Spektrum: Wie man als Brillenträger auf dem Rad die eigene Sehschwäche ausgleicht, ist höchst individuell und hängt auch von individuellen Vorlieben ab. Unser Autor nutzte früher einen klassischen Clip-in, danach über Jahre verschiedene Kontaktlinsen und für diesen Test erstmals eine individuell verglaste Sportbrille von Oakley. Wir erklären, welche Lösung für wen am besten geeignet ist – und wie sich die Oakley Plazma mit Prizm Gläsern in Sehstärke so schlägt.
Über 40 Millionen Deutsche tragen regelmäßig oder ständig eine Brille oder Kontaktlinsen. Im Alltag meist kein Problem – beim Sport dafür unter Umständen umso mehr. Das gilt natürlich auch für’s Radfahren, egal ob auf der Straße, der Schotter-Autobahn oder auf dem Trail. Möglichkeiten, die eigene Sehschwäche auszugleichen gibt es einige, mit ihren jeweils ganz eigenen Vor- und Nachteilen.
Clip-in Einsatz: Kostengünstig – aber viele Kompromisse
Sogenannte Clip-in Einsätze gibt es für eine Vielzahl an unterschiedlichen Sportbrillen. Zwei Korrekturgläser werden einfach über eine entsprechende Halterung von innen (meist am Nasensteg) an die Brille geclipst. Neben der großen Auswahl unterschiedlicher Brillen ist auch der günstige Preis von Vorteil: Je nach Stärke, Glas, Hersteller und anderen Faktoren bekommt man entsprechende Einsätze schon für unter 50 Euro.
Doch in der Praxis muss man viele Kompromisse machen: Zum Einen müssen die beiden Gläser des Einsatzes kleiner als die eigentlichen Brillengläser sein. Gerade beim Schulterblick oder bei engen Kurven auf dem Trail schaut man so gegen den Rand des Korrekturglases oder gar ganz daran vorbei – alles andere als Optimal. Durch die zusätzlichen Gläser muss man bei schlechtem Wetter zudem deutlich mehr reinigen; den Clip mit dreckigen Händen herauszunehmen, um die Gläser zu säubern kann ein echter Spaßkiller sein. Ähnliches gilt für das Beschlagen. Je nach Brillenmodell kann es auch vorkommen, dass die Wimpern beim Blinzeln an den nach innen versetzten Einsatz schlagen.
Unsere Einschätzung: Für neu-Brillenträger oder Gelegenheitsfahrer können Clip-Ins durchaus eine Option sein. Der günstige Preis und die große Vielfalt an kompatiblen Brillen und/oder Gläsern machen das Ausprobieren einfach. Für regelmäßige Radfahrer bietet diese Lösung aber zu viele Kompromisse und kann im schlimmsten Fall den Spaß an der Ausfahrt verderben.
Kontaktlinsen: Höchst flexibel, aber nicht für jeden
Kontaktlinsen sind eine sehr flexible Möglichkeit, die Sehschwäche auszugleichen – gerade beim Sport aber eben keine perfekte Lösung für jeden. Von grundsätzlichen Faktoren wie Hornhautverkrümmung oder hohen Dioptrien-Werten mal ganz abgesehen. Selbst diejenigen, die im Alltag bestens mit Kontaktlinsen zurechtkommen, könnten beim Radfahren Probleme haben. Der Fahrtwind lässt beispielsweise das Auge austrocknen, was das Tragen der Linsen sehr unangenehm machen kann.
Mit einer entsprechenden Brille kann man natürlich (teilweise) gegensteuern. Auch starkes Schwitzen oder Heuschnupfen bzw. Pollenallergien können das Tragen von Kontaktlinsen unangenehm machen. Generell gilt aber: Wer beim Radfahren gut mit Kontaktlinsen zurechtkommt, findet so die wahrscheinlich beste Lösung zum Ausgleichen der Sehschwäche: Man kann quasi jede beliebige Brille inkl. der entsprechenden Gläser verwenden und auch die Kosten halten sich (je nach Linsen) in Grenzen.
Unsere Einschätzung: Kontaktlinsen sind die wohl beste Lösung für Brillenträger, um beim Sport den Durchblick zu behalten. Leider ist die Lösung nicht für jeden die richtige und häufig mit viel Ausprobieren verbunden. Unser Autor kam erst nach vielen Fehlschlägen zu passenden Linsen, die beim Sport nicht zu unkomfortabel werden.
Verglaste Oakley Plazma: Premium-Lösung ohne Schwächen?
Als letzte, eleganteste, aber auch kostspieligste Lösung bleibt eine individuell verglaste Sport- bzw. Fahrradbrille. Keine nervigen Clip-Ins, aber eben auch nicht die Komfort-Kompromisse von Kontaktlinsen – im ersten Moment scheint diese Lösung die bestmögliche zu sein. Für viele Brillenträger dürfte dies auch zutreffen, wenngleich man jedoch auch hier nicht ganz ohne Kompromisse auskommt. Die Auswahl an Herstellern und Modellen, die eine Verglasung ihrer Sportbrillen anbieten ist zwar nicht klein, dennoch bei weitem nicht so groß wie bei „regulären“ Sportbrillen. Außerdem ist die Lösung ausgesprochen kostspielig: Je nach Gestell und Glas ist man hier rasch bei einigen Hundert Euro.
Ob sich diese Investition lohnt, wollten wir in der Praxis selbst herausfinden – anhand einer verglasten Oakley Plazma. Es ist eines von zahlreichen Modellen des Sportbrillen-Giganten, das mit Gläsern mit Sehstärke verglast werden kann. Als einer der wenigen Hersteller auf dem Markt nimmt Oakley dies auch selbst in die Hand: Das hat den großen Vorteil, dass man trotz Gläsern mit Sehstärke nicht auf die Vorteile von original Oakley Gläsern verzichten muss, wie beispielsweise Prizm.
