Test Mavic Allroad S 2024: Die Neufassung des Mavic Allroad ist mit breiterer Felge noch einmal stärker in Richtung „Gravel“ ausgerichtet. Dazu gefällt der preiswerte Radsatz mit bereits von Mavic bekannter Technik, zu der die speziellen Hookless-Felgen gehören.
Ich gebe es gerne zu: Seit ich Ende 2017 einen Mavic Allroad vorgesetzt bekam, bin ich ein Fan dieser Laufräder. Warum? Zum einen war der neue Radsatz damals einer der innovativsten Produkte im Dropbar-Segment der traditionsreichen Franzosen. Und zum anderen war er speziell auf Tubeless-Systeme zugeschnitten und damit perfekt fürs Querfeldeinrad wie fürs Gravelbike. Wobei die älteren Allroads dank 22 mm Maulweite auch fürs Rennrad eine interessante Alternative boten.
Neue Felgenform mit 25 mm Innenweite
Mit dem Allroad S 2024 hat Mavic das Profil der Laufrad-Familie nun weiter geschärft. Der neue Radsatz verfügt über breitere Felgen mit 25 statt 22 mm Maulweite, womit er den Standard aktueller Gravel-Modelle aufnimmt und auf mindestens 30 mm breite Reifen zugeschnitten ist. Dabei sind die Felgen unverändert 22 mm tief, und auch ihre einzigartige Form haben sie behalten: Das Felgenbett ist nicht gebohrt, sodass kein Felgenband eingeklebt werden muss; die speziellen Speichennippel werden von außen eingeschraubt. Weiterhin sind die Felgenflanken „hookless“ ausgeführt, verfügen also nicht über das nach innen ragende Felgenhorn. Bei Felgen dieses Typs fällt die Montage von Schlauchlosreifen erfahrungsgemäß sehr einfach, und auch die Mavic machen hier keine Ausnahme. Der Kraftaufwand bei der Reifenmontage ist allerdings höher als bei Carbonfelgen – wahrscheinlich, weil die Seitenwand der Felge deutlich schmaler ist, sodass der Reifen nicht so leicht darüber hinweg gleitet.
Mavic gibt diesen Radsatz anders als die meisten Anbieter von hakenlosen Felgen für „Tube type“-Reifen frei, also solche, die nicht tubeless, sondern mit Schlauch gefahren werden. Da Hookless-Systeme aber gemeinhin engere Toleranzen bei den Reifenmaßen erfordern, sollte man nur Reifen fahren, die vom Hersteller explizit für hakenlose Felgen freigegeben sind. So kann man beispielsweise verhindern, dass ein Reifen verwendet wird, dessen Kern sich mit der Zeit etwas gedehnt hat – der hält dann vielleicht nicht mehr sicher auf der Hookless-Felge. Sehr genaue Angaben macht Mavic beim Höchstdruck: 30er Reifen dürften mit maximal 4,05 bar befüllt werden; beim 64er sind es höchstens 2,45 bar.
Sicherer Reifensitz dank Hookless-Felge
Dank der schmalen Seitenwand schließt der Reifen noch glatter mit der Felge ab; der 40er Schwalbe G-One RS hält exakt die Nennbreite ein, wölbt sich also nur wenig über die knapp 28 mm breite Felge. Dass sich das positiv auf die Fahreigenschaften auswirkt, merkt man sofort: Bei rund 2 bar Druck sitzt der Schwalbe satt auf der Felge, knickt bei der Kurvenfahrt nicht weg und vermittelt dadurch ein sehr sicheres Fahrverhalten.
Die andere Seite sind natürlich die Eigenschaften des Radsatzes selbst. Mavic verwendet spezielle Aero-Speichen, die in die Nabenflansche eingelegt werden und nicht durch Bohrungen hindurchgefädelt werden müssen. Das ist natürlich praktisch, da man weder Kassette noch Bremsscheiben demontieren muss, wenn man eine Speiche austauscht. Praktisch ist auch, dass Mavic am kompletten Radsatz nur einer Speichenlänge verwendet, was durch die asymmetrische Felgenform möglich wird. Die je 24 zweifach gekreuzten Speichen berühren sich nicht, womit man der Geräuschbildung vorbeugt.
Reaktionsschnell und geschmeidig
Im Fahrbetrieb erweisen sich die Allroad S als im besten Sinne unauffällig. Mit gefühlt hoher Steifigkeit reagiert der Radsatz direkt auf Antriebs- und Bremskräfte; im Wiegetritt verhält er sich neutral und bei zügigem Tempo wirkt er im vergleich zu Aero-Radsätzen mit tiefen Felgen keinesfalls „bremsend“. Über unebenen Untergrund rollen die mit schnellen Schwalbe-Reifen besohlten Mavic geschmeidig hinweg. Auch das Gewicht von 1.870 Gramm ist kein Grund, den Mavic Allroad S nicht zu mögen, wirkt er doch kein bisschen träge. Ohnehin ist zu bedenken, dass dieser rundum zeitgemäße Radsatz gerade mal 529 Euro kostet und teils für deutlich weniger verkauft wird. Und im unwahrscheinlichen Fall, dass eine Felge ersetzt werden muss, geht finanziell auch nicht die Welt unter.
Hochwertiger Nabensatz mit Zahnscheibenfreilauf
Erfahrungsgemäß sind die Naben des französischen Herstellers sehr langlebig; hochwertige Dichtungen sorgen für dauerhaft geschmeidigen Lauf. Mavic setzt auf den hauseigenen „Instant Drive“-Zahnscheibenfreilauf mit 40er Verzahnung, was einem Eingriffswinkel von 9° entspricht. Auf dem Papier hat manch andere Nabe einen geringeren Leerweg; in der Praxis ist dies aber kaum spürbar.
Für wen ist der Mavic Allroad S geeignet? Wer einen Gravel-spezifischen Radsatz mit modernem Felgenquerschnitt und hoher Stabilität sucht, der rundum überzeugende Fahreigenschaften aufweist, ist bei Mavic an der richtigen Adresse. Und die Fans des extrem traditionsreichen Laufradherstellers werden sich darüber freuen, dass die Franzosen in Sachen Gravel-Technik ganz vorne mitspielen. Etwas schade ist einzig, dass der alte Allroad mit 22-mm-Felge aus dem Programm fällt. Der war nämlich nicht nur für 28-mm-Rennreifen geeignet, sondern mit 1.570 Gramm auch ziemlich leicht. Allerdings kostete er auch fast so viel wie ein günstiger Carbon-Radsatz…