Radsport: Wer sind die Tour de France 2019 Favoriten? Titelverteidiger Geraint Thomas (Ineos) will sein Gelbes Trikot verteidigen. Da der Zweite und Dritte aus dem Vorjahr fehlen, scheint ein wiederholter Triumph realistisch zu sein. Doch mindestens fünf Herausforderer haben wir gefunden, welche dem Waliser das Leben schwer machen könnten.
Geraint Thomas: Gelingt der Formaufbau?
Als Titelverteidiger geht Geraint Thomas als Favorit in die Tour de France 2019. Im vergangenen Jahr erwies er sich hinter dem nun fehlenden Tom Dumoulin als stärkster Klassementfahrer im Zeitfahren. Auch in den Bergen offenbarte er keine Schwächen. In der Form der Vorsaison wird das Gelbe Trikot auch in diesem Jahr an den Mann aus Wales gehen. Doch genau in Sachen Form sind sich die Experten unsicher. Geraint Thomas hat in den vergangenen Monaten wenig gezeigt. Eigentlich hätte er bei der Tour de Suisse an seiner Form schleifen sollen, doch ein Sturz früh im Rennen verhinderte einen echten Formtest. Zwar sind seine Verletzungen nicht schwer, doch es bleibt dennoch fraglich, ob sich Geraint Thomas pünktlich zum Start in Topform bringen kann. Falls ja, ist er zweifelsohne einer der Tour de France 2019 Favoriten.
Stärken & Schwächen von Geraint Thomas
Team: Ineos → Damit hat Geraint Thomas das stärkste Team im Peloton.
Erfahrung: Viel → Als amtierender Toursieger fehlt es ihm mit nun 33 Jahren sicher nicht an Erfahrung.
Form/Fitness: Fraglich → 2019 hat er wenig gezeigt. Die Generalprobe bei der Tour de Suisse fand nicht statt.
Konstanz: Gegeben → Thomas hatte in seiner Karriere bislang wenige wirklich schlechte Tage.
Berg: Stark → In Form wird es schwierig, Thomas im Gebirge ernsthaft zu distanzieren.
Zeitfahren: Weltklasse → Normalerweise holt er auf alle Kontrahenten im Zeitfahren einen Vorsprung heraus.
Gesamt: #1 → Alles in Allem ist Thomas der Tour de France 2019 Favorit.
Egan Bernal: Ist er schon reif für den Titel?
Zweifelsohne gehört Egan Bernal schon jetzt zu den stärksten Bergfahrern im Peloton. Mit gerade einmal 22 Jahren gewann der Kolumbianer die Tour de Suisse und Paris – Nizza. Das Leichtgewicht hat uns im Hochgebirge noch keine Schwächen offenbart. Sein einziges Problem ist sein Teamkollege Geraint Thomas. Der Waliser gilt als klarer Kapitän. Auch der Hauptsponsor Ineos möchte lieber noch einen Sieg von Geraint Thomas vermarkten. Das alles zählt jedoch nur, falls Thomas rechtzeitig in Topform kommt. Ist das nicht der Fall, rückt Egan Bernal sofort nach. Ihm ist zuzutrauen, im Zeitfahren kaum Zeit auf die restlichen Konkurrenten zu verlieren und in den Bergen den Unterschied zu machen.
Stärken & Schwächen von Egan Bernal
Team: Ineos → Top-Team, aber mit dem Problem, dass er Thomas als Kapitän vor sich hat.
Erfahrung: Gering → Bernal scheint sich von der fehlenden Erfahrung aber nicht beeindrucken zu lassen.
Form/Fitness: Top → Die Tour de Suisse gewann er souverän.
Konstanz: Gegeben → Selbst über drei Wochen war er letztes Jahr schon überraschend konstant.
Berg: Top → Vermutlich ist Bernal der stärkste Bergfahrer aller Tour de France 2019 Favoriten.
Zeitfahren: Durchschnitt → Im Zeitfahren wird er auf Thomas verlieren. Er ist aber besser als gedacht.
Gesamt: #2 → Bernal ist von allen Tour de France 2019 Favoriten an zweiter Stelle zu sehen.
Jakob Fuglsang: Krönt er sein ausgezeichnetes Jahr?
Dass Jakob Fuglsang eines Tages als Mitfavorit auf den Sieg bei der Tour de France gehandelt werden würde, hätte man in den vergangenen Jahren auch nicht mehr gedacht. Früher erwarteten durchaus einige Experten, dass der Däne irgendwann einmal eine Grand Tour gewinnen könnte, doch dann wurde es ruhiger um ihn. 2019 ist aber sein Jahr. Der mittlerweile 34-Jährige gewann Lüttich – Bastogne – Lüttich und das Critérium du Dauphiné. An seiner Seite hat er ein starkes Team und vor allem eine ordentliche Portion Selbstvertrauen. Einen so starken Fuglsang haben wir definitiv noch nie erlebt. Doch kann er nach einem so starken Frühjahr nun auch einen so starken Juli haben? Falls er seine Bestform auf den entscheidenden Etappen abrufen kann, ist er tatsächlich ein ernstzunehmender Gegner. Auch, weil er im Zeitfahren mithalten kann.
Stärken & Schwächen von Jakob Fuglsang
Team: Astana → Zählt zu den stärksten Teams der Welt, ist immer präsent und aktiv.
Erfahrung: Viel → Fuglsang hat schon alles gesehen, aber noch nie eine Grand Tour gewonnen.
Form/Fitness: Top → Eigentlich ist er seit Beginn des Jahres in Topform. Das könnte ein Problem sein.
