Test: Mit dem Canyon Offspring AL 16 hatten wir das kleinste der neuen Canyon Kinderräder im Test. Coole Optik, viel Erwachsenentechnik und ein rundum glücklicher Testfahrer. An dem knapp 500€ teuren Kinderrad lässt sich wahrlich nur wenig aussetzen.
Kinderfahrräder sind ein kompliziertes Thema. Aus verschiedenen Gründen. Einerseits, klar: Bei der Auswahl haben auch die Eltern ein kleines Wörtchen mitzureden – so glauben diese zumindest. Die Realität liegt in den meisten Fällen am Ende irgendwo zwischen dem, was die Kleinen gerne hätten und dem was die Eltern als sinnvoll erachten. Schließlich schießen die Kids schneller in die Höhe als man „Laufradgröße“ sagen kann und das soeben erst angeschaffte Bike ist schon wieder zu klein. Ein wenig anders verhält es sich, wenn ein oder gar beide Elternteile selbst zur Kategorie Fahrradfanatiker zählen. Fernab jeglicher Vernunft wagen die Kleinen dann erste Fahrversuche auf handgeschmiedeten Edelrädern, in dem auch Mama und Papa den einen oder anderen Wunsch verwirklichten.
Produktnews: Canyon präsentiert Kinderräder: „Diese Welt braucht junge Helden“
Markt: Mit dem Canyon Offspring AL 16, Offspring AL 20 und dem Grand Canyon AL 24 stellte Canyon heute erstmals in seiner Geschichte Mountainbikes für Kinder vor. Moderne Ausstattung trifft auf geringes Gewicht zu einem Canyon-typisch attraktiven Preis/Leistungsverhältnis. Neuland für den Koblenzer Direktversender Canyon! Während man in vielen anderen Zweirad-Bereichen bereits sehr breit aufgestellt war, klaffte […]
In eben diesem Spannungsfeld zwischen dem nüchternem Pragmatismus klassischer Kinderräder und der Anziehungskraft stylischer, aber völlig unvernünftiger Miniaturausgaben ausgewachsener Edelbikes liegen die Canyon Offspring Kinderräder. Zu Beginn der Saison hatte der Direktversender aus Koblenz die ersten Kinderräder der Firmengeschichte auf der Berliner Fahrradschau erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Mit Modellen von 16″ bis 24″, letzteres ab 2018 sogar als Carbonvariante, deckt man den gesamten Bereich vom ersten echten Fahrrad bis zum ersten Sportgerät auf zwei Rädern ab.
Für unseren Test haben wir uns das kleinste Modell ausgesucht, das Canyon Offspring AL 16. Wie man am Namen bereits erkennen kann, kommt der kleinste Canyon Kids-Spross mit 16 Zoll Laufrädern – zumindest zur Hälfte. Vorn verbauen die Koblenzer dagegen ein größeres 18 Zoll Laufrad. Wieso der Laufradmix? Man möchte so das beste aus zwei Welten verbinden – durch das kleine Hinterrad kann man einen niedrigen Rahmen für kurze Beine konstruieren und das größere Vorderrad verbessert das Überrollverhalten bei kleineren Hindernissen. Nicht umsonst setzen aus diesem Grund auch einige Erwachsenen-MTBs auf dieses Konzept.
Bleiben wir für einen Moment noch bei den Laufrädern: Auf den Felgen sind 2,1″ breite MTB Reifen von Kenda montiert. Im weitesten Sinne ist das Offspring AL 16 durchaus ein Mountainbike – zumindest ein Rad für die ersten Ausflüge in leichtes Gelände. Darauf verweisen unter anderem auch die Steckachsen oder die Scheibenbremsen, zu denen wir gleich noch ausführlicher kommen werden. Federgabel gibt’s bei dieser Rahmengröße natürlich noch keine und wäre wirklich auch fehl am Platz.
