Test: Rechtzeitig zum eigentlichen Olympia-Jahr präsentiert Cannondale eine rundum erneuerte Variante des schon fast ikonischen Racefullys Scalpel. Neben einer Variante für kompromisslose Racer mit 100mm Federweg und unter 10kg Gesamtgewicht beim Topmodell gibt es auch zwei bzw. drei Varianten des Scalpel SE, das mit 20mm mehr Federweg ausgestattet ist. Wir haben uns die neuen Scalpels angesehen und bereits einige erste Erfahrungen auf dem Trail gesammelt.
Liefe in diesem Jahr alles normal, fände bald schon das größte und wichtigste Sportereignis statt, die Olympischen Spiele. Solche sportlich besonderen Jahre sind ein Garant für neue schnelle XC-Fahrräder. Vermutlich hätte Cannondale unter normalen Bedingungen nur schwer verheimlichen können, dass es ein neues Scalpel geben wird. Spätestens zum Cape Epic hätte Manuel Fumic mit Sicherheit auf einem der neusten Fahrräder aus dem Hause Cannondale Platz genommen. Trotz der Coronakrise und der Verlegung der Olympischen Spiele auf 2021 hat das Warten auf neue schnelle XC Bikes ein Ende.
First Look: Cannondale Scalpel Carbon HM1 – Rennfeile unter 10kg
Mit dem neuen Scalpel HM 1 und Scalpel SE bringt Cannondale zwei neue messerscharfe Rennmaschinen auf den Markt. Das Scalpel HM 1 hat 100 Millimeter Federweg an der Front und am Heck. Damit soll es vor allem Vollblut-Racer ansprechen. Hier war geringes Gewicht oberste Maxime. Wie es sich für ein Cannondale gehört, besitzt das Scalpel Carbon HM 1 eine Lefty Oucho Carbon. Am Heck verrichtet ein Fox Float DPS Factory Dämpfer seinen Dienst. Dieser soll dank der progressiven Ansteuerung vom Hinterbau perfekt für schnelle World Cup Kurse sein.
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Flexende Kettenstreben statt Horst Link
Das vielleicht interessanteste Feature findet man am Heck des neuen Rennboliden. Nicht zu übersehen ist, dass die 436 Millimeter langen Kettenstreben jeweils an den Enden abgeflacht sind. Darf ich vorstellen? „Das Flex Pivot Fahrwerk.“ Eigentlich hatte sich das Cannondale Factory Team einen Viergelenkerhinterbau gewünscht. Neben zahlreichen Vorteilen bieten Viergelenker auch eine Vielzahl an Nachteilen. Einer davon ist ein höheres Gewicht von circa 300 Gramm. Grund dafür ist der notwendige Horstlink. Die bereits angesprochen Flexzonen im Bereich der Kettenstreben ersetzen diesen Horstlink bei gleicher Funktion.
Ein weiteres Highlight des neuen Cannondale Carbon Scalpel HM 1 befindet sich im Bereich des Flaschenhalters. Neben der Möglichkeit zwei dieser besagten Getränkehalter montieren zu können, führt man ein Tubeless Repair Kit und ein Tool mit sich. Das ganze wurde formschön im Rahmen unter dem Flaschenhalter integriert. Bereits im Lieferumfang enthalten ist Cannondale Connected. Dieser sehr genaue Geschwindigkeitsensor ist an der Hollowgram Nabe im Vorderrad angebracht und lässt sich nicht nur mit sämtlichen ANT+-fähigen Leistungsmessern verbinden, sondern auch über Bluetooth mit dem Smartphone. Mit der dazugehörigen App kann man beispielsweise sehen, wie viele Kilometer man mit dem Rad gefahren ist, eine Garantieverlängerung mit Registrierung vornehmen oder die App als Trackingmedium nutzen.
Sensationelles Gewicht – unter 10kg fahrfertig
Kommen wir zum Wichtigsten an einem Crosscountry Rad, dem Gewicht. Der High-End-Rahmen ist circa 300 Gramm leichter und bringt 1910 Gramm einschließlich des Dämpfers auf die Waage. Mit diesem unglaublichen Gewicht gehört er bereits jetzt zu den leichtesten seiner Art. Baut man eine komplette Shimano-XTR-Gruppe, Hollowgramlaufräder und weitere sehr leichte Anbauteile an das Fahrrad, ergibt sich ein Gesamtgewicht von 9,76 Kilogramm laut Hersteller für das teuerste Model der Scalpelreihe.
