Radsport: Peter Sagan (Bora – hansgrohe) hat das Grüne Trikot auch bei der Tour de France 2019 fest gebucht. Der Slowake gewann die Wertung des Punktbesten in den vergangenen sieben Jahren sechsmal. Auch in diesem Jahr ist kaum damit zu rechnen, dass ihm jemand das Wasser reichen kann. Sieben Sprinter werden es – vielleicht – trotzdem versuchen.
Michael Matthews: Ist er ohne Dumoulin eine Gefahr?
Als größter Konkurrent von Peter Sagan muss zweifelsohne Michael Matthews (Sunweb) bezeichnet werden. Der Australier ist der einzige Profi, der die Siegesserie des Slowaken 2017 durchbrechen konnte. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass ihm das Grüne Trikot völlig aus dem Nichts in den Schoß gefallen ist. Sagan wurde – zu unrecht – disqualifiziert und Marcel Kittel schied verletzt aus. Trotzdem hat Michael Matthews die Fähigkeiten, Sagan zumindest herauszufordern. In Massensprints kann er in die Top 5 fahren und auf hügeligen Teilstücken gehört er zu den Topfavoriten. Besonders profitieren wird Michael Matthews von der Tatsache, dass er alleiniger Teamkapitän ist. Tom Dumoulin ist nicht mit dabei und damit kann er sich komplett auf seine eigenen Resultate konzentrieren.
Alexander Kristoff: Macht das Gaviria-Aus den Weg frei?
Auch Alexander Kristoff (UAE Team Emirates) zählt nicht zu den reinen Sprintern. Der Norweger kommt sehr gut über die Hügel und ist gleichzeitig in einem Massensprint sehr endschnell. Genau wie Michael Matthews profitiert auch er vom Aus eines Teamkameraden. Denn eigentlich wäre Fernando Gaviria für die Sprintankünfte vorgesehen, doch der Kolumbianer fhelt verletzt. Nun wird Alexander Kristoff als Kapitän auf Flachetappen gelten. Ihm ist ein Sieg in einem Sprint Royal durchaus noch zuzutrauen. Was ihn für Sagan aber gefährlich macht, ist seine Leidensfähigkeit und seine Qualität, auch auf mittelschweren Etappen zu punkten. Gemeinsam mit Matthews und Sagan könnte er für einen spannenden Dreikampf sorgen. Bei einem direkten Dreikampf in einem flachen Sprint ist Kristoff vielleicht sogar der Stärkste.
Wout van Aert: Darf er oder darf er nicht?
Für großes Staunen sorgte im Juni Wout van Aert (Jumbo – Visma). Der Crosser gewann beim Critérium du Dauphine zwei Etappen – eine im Zeitfahren, die andere im Sprint. Vor einem Monat hätten wir ihn gewiss nicht als möglichen Anwärter auf das Grüne Trikot erwähnt, doch nun kommen wir nicht drumherum. Der Belgier scheint kaum Schwächen zu haben. Er überzeugte in diesem Jahr bei Klassikern, hügeligen Etappen, flachen Sprints und im Kampf gegen die Uhr. Wenn er bei der Tour de France in Topform ist, kann er Sagan das Leben zur Hölle machen. Wout van Aert hat lediglich ein Problem: Er fährt in der selben Mannschaft wie Dylan Groenewegen. Es ist daher davon auszugehen, dass ihm eine Helferrolle zugeteilt wird. In den Sprintankünften wird Jumbo – Visma für Groenewegen fahren, da er fast schon sicher Etappensiege verspricht. Dann bleibt kein Platz mehr für einen Wout van Aert, der um das Grüne Trikot fährt. Denkbar also, dass der Allrounder keinerlei Interesse am Grünen Trikot zeigt. Schade!
Dylan Groenewegen: Dominiert er 2019 die Massensprints?
