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MountainbikesTests

Mountainbikes: Test: Giant Anthem Advanced SX – Spritziges Trailbike mit XC-Genen

4. Juli 2017 by Michael Faiß

Giant Anthem Advanced SX: Rahmen und Geometrie

Das Giant Anthem Advanced SX ist an und für sich kein neues Modell und dürfte dem einen oder anderen sicherlich schon bekannt sein. Für 2017 hat man dem Rahmen jedoch eine ordentliche Frischzellenkur verpasst, im Rahmen derer man auch den Maestro Hinterbau überarbeitet hat. Maestro bezeichnet dabei die Giant-eigene Kinematik. Es handelt sich dabei um eine modifizierte Variante des sogenannten VPP-Systems (Virtual Pivot Point), Giant selbst spricht von einem FPP (Floating Pivot Point). Einfach ausgedrückt: Der schwimmend gelagerte Dämpfer erzeugt im Zusammenspiel mit den vier Umlenkpunkten einen schwebenden Drehpunkt schräg oberhalb hinter dem Tretlager. Dies hat den entscheidenden Vorteil, dass das Rad durch den „in der Leere“ schwebenden Drehpunkt beim Antritt ein natürliches Gegengewicht bildet und Hinterbauwippen so fast komplett unterdrückt.

Ein weiterer großer Vorteil von Maestro ist die sehr gute Hinterbauperformance während eines Bremsvorgangs. Viele andere Kinematiken kämpfen mit dem Problem, dass der Hinterbau während eines Bremsvorgangs verhärtet. Da die einzelnen Elemente beim FPP jedoch voneinander „entkoppelt“ sind, arbeitet der Hinterbau immer gleich, egal ob bei freier Fahrt oder während einer Vollbremsung.



Der Hauptrahmen besteht aus Carbon, der Hinterbau aus Aluminium. Der Material-Mix hat nicht nur finanzielle Gründe, sondern ein Hinterbau aus Carbon würde nur wenig an Gewicht sparen und ist gleichzeitig anfälliger für Steinschläge, die hier gewiss keine Seltenheit sind. Mit 110mm hinten und 130mm vorn gehört das Anthem SX zu den eher kurzhubigen Trailbikes, doch dass das nichts heißen muss, wird später unser Praxistest zeigen. Auf den ersten Blick mag die Entscheidung zu Gunsten der kleineren 27,5″ Laufräder angesichts der ansonsten vortriebsorientierten Ausrichtung überraschen, doch so gewinnt man auch einiges an Agilität, was dem Rad zweifellos zu Gute kommt.

Geometrie Giant Anthem Advanced SX

XSSMLXL
Sitzrohr (in mm)370390440490535
Oberrohr horizontal (in mm)566586606626646
Steuerrohr (in mm)9595100110120
Kettenstrebe (in mm)428428428428428
Radstand (in mm)10931112113311541175
Lenkwinkel (in °)67.567.567.567.567.5
Sitzwinkel (in °)7373737373
Reach (in mm)392412439452465
Stack (in mm)573573578587596


Spannend ist die Geometrie des Anthem SX: Hier sind die XC-Gene kaum noch zu erkennen und der 67.5° Lenkwinkel verspricht viel Sicherheit in steilem Gelände. Bemerkenswert sind außerdem die mit 428mm extrem kurzen Kettenstreben. Schön: Man hat die Wahl zwischen fünf Rahmengrößen.

Giant Anthem Advanced SX: Ausstattung



Rahmen Advaned Carbon / AluxX SL Hinterbau
Federgabel Rock Shox Pike RC 130mm
Dämpfer Rock Shox Super Deluxe RC3
Laufräder DT Swiss 360S / Giant XCT 1
Reifen VR Schwalbe Nobby Nic EVO TrailStar
Reifen HR Schwalbe Nobby Nic EVO PaceStar
Schaltwerk SRAM X1
Schalthebel SRAM X1
Kurbel SRAM X1-1000 32t
Umwerfer Ohne
Bremse SRAM Guide RS
Bremsscheiben SRAM Centerline 180mm
Sattelstütze Giant Contact SL Switch 150mm
Sattel Giant Contact SL Neutral
Vorbau Truvativ Holzfeller
Lenker Giant Contact SLR TR Carbon 750mm

Mit knapp 4.000€ ist das Giant Anthem Advanced ganz gewiss kein Schnäppchen, doch angesichts des sehr gut verarbeiteten Carbonrahmens und der Ausstattung scheint der Preis mehr als gerechtfertigt. Ein erstes Highlight ist das Fahrwerk: Mit der Pike RC in der Front und dem nagelneuen Super Deluxe RC3 von Rock Shox hat man hier wirklich potente Komponenten zu Verfügung, die an einem Rad mit diesem Federweg selten sind, doch die Ausrichtung Trailbike ganz klar unterstreichen. Passend dazu gibt es einen 1-fach Antrieb aus dem Hause SRAM. Hier kommt jedoch nicht etwa die günstige Einstiegsgruppe GX, sondern die leichtere X1 zum Einsatz – sehr schön!



