Radsport: Die Tour de France 2018 ist bereits 15 Etappen alt. In einigen Wertungen sind wir der Entscheidung ein gutes Stück näher gerückt. Doch es stehen noch 6 Etappen aus – und im Radsport kann alles passieren. Wir blicken am zweiten Tour de France Ruhetag auf 4 Erkenntnisse, welche wir bislang gewinnen konnten. Dabei geht es nicht nur um sportliche Aspekte, sondern auch um die Organisation und Durchführung des Radsports.
1) Die Tour de France muss die Karenzzeit überarbeiten
Marcel Kittel (Katusha-Alpecin), Mark Cavendish (Dimension Data), André Greipel (Lotto Soudal), Dylan Groenewegen (LottoNLJumbo) und Fernando Gaviria (Quick-Step Floors) – alle Top-Sprinter, alle noch vor dem zweiten Tour de France Ruhetag raus! Selten gab es bei einer Frankreich-Rundfahrt ein solch drastisches Sprinter-Sterben. Passiert ist dies auf den Alpen-Etappen #11 und #12. Auch wenn die meisten Fahrer aufgegeben haben und nicht im Ziel wegen dem Zeitlimit aus dem Rennen genommen wurden, sind sie alle wegen der Karenzzeit gegangen. Viele von ihnen hatten nach dem ersten schweren Anstieg des Tages schon einen solch großen Rückstand, dass das Einhalten des Zeitlimits unmöglich war. So etwas sollte es bei der Tour de France nicht geben. Sicher hat die Karenzzeit einen Sinn, denn die nicht ambitionierten Fahrer dürfen sich nicht stundenlang Zeit nehmen und eine Etappe gemütlich zu Ende fahren. Der Zweck der Karenzzeit sollte aber nicht sein, dass das Feld der Sprinter komplett ausgedünnt wird.
My Tour de France dream is over. I’m very disappointed about yesterday but I tried to give my best until the end. It’s the first time that I’m out of time limit like that. Maybe it makes… https://t.co/3Sb8A0A8Dd
— Marcel Kittel (@marcelkittel) 19. Juli 2018
2) Selbstdarsteller gefährden die Sicherheit der Fahrer
Leider hat die Tour de France auf der zwölften Etappe Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) verloren. Der Italiener kam hinauf nach Alpe d’Huez zu Fall und musste die Rundfahrt mit einem Wirbelbruch aufgeben. Stürze und Rennunfälle gehören zum Radsport leider seit jeher dazu, doch es darf nicht sein, dass die Zuschauer in das Rennen eingreifen. Vincenzo Nibali blieb in einer Schlaufe eines Zuschauers hängen. Eine monatelange Vorbereitung ist dahin und der Sponsor verliert viel Geld, weil der Profi nicht einmal den zweiten Tour de France Ruhetag erreicht hat. Während die Sicherheit für die Fahrer in allen Bereichen besser wird, scheint sie im Bezug auf die Zuschauer einzubrechen. Gesehen haben wir dies – allein auf der zwölften Etappe – gleich mehrmals. So wurde Chris Froome (Sky) von einem Zuschauer geboxt und fast vom Rad geholt. Auch Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo) entkam einem Sturz durch Fans nur knapp. In Zeiten von Instagram, Facebook und Twitter scheinen viele Fans nicht zum Radsport zu kommen, weil sie ihre Helden feiern wollen, sondern weil sie sich selbst in den Mittelpunkt stellen möchten. Doch es gilt festzuhalten: Die Helden sind diejenigen auf dem Fahrrad. Und auf den Rädern sollten die Selbstdarsteller sie bitte auch sitzen lassen.
📽 ¡Lamentable y denunciable! Un espectador empuja despectivamente a Froome durante el ascenso a Alpe D’Huez.
(🎥 @m_brandely) #TdF2018 #TourEnCOPE pic.twitter.com/bWHPW7hPaw
— COPEdaleando (@Copedaleando) 19. Juli 2018
3) Die Dominanz eines einzelnen Teams muss künftig verhindert werden
Die Tour de France 2018 ist gewiss nicht langweilig. Dennoch erfreut die Dominanz des Teams Sky nicht gerade viele Radsportfans. Seit 2012 dominiert die britische Equipe die Frankreich-Rundfahrt. Die Rennen wirken eintönig, der Sky-Train fast wie eine Aufreihung von Robotern. Dabei möchten die Zuschauer eigentlich Leidenschaft, Kampfgeist und Emotionen sehen. Hinzu kommt das sehr unbeliebte Verhalten der Mannschaft. Die Dopingskandale um Chris Froome und Bradley Wiggins haben die Szene geteilt. Auch bei der Tour de France sind die Buhrufe der Fans nicht zu überhören. Allgemein gilt natürlich – fernab jeglicher Doping-Diskussionen – zu sagen, dass die Stärke eines Teams nicht der Fehler dieser Mannschaft ist. Die Herausforderer sind dazu aufgerufen, die Dominanz zu brechen. Doch vielleicht sollte sich auch die UCI überlegen, finanzielle Grenzen einzuführen. Das Team Sky kann mehr als doppelt so viel Geld in Fahrer, Gehälter und Material investieren, als manch anderer Teilnehmer bei der Tour de France. So gesehen kein Wunder, dass im Sky-Trikot Leute unterwegs sind, die in anderen Teams der Chef wären. Auch ein Thema, welches an einem Tour de France Ruhetag Beachtung finden sollte.
Every day is another step closer to Paris #TDF2018 #SundayMotivation pic.twitter.com/9OegZw5Cuy
— Team Sky (@TeamSky) 22. Juli 2018
4) Chapeau! Movistar, Sunweb & LottoNL-Jumbo machen mächtig Spaß
Trotz der Dominanz des Teams Sky kann man den Herausforderern kaum einen Vorwurf machen. Sicher befinden sich zum Beispiel Mikel Landa, Nairo Quintana und Alejandro Valverde nicht wirklich in Topform, doch die Mannschaft Movistar hat bislang alle Register gezogen. Eine frühe Attacke von Valverde ist gescheitert und leider wechseln sich Quintana und Landa mit guten und schlechten Tagen ständig ab. Auch das Team Sunweb hat sich bislang stark präsentiert – und das, obwohl Tom Dumoulin bereits den Giro d’Italia in den Beinen hat. Seine Attacke auf der elften Etappe hat Eindruck hinterlassen.Gleich mit einem Duo für Furore sorgt die niederländische Mannschaft LottoNL-Jumbo. Steven Kruijswijk hat hinauf nach Alpe d’Huez fast für einen niederländischen Erfolg gesorgt. In der Gesamtwertung ist Primoz Roglic zu beachten. Der ehemalige Skispringer hat durchaus noch Chancen, das Podium in Paris zu erreichen. Fazit: Uns Zuschauern wurde bis zum zweiten Tour de France Ruhetag doch einiges geboten.
🇫🇷#TDF2018@rogla gains and @s_kruijswijk loses some time in fourteenth stage
📝 https://t.co/5QeXqzJCVv pic.twitter.com/fWhci9Ay4t— LottoNLJumbo Cycling (@LottRadsport: Die Tour de France 2018 ist bereits 15 Etappen alt. oJumbo_road) 21. Juli 2018