Radsport: Die Ergebnisse im Radsport sind schwer vorherzusehen. Dennoch gibt es ab und an Sieger, die selbst die größten Experten überhaupt nicht auf der Rechnung hatten. Deshalb haben wir uns ein paar Radsport Überraschungen 2016 herausgesucht. Von jung bis alt ist alles dabei.
Der größte Erfolg des Mathew Hayman mit fast 38 Jahren
Oldie, but Goldie – dass das Alter im Radsport-Zirkus nicht immer eine Rolle spielt, wissen wir spätestens seit Chris Horner. Mit Mathew Hayman (Orica-BikeExchange) hat auch diese Saison ein Fahrer des älteren Semesters eindrucksvoll bewiesen, dass der größte Erfolg auch erst im Spätherbst der Karriere eingefahren werden kann. Zehn Tage vor seinem 38. Geburtstag stand der Australier zum 15. Mal beim Eintagesklassiker Paris-Roubaix am Start. Bei seinen bisherigen Teilnahmen fuhr er zweimal in die Top 10: Im Jahr 2011 wurde er Zehnter, 2012 Achter. Meist wurde er jedoch als Helfer für mindestens einen Teamkollegen eingeteilt, so dass er selten auf eigene Rechnung fahren durfte. Auch 2016 wurde Hayman vorwiegend als Helfer für Jens Keukeleire nominiert, der im Vorjahr mit Rang sechs auf sich aufmerksam machte. Doch es kam anders. Mathew Hayman sorgte für eine der größten Radsport Überraschungen 2016.
Fabian Cancellara (Trek-Segafredo) sollte zum letzten Mal in seiner Karriere von Paris nach Roubaix fahren. Er galt zusammen mit Peter Sagan (Tinkoff) als Topfavorit auf den Sieg. Ihre Chancen waren jedoch schon dahin, als es rund 110 Kilometer vor dem Ziel zu einer Offensive von Etixx-Quick Step kam. Das belgische Team forcierte das Tempo für seinen Kapitän Tom Boonen im Pavé-Sektor Monchaux-sur-Ecaillon. Das Feld wurde völlig zerrissen. Bereits zuvor jedoch konnten sich 16 Fahrer aus dem Staub machen und die Ausreißergruppe des Tages bilden. Darunter unter anderem Imanol Erviti (Movistar) und eben auch der spätere Sieger Mathew Hayman. Noch vor dem Zusammenschluss der Ausreißer und der ersten Verfolgergruppe versuchte sich Hayman als Solist, scheiterte jedoch.
Die Teams Sky und LottoNL-Jumbo, sowie Tony Martin (Etixx-Quick Step) sorgten für ein hohes Tempo und dezimierten die Spitzengruppe immer weiter. Auf den letzten Kilometern kam es vermehrt zu Attacken, da sich niemand auf einen Sprint verlassen wollte. Auch Hayman wurde mehrmals abgehängt, kämpfte sich jedoch immer wieder heran. So bog letztlich ein Quintett in das Vélodrom von Roubaix ein. Auf dem Papier waren zwar Boasson Hagen (Dimension Data) und Tom Boonen die sprintstärksten Fahrer, duchsetzen konnte sich am Ende jedoch tatsächlich Mathew Hayman. Was für eine Überraschung und was für eine Leistung, nachdem er zuvor bereits viele Kilometer in der Ausreißergruppe unterwegs war.
Zwei krasse Außenseiter überraschen bei den Giro-Zeitfahren
Eigentlich können die Sieger bei den Zeitfahren am einfachsten vorhergesagt werden. Dadurch, dass die taktische Komponente quasi völlig wegfällt und die Stärken im Kampf gegen die Uhr weitestgehend bekannt sind, kommt es selten zu großen Überraschungen. Beim Giro d’Italia in diesem Jahr kam es jedoch ganz anders. Nachdem Tom Dumoulin (Giant-Alpecin) in Apeldoorn den Prolog nur knapp vor Primoz Roglic (LottoNL-Jumbo) gewinnen konnte, hätte man die nahende Überraschung aber schon ahnen können. Auf der 9. Etappe kam es in Chianti beim ca. 40 Kilometer langen Zeitfahren nämlich zum bisher größten Erfolg von Roglic. Der Slowene setzte sich vor den beiden IAM-Piloten Matthias Brändle und Vegard Stake Laengen durch. Er ließ dabei Fahrer wie eben jenen Tom Dumoulin, Fabian Cancellara (Trek-Segafreod) und Stefan Küng (BMC) weit hinter sich. Kurios: Primoz Roglic war früher einmal Skispringer, wechselte dann recht spät auf das Bike. Beim Bergzeitfahren wenige Tage später hatte er zwar keine Chance mehr, aber dafür überraschte ein anderer bis dato eher unbekannter Fahrer: Alexander Foliforov (Gazprom) verhinderte den Sieg von Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo) auf der 15. Etappe hinauf zum Alpe di Siusi. Auch sein russischer Landsmann und Teamkollege Sergey Firsanov überzeugte mit Rang vier. Mit diesen beiden Resultaten konnte beim Giro d’Italia nun wirklich niemand rechnen. Doch diese Ergebnisse passen perfekt zu dieser spannenden und aufregenden Rundfahrt.
Die Yates-Zwillinge mausern sich zu Top Rundfahrern
Dass die beiden Yates-Zwillinge Adam und Simon viel Talent mit auf den Asphalt bringen, wissen die Radsportfans schon seit langem. In welche Richtung sie sich entwickeln werden, war bis dato jedoch ungewiss. Die bisherigen Leistungen ließen eher darauf schließen, dass es sich um Klassikerjäger bzw. Spezialisten für hügelige Rennen handeln könnte. In dieser Saison haben die Zwillinge jedoch die Karten auf den Tisch gelegt und sich als Klassementfahrer gezeigt. Durch einen kräftigen Schritt nach vorn in ihrer Entwicklung konnten sie doch tatsächlich schon bei den großen Landesrundfahrten überzeugen. Adam Yates wurde Vierter bei der Tour de France und Simon Yates Sechster bei der Vuelta a Espana. Damit kann das Team Orica-BikeExchange nun endlich auch auf zwei Klassementfahrer bauen. Nach der Tour de France 2015 werden die beiden Briten erst 25 Jahre alt. Wir werden von diesen beiden vermutlich noch einiges zu sehen bekommen.
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