Radsport: 23 Teams und insgesamt 184 Fahrer werden die Tour de France 2021 in Angriff nehmen. Im zweiten Teil unserer Vorschau widmen wir uns weiteren acht Mannschaften und spekulieren über deren Ziele und Erfolgschancen.
Bahrain – Victorious: Setzt sich die Siegesserie fort?
In der Saison 2021 darf die Mannschaft Bahrain – Victorious durchaus als Überraschung bezeichnet werden. 16 Siege und 23 weitere Podiumsplätze zeigen, dass zahlreiche Erfolge bereits eingefahren werden konnten. Bei der Tour de France 2021 soll diese Siegesserie nun fortgesetzt werden. So ganz ist die Strategie der Mannschaft aber nicht zu erkennen. Mit Pello Bilbao hat man zwar einen starken Klassementfahrer nominiert, doch der Spanier fuhr bereits den Giro d’Italia. Für ihn einspringen könnte daher Wout Poels. Der Niederländer ging aber schon des Öfteren als Kapitän in eine Grand Tour und konnte die in ihn gesteckten Erwartungen nur selten erfüllen. So bleibt vielleicht einmal mehr nur die Jagd nach Etappensiegen. Mit Sonny Colbrelli hat man dafür den geeigneten Mann im Aufgebot. Der Italiener ist sprintstark und kann auch hügelige Teilstücke unbeschadet überstehen. Jack Haig, Dylan Teuns und Matej Mohoric sind wie gemacht für eine lange Flucht mit viel auf und ab.
- Pello Bilbao
- Sonny Colbrelli
- Jack Haig
- Dylan Teuns
- Wout Poels
- Matej Mohoric
- Marco Haller
- Fred Wright
AG2R – Citroen: Jeden Tag auf Etappenjagd
Für eine französische Mannschaft ist die Tour de France besonders wichtig. Nach einigen Abgängen im Vorjahr muss die Mannschaft AG2R – Citroen aber kleinere Brötchen backen. In der Gesamtwertung wird man wohl kaum eine gewichtige Rolle spielen können, auch wenn Ben O’Connor, Benoit Cosnefroy und Nans Peters ihre Stärken bergauf haben. Zu schwach sind die im Zeitfahren und viel zu oft waren sie in der Vergangenheit nicht konstant genug. So bleibt ihnen vermutlich nur die Möglichkeit, ihr Heil in der Offensive zu suchen. Diesbezüglich könnte auch Aurélien Paret-Peintre ein interessanter Mann sein. Der 25-jährige Franzose ist kletterstark und könnte einer der größten Überraschungen der Tour de France 2021 werden. Weniger aus dem Nichts käme ein Erfolg von Greg van Avermaet. Aber der immer noch amtierende Olympiasieger ist mittlerweile schon 36 und hat an Endschnelligkeit definitiv eingebüßt.
- Benoit Cosnefroy
- Greg van Avermaet
- Aurelien Paret-Peintre
- Ben O’Connor
- Nans Peters
- Oliver Naesen
- Michael Schär
- Dorian Godon
Movistar: Dreier- oder Viererspitze?
In den vergangenen Jahren viel die spanische Mannschaft Movistar immer wieder durch taktische Fehlentscheidungen auf. Vor allem mit der Strategie der Dreierspitze war man wenig erfolgreich – von der Teamwertung abgesehen. Nun kann Movistar zeigen, dass man aus der Erfahrung gelernt hat. Denn im Aufgebot für die Tour de France 2021 befinden sich erneut vier starke Klassementfahrer. Kann sich die sportliche Leitung für einen Kapitän entscheiden, oder agiert man wieder mit einer Dreier- oder diesmal sogar einer Viererspitze? Aussichtsreichster Kandidat ist sicherlich Miguel Angel Lopez. Der Kolumbianer hat das Zeug zum Toursieger. Seine Schwäche ist das Zeitfahren und das trifft nahezu auf jeden Fahrer dieser Mannschaft zu. Auch Enric Mas und Marc Soler sind in den Bergen stark, haben aber teilweise starke Defizite im Kampf gegen die Uhr. Bei Alejandro Valverde war das Gefälle in seinen besten Tagen nicht ganz so schlimm, doch die beste Zeit des mittlerweile 41-Jährigen ist einfach vorbei. Für Etappensiege kommen aber freilich alle vier in Frage. Carlos Verona, Imanol Erviti und Jorge Arcas werden hingegen im Hintergrund agieren. Der sprintstarke Spanier Ivan Carcia Cortina könnte in Gruppen gehen.
