Test: Ridley Fenix SLX – auf diesen Namen hört das 2018er Topmodell des belgischen Herstellers vereint einen überzeugenden Rahmen mit ansprechend funktionierenden Komponenten. Dazu dürfte das Fenix SLX das erste Ridley sein, das nur mit Scheibenbremsen erhältlich ist.
Die Balance zwischen Tradition und Moderne zu halten, ist gar nicht so einfach. Gerade beim Rennrad ist derzeit vieles in Bewegung; neue Technologien lösen bewährtes Material ab, doch längst nicht jeder kann sich mit diesem Wandel anfreunden. Die Traditionalisten nicht zu verschrecken, gehört also für viele Marken dazu. Ridley zum Beispiel bietet seine Top-Querfeldeinräder nach wie vor auch mit Felgenbremse an – mit 1×11-Schaltung von SRAM eine seltene Kombination. Jüngste Entwicklungen deuten jedoch an, dass dieses Modell eine Übergangslösung darstellen könne – die neue Rennmaschine der Belgier, das Ridley Fenix SLX, wird nämlich nur mit Scheibenbremsen erhältlich sein.
Ridley Fenix SLX – Eines der ersten Räder mit der Campagnolo Potenza Disc
SLX klingt erst einmal leicht, und bei einem Rahmengewicht um 900 Gramm (Werksangabe) täuscht diese Assoziation nicht. Dass das fahrfertige Rad an die acht Kilo auf die Waage bringt, liegt an der Bestückung, die einer kleinen Revolution gleichkommt: Der belgische Radhersteller konnte sich die ersten Serienexemplare der neuen Campagnolo Potenza Disc sichern, die Komponentengruppe, die es ab sofort mit der im Road-Disc-Segment führenden Shimano Ultegra aufnehmen soll. Die Potenza kommt ohne Carbonteile aus, was sie im Vergleich zu Chorus und Record etwas schwerer macht, aber auch deutlich günstiger. In Relation zur herkömmlichen Potenza mit Felgenbremsen hat sie ihren Preis jedoch beinahe verdoppelt.
Die Campagnolo-Scheibenbremse wurde auf Velomotion.de bereits ausführlich besprochen, und was für die Top-Ausführung am Campagnolo-Testrad gilt, lässt sich auch für die ersten Serienexemplare des günstigen Modells sagen: Die Potenza Disc scheint weniger aggressiv zuzubeißen als die japanische oder amerikanische Konkurrenz und schafft damit beim Nutzer sofort Vertrauen. Dazu ist sie in zwei Stufen einstellbar und packt dann wahlweise sanfter oder beherzter zu. Die Modulation ist hervorragend; sehr feinfühlig und blitzschnell kann man die Bremskraft verstärken oder reduzieren. Dabei reicht ein Finger pro Hebel locker aus, um das Rad mit kurzem Bremsweg zum Stillstand zu bringen. Wir legten auf dem Ridley Fenix SLX knapp 200 km mit mehr als 3.500 Höhenmetern und den entsprechenden Abfahrten zurück und fühlten uns immer als Herr der Lage – auch eine Schreckbremsung, als wir mit hohem Tempo auf eine plötzlich doch sehr enge Kurve zufuhren, bekamen wir ohne blockierende Laufräder hin. Die gute Ergonomie der nur wenig vergrößerten Hebel und der angenehm lange Bremsgriff, der vom Lenkerbogen aus gut erreichbar ist, sprechen ebenfalls für die Campa-Bremse.
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Ridley Fenix SLX – Kompakt und profitauglich
Dass das italienische Traditionsunternehmen mit den anderen Komponentenherstellern gleichgezogen hat, wird in Belgien erfreut zur Kenntnis genommen, sind doch die Profis von Lotto-Soudal mit der Kombination Ridley–Campagnolo unterwegs. Das Fenix SLX dürfte also das kommende Arbeitsgerät von André Greipel & Co. werden. Das Zeug dafür scheint es zu haben: Die Lenkgeometrie ist markentypisch wendig ausgelegt, wobei die langen Vorbauten, die die Profis verwenden, die Agilität etwas einschränken dürften. Mit 549 mm langem Oberrohr (horizontal) bei 172 mm Steuerrohrlänge ist das Fenix SLX eher kompakt-komfortabel geschnitten – man sollte also keine zu kleine Rahmenhöhe wählen.
Mit seinem Vorgänger, dem Fenix SL, hat das SLX neben der Geometrie noch andere Gemeinsamkeiten. Der Rahmenvorderbau beider Modelle wirkt jedenfalls optisch identisch mit dem eng eingepassten Gabelkopf und dem geschwungenen Oberrohr; hinten zeigt das SLX jedoch die deutlich modernere Formensprache. Die tief angesetzten Sitzstreben verkleinern das Hinterbaudreieck, was dessen Stabilität vergrößert – besonders wichtig für Räder mit Scheibenbremsen. Während Ridley seine Disc-Crosser bislang nur gabelseitig mit einer Steckachse ausstattete, nutzt das Ridley Fenix SLX die Technologie an beiden Laufrädern; allerdings kommen konventionell geschraubte Achsen zum Einsatz, die beim Laufradein- und Ausbau mehr Zeit benötigen.
Der Komfort des SLX hält sich im Vergleich mit seinem Disc-losen Vorgänger in Grenzen, was sich aber vor allem auf die Sattelstütze zurückführen lässt: Das neue Modell ist mit einer harten Deda-Carbonstütze ausgestattet, wogegen das vor zwei Jahren auf Velomotion.de vorgestellte Ridley Fenix SL eine angenehm flexende Stütze der Hausmarke 4ZA trug.
Auf den teils rauen Straßen der Vogesen war eine gewisse Härte der einzige Kritikpunkt am Ridley Fenix SLX – Handling, gefühlte Steifigkeit und Funktion überzeugten auf ganzer Linie. Dass das Rad mit den neuen Zonda-Laufrädern und Alu-Komponenten kein Federgewicht ist, fiel auch nicht weiter auf, sehr angenehm machten sich dafür die 25 mm breiten Vittoria Corsa bemerkbar. Dank Baumwollkarkasse rollen die Reifen sehr geschmeidig ab; das Wundermaterial „Graphen“ soll zum außergewöhnlichen Kurvengrip beitragen, der bei hohem Tempo und viel Schräglage für Sicherheit sorgte.
Auch optisch kann das SLX überzeugen mit dem Wechsel zwischen runden und kantigen Formen und dem minimalistischen Dekor. In welchen Varianten das Rad in Serie gehen wird, ließ sich noch nicht herausbekommen – wie getestet dürfte es an die 4.500 Euro kosten, wobei es natürlich sein kann, dass Ridley den Rahmen zu einem späteren Zeitpunkt in günstigeren Varianten anbietet. Fest steht jedoch eines: Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis die Fahrer von Lotto-Soudal auf diesem Rad bzw. der Profi-Version davon unterwegs sind.