem Hause Shimano zuständig. Am Cockpit wird dieses mit einem SLX Shifter bedient, ebenso wie der Umwerfer, der jedoch aus der SRAM GX Serie stammt. Bei der Kurbel hat man sich für kanadische Qualität von Race Face entschieden: Die Aeffect Schaut nicht nur schön aus, sondern ist auch verhältnismäßig leicht und die Kettenblätter haben eine sehr gute Schaltqualität. Apropos Kettenblätter: Mit der Kombination aus 36/26 und der 11-42 SLX Kassette erhält man eine üppige Bandbreite von 529% und ist für wirklich fast jedes Terrain gewappnet.
Auch die Bremsen kommen von Shimano; hier vertraut man mit der M506 einem eher Modell aus dem Einstiegssegment, das mit 203/180mm Scheiben (L und XL) bzw. 180/160mm (S und M) kombiniert wird. Die übrigen Anbauteile kommen allesamt aus eigenem Hause: Angefangen bei der Specialized Command Post IIrc Stütze mit 125mm Hub, über den Specialized Henge Sattel bis zum Cockpit und den Reifen bzw. Laufrädern. Letztere steuert Specialized-Tochter Roval bei und erfreulicherweise entschied man sich mit den Traverse 29 für eine Variante mit einer üppigen Felgen-Innenweise von 29mm. So können sich die Reifen optimal entfalten. Für Grip auf dem Trail soll die bewährte hauseigene Kombination aus Purgatory vorn und Ground Control hinten sorgen.
Ein wenig überraschend fanden wir die Wahl des Lenkers: Mit 27mm Rise erhöht dieser die ohnehin schon hohe Front noch weiter.
Specialized Camber Comp Carbon 29: Auf dem Trail
Das Camber kennen wir schon lange und in verschiedenen Ausstattungsvarianten. Wir waren immer happy damit, aber da das Modell inzwischen ja schon eine Weile läuft waren wir gespannt, wie es sich gegen die Konkurrenz schlagen würde, die mit einigen brandneuen Modellen aufwarten kann.
Unsere Tester waren sich alle einig: Das Specialized wirkt einfach wertig. Design und Verarbeitung geben keinerlei Anlass zu Kritik. Ganz im Gegenteil, harmonische Formen und schöne Details fallen auf. Die Verbauten Komponenten aber treffen nicht alle auf uneingeschränkte Zustimmung. Schon beim ersten Betätigen der Teleskopstütze machen sich die Kollegen sorgen um ihren Intimbereich. Die Ausfedergeschwindigkeit erinnert an ein Bolzenschussgerät. Auch der Hebel, der in der Klemmung der Griffe integriert ist, lässt sich mit der gewählten Bremse nicht optimal platzieren. Wer das Camber erwirbt, wird aber die passende Lösug finden. Beispielsweise durch Entfernen bzw. Zurechbiegen des verbauten Metallröhrchens am Leitungsabgang der Stützen-Remote lässt sich eine wirklich gute Positionierung finden und dann gewöhnt man sich auch an die Geschwindigkeit der Stütze. In Sachen Handkraft und Funktion so wie Zuverlässigkeit gibt es sonst wenig zu meckern.
Auch die Schaltung verichtet ihren Dienst einwandfrei, auch wenn einem Teil der Tester ein one-by Antrieb lieber gewesen wäre. 1-Fach Fans, die mit ein wenig kleinerer Bandbreite auskommen, können stattdessen auf das Camber Comp Carbon mit SRAM NX Antrieb zum gleichen Preis zurückgrieifen. Der Schaltungsmix aus Shimano und SRAM an unserem Testbike harmoniert gut und die Race Face Kurbel schaltet prima. Die günstige Bremse geht voll in Ordnung und auch die große Scheibe an der Front erfreute uns.
Laufräder und Cockpit, aus eigener Fertigung sind unauffällig im positiven Sinne. Auch aus dem eigenen Teileregal kommen der Sattel und die Reifen, die fühlen sich richtig gut an. Das Fahrwerk ist bergauf und bergab traktionsstark, wobei der Hinterbau der Gabel zeigt wie es gehen muss. Besonders die einfache Abstimmung dank Autosag gefällt uns. Die Revelation an der Front lässt etwas Steifigkeit vermissen und kann in ruppigen Passagen nicht mit dem Heck mithalten. Wir haben es bevorzugt das Camber ohne Spacer unter dem Vorbau zu fahren. Mit den Distanzringen steigt das Vorderrad im steilen Uphill zu früh für unseren Geschmack und auch in der Abfahrt wirkt es damit etwas stelzig. Der Lenkwinkel könnte etwas flacher sein, dem aktuellen Trend folgend. Damit wäre das Rad bergab deutlich stärker.