- Alejandro Valverde
- Carlos Verona
- Enric Mas
- Imanol Erviti
- Ivan Garcia Cortina
- Jorge Arcas
- Marc Soler
- Miguel Angel Lopez
Bora – hansgrohe: Sagan, Kelderman & Buchmann
Ohne Pascal Ackermann wird die deutsche Mannschaft Bora – hansgrohe die Tour de France bestreiten. Statt auf den klassischen Sprinter setzt der Raublinger Rennstall einmal mehr auf Peter Sagan. Der dreifache Weltmeister soll zum achten Mal das Grüne Trikot gewinnen und bestenfalls die ein oder andere Etappe abschießen. Ihm zur Seite stehen Daniel Oss, Lukas Pöstlberger und Nils Politt, die allesamt ihre Stärken in der Ebene haben und einen Sprint nicht nur erzwingen, sondern auch entsprechend vorbereiten können. Zum Kapitän für die Gesamtwertung wurde Wilco Kelderman schon vor Monaten bestimmt. Nun hat der Niederländer aber Konkurrenz im eigenen Aufgebot bekommen. Nach seinem sturzbedingten Giro-Aus fährt Emanuel Buchmann nun doch die Tour de France. Eigenen Aussagen zufolge wird er aber lediglich auf Etappenjagd gehen und Kapitän Wilco Kelderman unterstützen. Zusammen mit Patrick Konrad und Ide Schelling kann man bei Bora – hansgrohe also auf ein starkes Kletterer-Team blicken. Der zuletzt genannte Niederländer könnte zudem zur Überraschung avancieren. Was Ide Schelling kann, hat er bereits im Frühjahr mehrfach gezeigt.
- Daniel Oss
- Lukas Pöstlberger
- Ide Schelling
- Wilco Kelderman
- Peter Sagan
- Nils Politt
- Emanuel Buchmann
- Patrick Konrad
Lotto – Soudal: Ewan will nach dem Giro auch Tour-Etappensiege
Caleb Ewan hat für diese Saison ein interessantes Ziel formuliert. Er will Etappen bei allen drei großen Landesrundfahrten gewinnen. Beim Giro d’Italia ist ihm dies bereits gelungen. Jetzt setzt sein Team alles daran, ihm auch bei der Tour de France mindestens einen Tagessieg zu ermöglichen. Und die Chancen stehen gut, denn er gilt nach der Absage von Sam Bennett definitiv als schnellster Sprinter. Ihm zur Seite stehen als Anfahrer wie gewohnt Jasper de Buyst und Roger Kluge. Kontrollieren kann Lotto – Soudal eine Ausreißergruppe in der Ebene mit diesem Aufgebot wohl ganz allein. Denn Tosh van der Sande, Brent van Moer, Harry Sweeny, Philippe Gilbert und Thomas De Gendt verstehen ihr Handwerk. Besonders die beiden zuletzt genannten Belgier werden aber auch auf eigene Rechnung fahren dürfen. Für Philippe Gilbert und Thomas De Gendt gibt es nämlich einige attraktive Teilstücke bei der diesjährigen Tour de France. Ist ein Massensprint und damit ein Etappensieg von Caleb Ewan ausgeschlossen, werden wir also meist einen Fahrer von Lotto – Soudal in der Ausreißergruppe zu sehen bekommen.
- Caleb Ewan
- Jasper de Buyst
- Tosh van der Sande
- Thomas De Gendt
- Roger Kluge
- Philippe Gilbert
- Harry Sweeny
- Brent van Moer
Deceuninck – Quick-Step: Cavendish jagt Merckx
2018 hat Marc Cavendish seine letzte Tour de France bestritten. Im Jahr 2016 war er bei der Frankreich-Rundfahrt letztmals erfolgreich. Jetzt kehrt der Brite zurück. Auf Grund des Ausfalls von Sam Bennett setzt die Mannschaft Deceuninck – Quick-Step nun überraschend auf den Altmeister. Der mittlerweile 36-Jährige wird bei der Tour de France damit den Rekord von Eddy Merckx jagen. Der Belgier gewann mit 34 Etappen die meisten in der Geschichte der Grand Boucle. Auf Rang zwei befindet sich eben jener Mark Cavendish mit 30 Tagessiegen. Kann der Brite alle Kritiker Lügen strafen und doch noch aufschließen? Schon ein einziger Etappenerfolg wäre mit Blick auf die vergangenen Jahre eine kleine Sensation. Dementsprechend setzt man bei der belgischen Equipe natürlich nicht alles auf dieses eine Ziel. Mit Julian Alaphilippe hat man schließlich noch einen Mann für die Gesamtwertung. Außerdem kann Davide Ballerini in den Sprints einspringen, sollte Mark Cavendish nicht schnell genug sein. Kasper Asgreen und Tim Declercq werden die Ausreißer entsprechend jagen, sollten sie selbst nicht zu selbigen gehören. Und mit Michael Morkov hat das Wolfsrudel ohnehin den besten Sprint-Anfahrer in den eigenen Reihen. Zur Überraschung der Tour de France könnte Mattia Cattaneo werden. Der Italiener hat sich zuletzt in deutlich besserer Verfassung präsentiert – nicht nur im Zeitfahren.