Vermutlich ist Dylan Groenewegen (Jumbo – Visma) derzeit der beste Sprinter der Welt. Der Niederländer feierte 2019 bereits elf Siege. Im vergangenen Jahr gewann er zwei Etappen bei der Tour de France. Das Kraftpaket weiß also, wie man ordentlich Punkte für das Grüne Trikot sammelt. Sein Problem ist jedoch, dass er als reiner Sprinter bezeichnet werden muss. Auf hügeligen Teilstücken wird er ebenso wenig Punkten, wie bei Zeitfahren oder Bergetappen. Um ernsthaft eine Konkurrenz für Peter Sagan darstellen zu können, müsste der Niederländer jeden Zwischensprint mitnehmen und in den Massensprints für mehrere Etappensiege sorgen. Wird er zum Seriensieger und hält Sagan bei den Zwischensprints in Schach, ist er von den reinen Sprintern sicher der erste Kandidat für die Punktewertung. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass nur Punkte auf Flachetappen einfach nicht ausreichend sind.
Elia Viviani: Gewinnt er seine erste Tour-Etappe?
Es ist unglaublich aber wahr: Elia Viviani (Deceuninck – Quick-Step) hat noch nie eine Etappe bei der Tour de France gewonnen. Der Italiener stand bei der Frankreich-Rundfahrt allerdings auch nur im Jahr 2014 am Start. Diesmal möchte er es aber wissen. Zusätzlich motiviert wird der 30-Jährige sein, weil er beim Giro d’Italia leer ausging. Im italienischen Meistertrikot ist dies besonders schwer zu verschmerzen. Bei der Tour de Suisse hat er vor wenigen Tagen gezeigt, dass es an einer guten Form nicht mangelt. Da er auf das stärkste Team für Massensprints zurückgreifen kann, ist mit Erfolgen eigentlich sicher zu rechnen. Es ist jedoch eher unwahrscheinlich, dass Elia Viviani ein Auge auf das Grüne Trikot wirft. Viel eher wird er um Etappensiege fahren und die Zwischensprints außen vor lassen.
Caleb Ewan: Wird er den Kampf um Grün aufnehmen?
Auch Caleb Ewan (Lotto – Soudal) zählt zu den schnellsten Männern im Peloton. Der kleine Australier ist aber – im Gegensatz zu Viviani und Groenewegen – auch bergauf nicht zu unterschätzen. Bei einem nicht allzu schweren Terrain kann er es durchaus mit Peter Sagan aufnehmen. Doch auch bei ihm stellt sich die Frage, ob er überhaupt das Grüne Trikot ins Visier nehmen wird. Gewinnt er die erste Etappe, wird er sicher von Anfang an auch bei Zwischensprints mitfahren. Da er in einem komplett flachen Sprint stärker ist als Sagan, kann er ihm bei Zielankünften und Zwischenwertungen einige Punkte abnehmen. Beißt er dann auf die Zähne und geht auf einer hügeligen Etappe auch mal mit in eine Gruppe, wird Sagan in ihm einen echten Gegner finden. Hoffen wir, dass Caleb Ewan das Duell annimmt.
André Greipel: Kann er noch einmal eine Etappe gewinnen?
Obwohl André Greipel (Arkéa – Samsic) in diesem Jahr bislang nur einen Sieg feiern durfte, ist er trotzdem noch immer zu den Top-Sprintern zu zählen. Der mittlerweile 36-Jährige kommt nämlich – anders als beispielsweise Mark Cavendish (Dimension Data) – noch immer in die Position, um einen Tagessieg möglich zu machen. Zwar fehlt es ihm im Vergleich zu den bereits genannten Konkurrenten an der Endschnelligkeit, doch diese hat er schon in der Vergangenheit nicht selten mit seiner Erfahrung ausgeglichen. Einen Etappensieg kann André Greipel also gewiss einfahren. Das Grüne Trikot jedoch wird er vom ersten Tag an ignorieren. Während die Konkurrenz bei Zwischenwertungen um Punkte sprintet, wird sich André Greipel schonen und nur auf den Zielsprint setzen.