Konstanz: Fraglich → Fuglsang hätte schon oft das Podium anpeilen sollen, hat es aber nie gepackt.
Berg: Gut → Er ist nicht so leichtfüßig und explosiv wie ein Bernal, kann aber hohe Wattzahlen treten.
Zeitfahren: Gut → Gehört definitiv zu den stärkeren Zeitfahrern, wird aber auf Thomas in Topform verlieren.
Gesamt: #3 → Kann Fuglsang seine Topform erreichen, ist er ein Kandidat für den Titel.
Richie Porte: Wenn nicht jetzt, wann dann?
Vielleicht ist Richie Porte die tragischste Figur des modernen Radsports. Der Australier zählt seit vielen Jahren zu den stärksten Klassementfahrern, doch er hat noch nie in seiner Karriere eine Grand Tour gewonnen. Der mittlerweile 34-Jährige hat eigentlich alles – außer Glück. In den vergangenen Jahren schied er mehrfach nach Stürzen aus. Es scheint, als würde es der Radsport-Gott nicht gut mit ihm meinen. Will er in seinem Leben einmal die Tour de France gewinnen, muss es dieses Jahr sein. Ohne Chris Froome und Tom Dumoulin und mit einem vielleicht nicht in Bestform agierenden Geraint Thomas bleibt niemand mehr übrig, der es im Zeitfahren mit Richie Porte aufnehmen kann. Er muss jetzt liefern. Doch vielleicht ist genau dieser Druck schon immer sein größtes Problem gewesen.
Stärken & Schwächen von Richie Porte
Team: Trek – Segafredo → Edelhelfer Bauke Mollema wird ihm treu zur Seite stehen.
Erfahrung: Viel → Porte weiß, was auf ihn zukommt.
Form/Fitness: Sehr fraglich → 2019 war er bislang so schwach wie nie zuvor, lediglich ein Etappensieg.
Konstanz: Sehr fraglich → Porte ist über eine Woche sehr stark, über drei leider noch nie gut gewesen.
Berg: Gut → Er hat schon oft gezeigt, dass er schwer zu bremsen ist, seine Attacken sitzen.
Zeitfahren: Sehr gut → Das Zeitfahren gehört zu seinen Stärken. Hier kann er den Unterschied machen.
Gesamt: #4 → Trotz seiner Inkonstanz und der fraglichen Form hat er das Zeug für den großen Wurf.
Adam Yates: Ist er 2019 stärker als sein Bruder?
Viele Experten vermuteten vor Jahren, dass Adam der bessere Yates sei. Nach den grandiosen Auftritten von Bruder Simon beim Giro d’Italia und der Vuelta a Espana im vergangenen Jahr, kamen jedoch Fragen auf. 2019 scheint Adam jedoch noch einmal eine Schippe zugelegt zu haben. Vor drei Jahren beendete er die Tour de France bereits auf Rang vier in der Gesamtwertung. Ähnliches ist ihm definitiv auch in diesem Jahr zuzutrauen. Zurecht zählt er daher zu den größten Tour de France 2019 Favoriten.
Stärken & Schwächen von Adam Yates
Team: Mitchelton – Scott → Die Mannschaft zeichnet sich durch einen engen Zusammenhalt aus.
Erfahrung: Viel → Trotz des noch jungen Alters ist Adam Yates bereits ein erfahrener Profi.
Form/Fitness: Fraglich → Bei der Dauphiné hielt er sich vornehm zurück. Alles nur Show?
Konstanz: Gegeben → Adam Yates hat selten Ausbrüche nach oben oder unten.
Berg: Sehr gut → Mit seinen explosiven Antritten an steilen Anstiegen reißt er schnell Lücken.
Zeitfahren: OK → Yates ist ein ordentlicher Zeitfahrer, wird jedoch gegen einige Konkurrenzen Zeit einbüßen.
Gesamt: #5 → Adam Yates kann nur mit giftigen Attacken zum richtigen Zeitpunkt die Tour de France gewinnen.
Nairo Quintana: Wird er wieder der Alte?
Eigentlich ist es unglaublich, dass Nairo Quintana nie die Tour de France gewonnen hat. Der Kolumbianer zählt seit vielen Jahren jedes Jahr zu den Favoriten. Geklappt hat es jedoch nie. Statt immer besser zu werden, scheint der mittlerweile 29-Jährige Jahr für Jahr nachzulassen. Werden die Top-Favoriten genannt, wird er 2019 sogar oft vergessen. Dabei ist jetzt – ohne Chris Froome und Tom Dumoulin – eigentlich alles auf ihn zugeschnitten. Es gibt nur wenige Zeitfahrkilometer und die Bergetappen in der zweiten und dritten Woche bieten genug Gelegenheiten, um die Konkurrenz zu attackieren.
Stärken & Schwächen von Nairo Quintana
Team: Movistar → Mit Mikel Landa und Alejandro Valverde hat er zwei Top-10-Kandidaten als Helfer.
Erfahrung: Viel → Quintana ist bei den großen Landesrundfahrten Zuhause.
Form/Fitness: Fraglich → Eigentlich fährt er seit über zwei Jahren seiner Topform hinterher.
Konstanz: Gegeben → Quintana kann man nur schwer einen schlechten Tag unterjubeln.
Berg: Sehr gut → Im Hochgebirge zählt er seit vielen Jahren zu den stärksten Fahrern.
Zeitfahren: Schwach → Er wird viel Zeit verlieren. Zum Glück gibt es nur ein mittellanges Zeitfahren.
Gesamt: #6 → Quintana hatte das Zeug zum Tour-Sieger, doch er hat es irgendwie verloren.