- Julian Alaphilippe
- Kasper Asgreen
- Davide Ballerini
- Mattia Cattaneo
- Mark Cavendish
- Tim Declercq
- Dries Devenyns
- Michael Morkov
EF – Nippo: Das Potential zu überraschen ist vorhanden
Eigentlich hätten wir bis vor einem Monat geschrieben, dass die Mannschaft EF – Nippo bei der Tour de France 2021 lediglich auf Etappenjagd aus sein wird. Doch die starke Tour de Suisse von Rigoberto Uran ändert die Zielsetzung völlig. Nun hat man einen Mitfavoriten auf den Gesamtsieg in den eigenen Reihen und will diesen mindestens aufs Podium führen. Kann Rigoberto Uran die Erwartungen erfüllen, wird er die volle Unterstützung seiner Teamkollegen erhalten. Falls nicht, darf bei EF – Nippo wohl jeder auf eigene Rechnung fahren. Mit Sergio Higuita befindet sich ein besonders interessanter Mann im Aufgebot der Mannschaft. Der Kolumbianer ist erst 23 Jahre alt, bergfest und sprintstark. Er ist wie gemacht für einen Etappensieg auf einem mittelschweren bis schweren Teilstück. Der Schweizer Stefan Bissegger kann die Zeitfahren gewinnen. Und der Däne Magnus Cort ist ein Sprinter, der einige Hügel vor der Zielgeraden ganz gut wegstecken kann. Neilson Powsless und Ruben Guerreiro wären Kandidaten für das Bergtrikot, werden in erster Linie aber Rigoberto Uran im Hochgebirge helfend zur Seite stehen. Gespannt sein dürfen wir aus deutscher Sicht auf Jonas Rutsch. Der 23-Jährige ist fast 2 Meter groß, fällt aber nicht nur wegen seinem beeindruckenden Körperbau auf. Auf Flachetappen oder leicht welligen Teilstücken ist mit dem Klassiker-Spezialist in Gruppen definitiv zu rechnen.
- Sergio Higuita
- Rigoberto Uran
- Magnus Cort
- Neilson Powless
- Stefan Bissegger
- Michael Valgren
- Ruben Guerreiro
- Jonas Rutsch
Groupama – FDJ: Alles für Démare & Gaudu
Ohne den verletzten Thibaut Pinot wird die Mannschaft Groupama – FDJ an der diesjährigen Tour de France teilnehmen. Im Vorjahr mussten die Fans auf Arnaud Démare verzichten, da man in Person von eben jenem Pinot voll und ganz auf das Gelbe Trikot gefahren ist. Jetzt sieht die Strategie völlig anders aus. Auf Flachetappen wird man alles daran setzen, Arnaud Démare zu einem oder gar zu mehreren Tagessiegen zu pilotieren. Denn die Chancen stehen nicht schlecht, nachdem Sam Bennett seine Teilnahme abgesagt hat. Neben Caleb Ewan dürfte der Franzose der schnellste Mann im Fahrerfeld sein. Unterstützt wird er vor allem von Jacopo Guarnieri, Ignatas Konovalovas und Miles Scotson. Der Schweizer Stefan Küng hofft in den Zeitfahren auf eine gute Platzierung und wird sich sicher das ein oder andere Mal in einer Ausreißergruppe positionieren. Wird es anspruchsvoller, sehen wir Valentin Madouas in der Flucht. Auf das Gesamtklassement schielen könnte David Gaudu. Der Franzose ist bei einer guten Tour de France sogar ein Kandidat für das Weiße Trikot.
- Bruno Armirail
- Arnaud Démare
- David Gaudu
- Jacopo Guarnieri
- Ignatas Konovalovas
- Stefan Küng
- Valentin Madouas
- Miles Scotson