Radsport: Am Samstag startet der 102. Giro d’Italia in Bologna. Für viele Fans ist die Italien-Rundfahrt die schönste der gesamten Saison – und auch der Pokal ist eine echte Augenweide. Doch wer kann ihn am 2. Juni in Verona als Gesamtsieger in die Höhe stemmen? Wir blicken auf unsere sieben Giro d’Italia Favoriten.
Tom Dumoulin: In den Bergen einfach dranbleiben
Der Sieger von 2017 und Zweite von 2018 muss natürlich auch 2019 zu den Giro d’Italia Favoriten gezählt werden. Tom Dumoulin (Sunweb) war in der vergangenen Saison der wohl stärkste Klassementfahrer im Peloton. Schließlich fuhr er nur kurz nach dem Giro d’Italia auch bei der Tour de France auf den zweiten Gesamtrang. 2019 soll es wieder mit dem Giro-Sieg klappen. Dafür muss der Niederländer einfach nur die Hinterräder seiner Konkurrenten halten. In den Zeitfahren dürfte er nur in Person von Primoz Roglic einen Konkurrenten fürchten. Umso wichtiger wäre für Tom Dumoulin ein richtiges Top-Team. Doch seine Helfer werden wohl auch in dieser Saison nicht stark genug sein, um das Rennen in Sky-Manier zu kontrollieren. Daher muss Tom Dumoulin selbst viel arbeiten – um die vielen Hinterräder in den Bergen Italiens nicht zu verlieren.
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— Tom Dumoulin (@tom_dumoulin) 6. Mai 2019
Primoz Roglic: 2019 bei Rundfahrten noch ungeschlagen
Drei Starts – drei Gesamtsiege: Primoz Roglic (Jumbo – Visma) ist 2019 bei Rundfahrten tatsächlich noch ungeschlagen. Der Slowene gewann die UAE Tour, Tirreno Adriatico und die Tour de Romandie. Eigentlich spricht alles für ihn, denn 2019 konnte er mit Rang vier bei der Tour de France schon unter Beweis stellen, dass er auch bei großen Landesrundfahrten glänzen kann. Doch die Zweifel an diesem Giro d’Italia Favoriten sind ebenso einleuchtend: Kann Primoz Roglic über einen so langen Zeitraum seine Topform halten? Entscheidend sind bei der Italien-Rundfahrt vor allem die Etappen innerhalb der letzten Woche. Fraglich, ob der so aggressiv fahrende ehemalige Skispringer dann noch seine besten Leistungen abrufen kann. Tendenziell könnte Primoz Roglic also der gleiche Fehler unterlaufen, wie Simon Yates im Vorjahr: Dominanz über zwei Drittel des Giros – aber dann kommt der Einbruch.
🇨🇭 #TDR2019
🎙️ “I am very happy with my third stage victory and my overall victory. This victory is a team achievement. The entire team was fantastic this week,“ @rogla explained after his stage- and overall win in @TourDeRomandie
— Team Jumbo-Visma cycling (@JumboVismaRoad) 5. Mai 2019
Simon Yates: Weniger Aggressivität, mehr Cleverness
Als es um die Giro d’Italia Favoriten 2018 ging, wurde der Name Simon Yates (Mitchelton – Scott) zwar erwähnt, aber als ersten Anwärter sah ihn kaum jemand. Dies hat sich nun geändert. Schließlich hat der Brite die Italien-Rundfahrt im Vorjahr dominiert – bis der Einbruch auf der 19. Etappe kam. Simon Yates verlor über 40 Minuten und damit natürlich auch die Maglia Rosa. Diesen herben Rückschlag hat der Zwilling von Adam Yates jedoch sehr schnell weggesteckt. Nur wenige Monate später gewann er die Vuelta a Espana. Simon Yates hat – so sagt er zumindest selbst – aus den Erlebnissen im Vorjahr gelernt. Deutlich weniger aggressiv möchte er nun in der ersten Hälfte der Rundfahrt unterwegs sein. Doch alle Radsportfans wissen: Simon Yates ist ein Profi, der gerne auf Angriff fährt. Kann er sich selbst tatsächlich im Zaum halten und in der dritten Woche brillieren, könnte er diesmal den Giro-Sieg feiern.
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— Mitchelton-SCOTT (@MitcheltonSCOTT) 6. Mai 2019
Miguel Angel Lopez: Unfallfrei + Normalform = Podium
Auch Miguel Angel Lopez (Astana) kann auf ein starkes Vorjahr zurückblicken. Der Kolumbianer fuhr sowohl beim Giro d’Italia, als auch bei der Vuelta a Espana auf Rang drei. Ähnliches kann auch diesmal von ihm erwartet werden. Der 25-Jährige profitiert von einer berglastigen Rundfahrt mit wenigen Zeitfahr-Kilometern. Mit seinen leichtfüßigen Attacken im Hochgebirge muss er allerdings auch Zeitunterschiede herausfahren. Hat Miguel Angel Lopez Normalform und geht Stürzen aus dem Weg, wird er vom Podium kaum fernzuhalten sein. Außerdem kann er auf eine wie gewohnt starke Mannschaft setzen. Dank Ion Izagirre hat er einen wahren Edelhelfer in den eigenen Reihen, der bei Problemen sogar zum Co-Kapitän aufsteigen könnte.