Passend zum Antrieb verlässt man sich auch bei den Bremsen auf Qualität vom US-Hersteller und setzt mit der Guide RS auf einen zuverlässigen Allrounder, dem 180mm Scheiben vorn und hinten zur Seite gestellt werden. Für die meisten Fahrer sicherlich ausreichend. Ein stilles Highlight sind die Laufräder: Bei den Naben lässt man nichts anbrennen und verbaut eidgenössische Qualität aus dem Hause DT Swiss. Die 23mm breiten Aluminiumfelgen von Giant kennen wir als robust und zuverlässig. So kommen die selbstverständlich tubeless-kompatiblen Laufräder auf ein Gewicht von etwas mehr als 1.800g – damit gewinnt man zwar keine Leichtbaupreise, aber schwer geht definitiv anders. Auf den Felgen sitzt vorn wie hinten der neue Nobby Nic von Schwalbe. Dass man sich Gedanken gemacht hat, zeigt die Wahl unterschiedlicher Gummimischungen für vorn und hinten: Während am Vorderrad mit dem TrailStar Compound Grip angesagt ist, liegt der Schwerpunkt hinten mit PaceStar auf geringem Rollwiderstand.

Ebenfalls auf die Marke Eigenbau vertraut man bei der Sattelstütze: Die Contact Switch SL ist eine äußerst robuste Variostütze, die auch in unserem großen Vergleichstest vor einigen Monaten voll überzeugen konnte, lediglich die Remote hat bei der Ergonomie Luft nach oben. Schön ist auch der hochwertige Carbonlenker, der mit 750mm jedoch vergleichsweise schmal ausfällt. Auch wenn er technisch über alle Zweifel erhaben ist, so mag der doch sehr klobige Truvativ Holzfeller Vorbau nicht so recht zur ansonsten eleganten und flüssigen Optik des Giant Bikes passen – aber wie es immer so ist: Das liegt auch im Auge des Betrachters.

Giant Anthem Advanced SX: Auf dem Trail



Wir haben unsere Testfahrer allesamt „blind“ auf den Trail geschickt und bewusst keine Angaben über den Federweg der zahlreichen Testräder gemacht. Nach erfolgreich absolvierter Testrunde konnte niemand glauben, dass im Giant hinten wirklich nur 110mm zu Verfügung stehen, da es sich nach deutlich mehr anfühlt und sich nicht vor Bikes mit deutlich mehr Reserven verstecken muss. Generell ist der Hinterbau (wieder einmal…) eines der großen Highlights des 12,5kg leichten Trailflitzers: In der Abfahrt potent und schluckfreudig, auf dem Weg nach oben auch bei geöffnetem Dämpfer schön straff. Apropos Dämpfer: Dieser ist etwas schwieriger zu erreichen als bei anderen Rädern und eine Einstellung während der Fahrt nicht ganz so komfortabel.

 



So gut sich der Hinterbau auch schlägt, muss das Giant dann doch ein wenig Kritik einstecken, wenn es richtig grob wird: Das liegt sicherlich auch an dem geringen Federweg, jedoch spielen hier auch die superkurzen Kettenstreben eine Rolle, die etwas auf Kosten der Laufruhe gehen. Dafür zaubert das Anthem SX in den Kurven ein fettes Grinsen ins Gesicht: Hier zeigt es sich verspielt, unglaublich spritzig und macht einfach richtig Laune.

Die Ausstattung ist durchdacht und funktionierte über den Testzeitraum sehr gut. Schwere Fahrer sollten aber vielleicht dennoch über ein Upgrade auf eine 203mm Scheibe an der Front nachdenken. Die Schaltung verrichtete ihren Dienst wie erwartet zuverlässig und SRAM-typisch knackig. Die Bandbreite ist für fitte Fahrer ausreichend, wer 2-fach gewohnt ist, muss auf einen Gang verzichten.



Fazit: Giant Anthem Advanced SX

Pro

  • Sehr stark im Uphill
  • Leicht
  • Hochwertiger Rahmen

Contra

  • Etwas nervös in schwerem Gelände

Fakten

RahmenmaterialCarbon
Laufradgröße27,5 Zoll
Federweg130 / 110mm
Gewicht12,56kg
Preis3.999€
Web www.giant-bicycles.com
DownhillUphill
 
LaufruhigAgil
 

Gesamtwertung

86%

Preis-/Leistung

81%
Das Giant Anthem Advanced SX im Velomotion Fahrradmarkt
Das Giant Anthem Advanced SX 29 ist eine echte Spaßmaschine. Die nur 110mm Federweg im Heck fühlen sich nach mehr an, auch wenn man auch bei Giant nicht zaubern kann und das Anthem kein Bike für das richtig schwere Gelände ist. Dafür glänzt es mit dem exzellenten Hinterbau und dem leichten Carbonrahmen im Uphill umso mehr. Die Ausgewogene Geometrie macht auch in engen Kurven richtig Laune.
Stichworte:GiantGiant AnthemMTBNewsTrailbiketrailbikesbl

Über Michael Faiß

Michael Faiß hat in München Englisch und Geschichte studiert. Nach einem einjährigen Aufenthalt in England arbeitete er als Übersetzer unter anderem für das Magazin Procycling und das Degen Mediahouse. Außerdem ist er seit der Kindheit passionierter Radfahrer und –schrauber und fühlt sich vor allem abseits der asphaltierten Wege zuhause.

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