Alle neuen Scalpel Modelle im Überblick
Fahrwerk: Lefty Ocho Carbon / Fox Float DPS Factory
Antrieb: Shimano XTR 12-fach
Bremsen: Shimano XTR
Laufräder: DT Swiss / HollowGram 25 Carbon
Preis: 7.999 Euro
Fahrwerk: Lefty Ocho / Fox Float DPS Performance Elite
Antrieb: Shimano XT 12-fach
Bremsen: Shimano XT M8100
Laufräder: DT Swiss / HollowGram 25 Carbon
Preis: 4.999 Euro
Fahrwerk: Lefty Ocho / Fox Float DPS Performance Elite
Antrieb: Shimano SLX/XT 12-fach
Bremsen: Shimano Deore
Laufräder: Shimano MT510 / Stan’s NoTubes Crest S1
Preis: 4.199 Euro
Fahrwerk: Fox Float Performance 32 SC / Fox Float DPS Performance Elite
Antrieb: Sram NX/SX Eagle
Bremsen: Shimano MT500
Laufräder: Shimano MT400 / Stan’s NoTubes Crest S1
Preis: 3.699 Euro
Fahrwerk: Lefty Ocho / Fox Float DPS Performance Elite
Antrieb: Shimano XT 12-fach
Bremsen: Shimano XT M8100
Laufräder: Stan’s NoTubes Crest MK3 Team
Preis: 4.999 Euro
Fahrwerk: RockShox SID Select+ 120mm / RockShox SIDLuxe Select+
Antrieb: Shimano XT 12-fach
Bremsen: Shimano XT M8100
Laufräder: DT Swiss / HollowGram 25 Carbon
Preis: 4.999 Euro
Fahrwerk: RockShox SID Select 120mm / RockShox SIDLuxe Select+
Antrieb: Sram SX Eagle
Bremsen: Shimano MT500
Laufräder: Shimano Deore / Stan’s NoTubes Crest S1
Preis: 3.799 Euro
Das Cannondale Scalpel Carbon SE 1: Auf dem Trail
Mit der Markteinführung des allerersten Scalpel im Jahr 2001 setzte Cannondale Maßstäbe im Bereich der Crosscountryfullys. Damals saß der Dämpfer an der Sitzstrebe. Ich kann mich noch daran erinnern, wie verrückt dieses Fahrrad aussah und von all seinen Besitzern hochgelobt wurde. Das 2020er Scalpel Carbon SE 1 basiert auf dem Scalpel HM 1, bringt jedoch 120 Millimeter Federweg an der Front und am Heck mit und soll sich an ambitionierte Marathonfahrer richten, die es lieben Trails zu fahren. Aufgrund der 20 Millimeter mehr an Federweg verändert sich der Lenkwinkel um 1 Grad, womit eine abfahrtsorientiertere Geometrie erreicht wird. Weiterhin wurde eine versenkbare Sattelstütze montiert. So kommt unser Testbike in Größe M auf ein Gewicht von etwas über 11kg.
Geometrie Cannondale Scalpel SE
S | M | L | XL | |
---|---|---|---|---|
Sitzrohr (in mm) | 430 | 440 | 480 | 520 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 580 | 602 | 625 | 648 |
Steuerrohr (in mm) | 95 | 105 | 115 | 125 |
Kettenstrebe (in mm) | 436 | 436 | 436 | 436 |
Radstand (in mm) | 1125 | 1148 | 1172 | 1196 |
Lenkwinkel (in °) | 67 | 67 | 67 | 67 |
Sitzwinkel (in °) | 74 | 74 | 74 | 74 |
Reach (in mm) | 410 | 430 | 450 | 470 |
Stack (in mm) | 592 | 602 | 611 | 621 |
Trotz dieser Anpassungen in Richtung Trailtauglichkeit, sollte man sich jedoch nichts vormachen – auch das Scalpel Carbon SE ist ein kompromissloses Racebike. Die Sitzposition ist sportlich modern und zentral. Beim ersten Aufsitzen fühlt man sich direkt wohl. Bei meiner Körpergröße von 1,70 Meter stehe ich genau zwischen Rahmengröße S und M. Für unseren Test entschied ich mich für Rahmengröße M, auf welcher ich mich sehr wohl fühlte.
Straffer Hinterbau mit Trailpotenzial
Der Plattformhebel vom neuen Rock Shox-Sid-Dämpfer wurde zu keinem Zeitpunkt meines Test gebraucht. Mit dem Gefühl eines Hardtails klettert das Cannondale Scalpel Carbon SE 1 jeden Berg mit einer unglaublich leichtfüßigen Art hinauf. Der Hinterbau fängt dabei nicht im Entferntesten an zu wippen. Das Cannondale Scalpel Carbon SE 1 besitzt eine Shimano XT 1 x 12 Schaltung. Dank der breitgefächerten Übersetzungsbandbreite fand ich stets den richtigen Gang und konnte ihn in Vortrieb umwandeln.
Auf dem Trail stehen dem Scalpel Carbon SE 1 120 Millimeter Federweg sehr gut. Dabei steht der Dämpfer mit einer hohen Progression optimal im Federweg und rauscht auch bei Sprüngen und ruppigen Passagen nicht durch. Wird das Scalpel von der Leine gelassen, gibt es einem auch die letzten paar Millimeter Federweg frei und wirkt dabei immer noch sehr unbeeindruckt. Die neue Rock Shox-Sid-Select+-Federgabel rundet dieses sehr gute Fahrwerk ab.
Durchdachte Ausstattung – auch im Detail
Auch der Rest unseres Testbikes ist stimmig gewählt. So kann man dank der verbauten ESI-Griffe gern ohne Handschuhe fahren. Die erst letztes Jahr vorgestellten Shimano-XT-Bremsen verzögern, ohne dass der Druckpunkt wandert. Die Verbindung zwischen Boden und Laufrad bilden an der Front Maxxis-Ardent-Race- und am Heck Maxxis-Rekon-Race-Reifen. Diese bieten tubeless aufgebaut genügend Seitenhalt und Grip mit geringem Rollwiderstand.
Ebenfalls wichtig für ein Rad von diesem Kaliber ist die Möglichkeit, schnell ein Laufrad im Rennen zu wechseln. Dies erfolgt am Vorderrad über eine klassische Schnellspannachse und am Hinterrad über eine Quickreleaseachse. Diese innovative Quickreleaseachse erfordert, dass die linke Seite des Ausfallendes, ähnlich wie bei einem Schnellspanner, nach unten ausgeschnitten ist. Dank dieses Ausschnitts und der Tatsache, dass die Achse in der Mitte dünner ist, muss der Fahrer die Steckachse lediglich wenige Millimeter herausdrehen, bis das Hinterrad herausgenommen werden kann.