Falta poco para empezar el @giroditalia y dando una vueltita miren a este man que me encontré @ROKACycling @AstanaTeam @figurinepanini pic.twitter.com/Hv81tDVFJL
— Miguel Angel Lopez Moreno (@SupermanlopezN) 6. Mai 2019
Mikel Landa: Aus dem Schatten auf das Podium klettern
Eigentlich kaum zu glauben, dass der mittlerweile 29-Jährige erst einmal bei einer Grand Tour aufs Podium fahren konnte. 2015 wurde Mikel Landa (Movistar) Dritter beim Giro d’Italia. Selbiges soll ihm mindestens auch 2019 gelingen. Schließlich wird er als Kapitän des Teams Movistar an den Start gehen. Nach der Verletzung von Alejandro Valverde und der Absage von Nairo Quintana kann er nun aus dem Schatten seiner Bosse treten. Dabei kann er auf die Unterstützung eines der größten Talente im Radsport hoffen. Richard Carapaz wurde im Vorjahr Vierter und darf vielleicht als bester Helfer aller Klassementfahrer bezeichnet werden. Mikel Landa muss jedoch auch aufpassen. Kann er selbst nämlich nicht überzeugen, werden die beiden Profis plötzlich ihre Rollen tauschen – und Landa sieht sich auf einmal doch als Helfer wieder. Kann er sich bei den Zeitfahren schadlos halten und in der ersten Woche allen Stürzen aus dem Weg gehen, muss mit Mikel Landa gerechnet werden.
🗣️🇮🇹💪 Escuchamos a @MikelLandaMeana y @RichardCarapazM en la previa del #Giro 2019. Sus recuerdos de la prueba, preparación, rivales, inquietudes y esperanzas.
🎥 Let’s hear from Richie and Mikel before this month’s @giroditalia! Memories and hopes ➡️ https://t.co/xhrfE9f4Q5 pic.twitter.com/H8dUx5wl9U
— Movistar Team (@Movistar_Team) 7. Mai 2019
Vincenzo Nibali: Der Hai will in der dritten Woche Oberwasser
Viele Experten halten Vincenzo Nibali (Bahrain – Merida) mittlerweile für zu alt, um noch einmal eine große Landesrundfahrt zu gewinnen. Doch der Hai von Messina kann auch im Alter von 34 Jahren noch immer kräftig zubeißen. Sein eigener Teamchef ließ erst kürzlich verlauten, dass Vincenzo Nibali noch nie vor einer Grand Tour so stark gewesen sei. Ist das alles nur Säbelrasseln, oder kann der Altmeister – immerhin bereits Sieger aller drei großen Landesrundfahrten – tatsächlich noch einmal die Maglia Rosa gewinnen? Für ihn spricht die Tatsache, dass der Giro d’Italia 2019 erst in der zweiten Hälfte Fahrt aufnimmt. Vincenzo Nibali ist bekannt dafür, erst in der letzten Woche seine Topform zu erreichen. Fahren sich die Konkurrenten bereits in den ersten beiden Wochen kaputt, kann er dann eventuell noch einmal zurückschlagen. Sein Team scheint dafür zumindest stark genug aufgestellt zu sein. Mit Damiano Caruso und Domenico Pozzovivo kann er auf zwei erfahrene Landsleute bauen.
Rafal Majka: Endlich die eigenen Ambitionen einholen
Zugegeben: Rafal Majka (Bora – hansgrohe) hat sich in den vergangenen zwei Jahren nicht wirklich weiter entwickelt. Der Pole fuhr seinen eigenen Ambitionen hinterher und auch die Teamchefs des Raublinger Rennstalls haben sich bestimmt mehr von seiner Verpflichtung erhofft. Vielleicht könnte 2019 aber das Jahr des Rafal Majka werden. Schließlich haben in der Mannschaft Bora – hansgrohe in dieser Saison zahlreiche Fahrer einen Schritt nach vorn gemacht. Hinzu kommt, dass Rafal Majka – ähnlich wie Vincenzo Nibali – bei einer Grand Tour meist die dritte Woche besonders liegt. Und genau dann müssen dank der Streckenführung die Giro d’Italia Favoriten 2019 in Topform sein. Die Kapitänsrolle muss sich Majka jedoch mit Sprinter Pascal Ackermann teilen. Mit Davide Formolo kann er auch nur auf einen richtig starken Helfer zurückgreifen. Und auch die Zeitfahren gilt es erst einmal unbeschadet zu überstehen. Ein Platz auf dem Podium wäre also durchaus bereits ein Erfolg.