WhoIs? 18.06.2016: Die Zuschauer der Tour de Suisse staunten nicht schlecht, als das Gelbe Trikot nach der 4. Etappe vergeben wurde. Der neue Leader war Pierre Latour (Ag2r). Der erst 22-jährige Franzose wurde Etappendritter und lag damit in der Gesamtwertung zeitgleich vor Wilco Kelderman (LottoNL-Jumbo). Da dies zwar sein bisher größter Erfolg war, er jedoch zuvor schon auf sich aufmerksam gemacht hat, ist es Zeit, dass wir diesen Fahrer genauer unter die Lupe nehmen.
Name | Pierre Latour | |
Geburtstag | 12. Oktober 1993 | |
Geburtsort | Romans-sur-Isère | |
Nationalität | Frankreich | |
Größe | 180 cm | |
Gewicht | 64 kg | |
Aktuelles Team | Ag2r-La Mondiale | |
Aktiv als Amateur | seit 2010 | |
Aktiv als Profi | seit 2015 | |
Größte Erfolge | Etappensieg Tour de l'Ain 2015 Nachwuchswertung Tour de Romandie 2016 Träger Gelbes Trikot Tour de Suisse 2016 |
Frankreichs Sehnsucht nach einem französischen Tour de France-Sieger
Pierre Latour hat am 12. Oktober 1993 in Romans-sur-Isère das Licht der Welt erblickt. Auch wenn wir im deutschsprachigen Raum bisher wenig von ihm mitbekommen haben, so gilt er in seinem Heimatland Frankreich schon seit geraumer Zeit als Riesentalent. Die französischen Radsportfans lechzen seit Jahrzehnten nach einem Fahrer, der die Tour de France einmal gewinnen könnte. 1985 gelang dies zuletzt Bernard Hinault. Seitdem waren die Franzosen bei der eigenen Landesrundfahrt höchstens in der Bergwertung ganz vorne zu finden. Obwohl die Radsportfans auch derzeit mit Warren Barguil (Giant-Alpecin), Thibaut Pinot (FDJ), Romain Bardet (Ag2r) und Pierre Rolland (Cannondale) sehr gute Kletterer im Peloton finden können, so gelang bisher dennoch keinem dieser talentierten Fahrer der ganz große Wurf. Die Hoffnung ruht jetzt auf der Entwicklung von Pierre Latour.
Die frühen Erfolge von Pierre Latour nähren die Hoffnung
Im Jahre 2010 begann Pierre Latour beim Amateurteam VS Romanais Péageois mit dem professionellen Rennradfahren. Nach etwas mehr als einem Jahr wechselte er zum Team Chambéry CF. Durch einen Schreibfehler in einer Datenbank während dieser Zeit wurde er unter dem Namen Pierre-Roger Latour geführt und ist deshalb weitestgehend auch heute noch unter dieser Bezeichnung bekannt. In der Saison 2013 fuhr er bei kleineren französischen Rennen direkt in die Top 10, unter anderem bei der Ronde de l’Isard und der Tour des Pays de Savoie. Obwohl er bis 2014 noch beim Team Chambéry CF unter Vertrag stand, testete das französische World Tour Team Ag2r Latour bereits als Stagiaire. Auch wenn es noch zu keinem Sieg reichte, beendete er die Saison mit zwei weiteren Achtungserfolgen. Beim Piccolo Giro di Lombardia wurde er Vierter und beim topbesetzten Giro dell’Emilia landete er auf Rang 13 – vor Fahrern wie Diego Rosa, Damiano Cunego und Oliver Zaugg. 2014 wurde er bei der Tour de l’Ain Gesamtneunter und beim Piccolo Giro di Lombardia diesmal sogar Dritter. Da die Teamführung von Ag2r so von seinem Talent überzeugt war, verpflichteten sie ihn ab 2015 fest für ihr Profiteam.
Pierre Latour feiert 2015 seinen ersten Profisieg
Ende Juni des Jahres 2015 schickte Ag2r sein Talent direkt zur Route du Sud, wo sich Nairo Quintana und Alberto Contador inmitten ihrer Vorbereitung für die Tour de France befanden. Pierre Latour landete hinter den beiden auf dem Podium und sicherte sich den Sieg in der Nachwuchswertung. Im Anschluss wurde er bei der Österreich-Rundfahrt Siebter und bei der Vuelta a Burgos Fünfter. Mitte August gelang ihm dann sein erster Profisieg auf der 4. Etappe der Tour de l’Ain, wo er sich gegen seine Landsmänner Fabrice Jeandesboz und Florian Vachon im Bergsprint durchsetzte, aber auch namhafte Fahrer wie Domenico Pozzovivo und Steven Kruswijk hinter sich lassen konnte. Spätestens dann war nicht nur der Teamleitung von Ag2r klar, dass sie sich ein echtes Juwel geangelt haben.
Das erste Gelbe Trikot für Pierre Latour
Mit 22 Jahren ging Pierre Latour dann in die 2016er Saison, in der ihn Ag2r bereits zu wichtigen Rennen der World Tour schicken sollte. Zunächst jedoch bewies Latour mit seinem zweiten Platz beim Critérium International hinter Thibaut Pinot seine gute Verfassung. Er konnte daher ohne große Sorge bei der Vuelta al Pais Vasco ins kalte Wasser geschmissen werden. Pierre Latour radelte sich frei, fuhr auf Gesamtrang 14 und wurde wenige Tage später sogar für den Radklassiker Flèche Wallonne nominiert. Beim Sieg von Valverde erreichte Pierre Latour bei seiner ersten Teilnahme mit Platz 19 ein mehr als achtbares Ergebnis, denn er war auf Anhieb der beste Fahrer seines Teams. Diese gute Form sollte er dann direkt mit in die Tour de Romandie nehmen, wo er sich Rang zwölf schnappte und die Nachwuchswertung gewann. Einige Wochen später, ebenfalls in der Schweiz bei der Tour de Suisse, wurde er dann erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Auf der 4. Etappe gelang es ihm beim Sieg von Darwin Atapuma Etappendritter zu werden und damit sicherte er sich das Gelbe Trikot des Gesamtführenden. Da er in den darauffolgenden Tagen unter einer Bronchitis litt, wurde er von Ag2r aus dem Rennen genommen und konnte die Rundfahrt nicht beenden.
Gelingt Pierre Latour bereits 2016 der große Durchbruch?
Um den jungen Fahrer nicht zu verheizen, geht das Team Ag2r sehr vorsichtig mit ihm um. So wird Pierre Latour in diesem Jahr noch nicht bei der Tour de France am Start stehen. Dafür soll er aber die Vuelta a España zum Ende des Jahres in Angriff nehmen. Das Profil liegt Pierre Latour in jedem Fall, so dass ein gutes Gesamtresultat nicht überraschen dürfte. Vorwiegend soll die Vuelta aber dazu dienen, ihn erstmals bei einer dreiwöchigen Landesrundfahrt zu testen. Wer weiß, vielleicht heißt es dann schon im nächsten Jahr: Le Tour mit Latour!