Kleiner Heckmotor und integrierter Akku: Bei Ampler ist Minimalismus angesagt, was sich in geringem Gewicht und angenehmen Fahreigenschaften niederschlägt. Dass die Motorunterstützung geringer ausfällt, ist dabei Teil des Konzepts – und wird vielen urbanen Radlern gefallen.
Was ein E-Bike ist? Ein Fahrrad mit Unterstützungsmotor, klar. Doch auf einen großer Teil der derzeit angebotenen Modelle, wenn nicht auf fast alle, trifft diese Beschreibung gar nicht zu. Aufgrund ihres hohen Gewichts und der Leerlaufverluste vieler Motoren sind sie ohne den Extraschub quasi nicht fahrbar und damit ungeeignet für Radler, die entweder nicht permanent auf den Zusatzmotor angewiesen sein oder auch oberhalb der Motorabschaltung bei 25 km/h fahren wollen.
Ampler Stout – E-Bike light?
Und genau hier haben ein paar kleine Unternehmen ihre Nische gefunden: Sie setzen auf kompakte, leicht laufende Heckmotoren, reduzieren die Akkukapazität und damit die Baugröße des Stromspeichers und schaffen das „E-bike light“. Was im Falle des estnischen Herstellers Ampler bedeutet: Ein Modell wie das Stout wiegt nicht einmal 18 Kilo, ist damit also gut sieben Kilo leichter als ein herkömmliches Elektrorad – und gerade mal vier Kilo schwerer als ein typisches Trekkingbike. Und das heißt wiederum, dass sich das schlanke Stadtrad fast wie ein normales Fahrrad bewegen lässt.
Aber der Reihe nach: Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Stout in der Tat nicht von einem typischen Alltagsrad mit Kettenschaltung, Träger und Licht. Die in Rahmenfarbe lackieren Schutzbleche lassen das Rad wertig wirken; mit hellem B&M-Strahler, Zehngangschaltung sowie Scheibenbremsen aus der hochwertigen Deore-Gruppe von Shimano ist es sehr gut ausgestattet, statt der vielfach verbauten Billigreifen montieren die Balten den leicht laufenden und pannenfesten Continental Top Contact II. Nach hinten signalisieren helle Leuchtpunkte in der Sattelstütze; der vorgeschriebene rote Reflektor fehlt allerdings.
Dass Leitungen und Kabel außen am Unterrohr entlang laufen, ist natürlich weniger schön als eine zeitgemäße Innenverlegung, anders geht es hier jedoch nicht: Das komplette Unterrohr wird durch den Akku ausgefüllt, der mit 336 Wattstunden angesichts des geringen Bauraums vergleichsweise groß ausfällt. Abgesehen vom Einschaltknopf nebst magnetischem Ladestecker am Sitzrohr ist bis hierhin nichts vom Zusatzantrieb zu sehen; unter der linken Kettenstrebe läuft das Stromkabel zum Heckmotor, der sich zwischen Bremsscheibe und Zahnkranz versteckt. Im Gegensatz zu älteren Ausführungen verläuft beim Stout die vordere Bremsleitung nun übrigens in der Gabel; statt einer altmodischen Schraubachse gibt es nun eine moderne Steckachse.
Auch das Cockpit des Ampler hat nichts von einem Elektrorad: Da die besagte Taste am Rahmen auch zwischen den zwei Unterstützungsmodi wechselt, ist eine weitere Bedieneinheit nicht nötig. Das heißt freilich auch, dass keinerlei Fahrdaten angezeigt werden und zur Kontrolle des Ladestandes in Richtung Tretlager geblickt werden muss, wo ein farbig leuchtender Ring um die Taste anzeigt, wie viel Strom noch verfügbar ist. Wie heute üblich, liefert Ampler zu seinem E-Bike jedoch eine App, mit der sich der Antrieb steuern lässt – nur müsste man dann natürlich sein Smartphone am Lenker befestigen. Vielen Nutzern wird das jedoch zu umständlich sein – der Charme von Modellen wie dem Stout besteht je gerade darin, es anzuschalten und einfach loszufahren, ohne sich weiter um die Bedienung kümmern zu müssen.
Wie sich das Fahren mit dem Ampler Stout anfühlt
Beim Antreten erst einmal „wie Radfahren“, da der kompakte Heckmotor nicht sehr drehmomentstark ist und mit minimaler Verzögerung einsetzt. Wer einen Kavalierstart hinlegen will, muss also ordentlich reintreten. Wenn jedoch die Unterstützung sanft einsetzt, merkt man eindeutig, dass man auf einem E-Bike sitzt: Im Gegensatz zur gewohnten Alltagsgeschwindigkeit ist das Tempo merklich höher, zumal das Ampler auch etwas oberhalb der 25 km/h anschiebt. Setzt die Unterstützung dann jedoch aus, geht es vergleichsweise leichtfüßig weiter. Da der Luftwiderstand im Quadrat zur Geschwindigkeit ansteigt und der Energieaufwand bei doppelter Geschwindigkeit sogar acht Mal so groß ist, muss man bei 28 km/h natürlich kräftig treten – doch hierbei bremst das Ampler jedenfalls nicht.
Bergauf stellt sich die Sache freilich anders da: Um den Motor hier zum Mitmachen zu bewegen, muss man schon kraftvoll und mit hoher Frequenz treten; Mittelmotoren mit hohem Drehmoment sind in dieser Situation definitiv im Vorteil. Wer das Ampler als flottes Stadtrad nutzt, wird dies nicht als großes Problem sehen; für Touren in hügeligem Gelände gibt es aber bessere Bikes. In der Stadt ist das Stout jedoch auch angesichts des geringen Gewichts in seinem Element. Wo schwere Standard-E-Bikes vorm Haus geparkt werden müssen, kann das leichte Ampler mit in die Wohnung genommen oder jedenfalls einfach in den Keller getragen werden. Das senkt das Diebstahlsrisiko und ist ohnehin nötig, da der Akku zum Aufladen nicht entnommen werden kann.
Wem also kann das Ampler Stout empfohlen werden? Sicher nicht jenen, die mit maximaler Unterstützung und minimaler eigener Anstrengung fahren wollen und dafür diverse Nachteile in Kauf nehmen. Puristen jedoch, die eben nur Unterstützung brauchen, ansonsten aber einfach Rad fahren wollen, sind mit diesem Konzept richtig beraten.