Die Vorgehensweise ist dabei ausgesprochen simpel: Man geht zu einem der zahlreichen Oakley Optiker, der sämtliche entsprechenden Messungen vornimmt, ebenso wie die entsprechende Beratung (hier geht’s zur Händlersuche). Dort kann man die Brille dann nach ihrer Fertigstellung auch wieder abholen. Wir waren dafür in München bei Optik Messbacher.
Übrigens: Neben den Gläsern lassen sich auch zahlreiche andere Farben individuell gestalten. Bügel, Rahmen, Logo – die Auswahl ist wirklich riesig. Wir haben uns dennoch für eine eher zurückhaltende Optik in mattem Schwarz entschieden.
Die Oakley Plazma im Detail
Die Plazma wurde im vergangenen Jahr neu vorgestellt und zählt im umfangreichen Portfolio von Oakley zu den Sport-Performance Brillen. Das optisch markante Gestell setzt auf zwei getrennte Gläser und hatte das hauseigene Erfolgsmodell Racing Jacket zum Vorbild. Mit ihrem umlaufenden Rahmen und festem Drei-Punkt-Sitz ist die Brille für quasi alle Radsport-Arten geeignet, egal ob nun Straße oder Trail.#
Welche Gläser für welches Einsatzgebiet?
Die Investition in eine derartige Brille will wohl überlegt und geplant sein. Umso entscheidender ist die Wahl der passenden bzw. richtigen Gläser. Bei einer großen Auswahl wie sie Oakley bietet ist das leichter gesagt als getan. Für eine Performance-Brille wie die Plazma sind ausschließlich die hochwertigen Prizm Gläser zu haben, deren Tönung und Beschichtung Kontraste je nach Terrain und Lichteinfall hervorhebt oder abmildert. So soll die Sicht verbessert und die Augen entlastet werden.
Wir wollten eine vielseitige Brille für unterschiedliche Einsatzbereiche und Lichtbedingungen. Hier sind wir nämlich auch schon bei einem der entscheidenden Nachteile einer solchen Lösung: Mal eben die Gläser tauschen bei anderen Lichtbedingungen ist – wenn es das Brillengestell überhaupt zulässt – nur mit erheblichem finanziellen Mehraufwand möglich, da man mehrere Korrekturgläser benötigt. Insofern ist es sinnvoll, hier kein allzu spezielles Glas zu wählen; unsere Wahl fiel hierbei auf das klassische Prizm Road. Gemacht für eher helle Bedingungen und mit einer leichten Erhöhung der Kontraste passt es perfekt zu unserem Einsatz. Helle Straßenoberflächen werden abgedunkelt, Begrenzungslinien und Schilder bleiben aber dennoch gut sichtbar. Auch für gelegentliche Trail-Ausflüge dürfte die Verglasung bestens geeignet sein. Wer jedoch mehr Off- als Onroad unterwegs ist, sollte sich vielleicht eher die Prizm Trail Torch Gläser ansehen.
Die verglaste Fahradbrille in der Praxis
Wie schlägt sich unsere mit Sehstärke verglaste Oakley Plazma in der Praxis? Zunächst ein paar Worte zur Brille selbst: Mit ihrem eher engen und festen Sitz passt sie besonders gut für eher schmale Gesichter. Das Sichtfeld ist trotz der für heutige Verhältnisse eher kleinen Gläser bestens und unsere Augen blieben weder mit dem MTB noch auf dem Renner oder Gravelbike am Rand hängen. Die Brille sitzt wirklich bombenfest, ohne unangenehm zu drücken. Damit sind auch ruppige Ausfahrten mit dem MTB wirklich kein Problem. Dank ihres umlaufenden Rahmens dürfte sie auch den einen oder anderen Sturz (hoffentlich) unbeschadet überstehen.
Und die Gläser? Im positivsten Sinne überhaupt: Unauffällig! Genau das ist es ja dann auch, was man von einer Brille erwartet, vor allem mit Sehschwäche. Dass man schlicht vergisst, dass man sie überhaupt trägt. Das ist dann auch der ganz große und für viele vielleicht entscheidende Vorteil gegenüber dem Tragen einer Kontaktlinse, die sich eben fast immer in unregelmäßigen Abständen ins Bewusstsein ruft: Sei es durch Kratzen, Verrutschen oder ähnliches.
Die Entscheidung für das Prizm Road Glas erwies sich außerdem als goldrichtig. Mit Ausnahme von sehr dunklen Bedingungen im Wald machte die Beschichtung in quasi allen Bedingungen eine ausgesprochen gute Figur. Auch im Gelände, wo das „Road“ Glas ja nicht unbedingt zuhause ist, hatten wir keinerlei Probleme.
Unsere Einschätzung: Eine Radbrille mit individueller Verglasung ist eine Premium-Lösung, die vor allem für Vielfahrer interessant sein dürfte. In der Praxis ist es die für uns beste Wahl für Brillenträger, selbst für diejenigen, die ansonsten ganz gut mit Kontaktlinsen zurechtkommen. Zwei Wermutstropfen gibt es dann aber dennoch; einerseits ist dies die geringere Flexibilität. Sowohl bei der Wahl der Brille selbst, aber eben auch in der Praxis, beispielsweise bei wechselnden Lichtbedingungen. Außerdem muss man für eine hochwertige Radbrille mit individueller Verglasung vergleichsweise tief in die Tasche greifen.