In technischer Hinsicht verbaut Canyon für ein so kleines Rad hier überraschend viel Erwachsenen-Technik: Am bemerkenswertesten sind sicherlich die Scheibenbremsen von SRAM mit 140 bzw. 160mm Scheiben. Braucht man nicht an einem Kinderrad? Stimmt. Doch hier sind wir wieder bei der eingangs angerissenen Problematik zwischen ‚Brauchen‘ und ‚Wollen‘. Für die Kids sind Scheibenbremsen zweifellos cooler, weil Mama und Papa die eben auch haben und Bike-Affine Eltern dürften sich wahrscheinlich auch darüber freuen. Dafür drücken die hydraulischen Stopper verglichen mit klassischen Felgenbremsen leider ein wenig mehr auf’s Gewicht. Eine logische Folge der Scheibenbremsen sind zudem die Steckachsen vorn und hinten: So laufen die Scheiben immer schleiffrei, wenn die Sättel einmal korrekt ausgerichtet sind, auch nach einem etwaigen Aus- und Einbau der Laufräder.
Zweifelsohne zu den Highlights der Ausstattung zählt die SRAM Automatix Schaltnabe. Diese wechselt geschwindigkeitsabhängig zwischen zwei Gängen hin und her, ohne dass man dafür einen Griff betätigen muss. Die Übersetzung ist mit dem 25t Kettenblatt vorn und dem 20er Ritzel absolut kindgerecht.
Einen guten Job hat man bei Canyon auch bezüglich eines der kritischen Bereiche an jedem Kinderrad gemacht: Dem Cockpit. Gerade am Anfang jeder Radlerkarriere gehören Stürze zur Tagesordnung. Die oft scharfen Kanten des Vorbaus und der Lenkerenden stellen ein nicht unerhebliches Verletzungsrisiko dar. Genau deshalb sind sie bei fast allen Kinderrädern gepolstert oder verkleidet – das ist effektiv, sieht aber oft nicht besonders toll aus. Anders beim Canyon: Der Canyon Bumper Schutz aus Gummi fällt kaum auf, entschärft die Problemzone aber zuverlässig. Gleiches gilt für die Flanges an den Griffen.
So ausgestattet bringt es das kleinste Canyon Kinderrad auf 8,2kg. Das ist ein ordentlicher, aber sicherlich kein sensationeller Wert. Neben den Scheibenbremsen drückt hier auch die Automatix Nabe etwas auf die Waage. Auch finanziell sind den Konstrukteuren teils die Hände gebunden: Mit knapp 500€ ist das Canyon Offspring AL 16 ohnehin schon ein eher hochpreisiges Kinderrad, aber Edelteile sind bei diesem Budget natürlich nicht drin: Für diesen Preis gibt’s eben weder Carbon, noch Hightech Alu.
Canyon Offspring AL 16
Unser Tester heißt Tim, ist stolze 1,04m groß und wurde in diesem Sommer vier Jahre alt. Damit liegt er genau in dem Bereich, den Canyon für sein 16 Zoll Offspring anvisiert: Von 98cm bis 110cm soll es Jungs und Mädels passen und ein erster treuer Begleiter auf zwei Rädern sein. In unserem Fall war es Liebe auf den ersten Blick. Mit dem Design haben wir bzw. Canyon voll ins Schwarze getroffen und das Einstellen kann kaum schnell genug gehen. Die richtige Sattelhöhe ist schnell gefunden, bei Lenker und Vorbau gibt’s nicht viel Spielraum, da es sich um eine Einheit handelt. Etwas schwieriger ist die Sache bei den Bremshebeln: Zwar lässt sich die Griffweite per Inbus verstellen, aber wir hätten uns gewünscht, diese noch ein wenig näher zum Lenker bringen zu können.
Direkt im Anschluss geht’s dann auch los. Nach kurzem Beschnuppern sind alle Zweifel verflogen. Tim tritt in die Pedale und bringt das Offspring sofort auf Touren. Die Geometrie ist gelungen, die Sitzpositon so, dass die Kleinen viel Sicherheit bekommen, immer schnell nach vorn absteigen können, ohne sich dabei wehzutun.
Dank der Automatix Nabe ist zügiges Vorankommen auf der Straße in der Ebene ebenso möglich wie leichte Anstiege, das etwas größere Vorderrad hilft bei kleineren Unebenheiten und beeinflusst das Fahrverhalten insgesamt keineswegs negativ. Die 102cm kurzen Kurbelarme bieten jederzeit genügend Bodenfreiheit, dass auch bei Kurvenfahrten mit dem inneren Pedal nach unten keine Gefahr auf Bodenkontakt besteht.
Würden wir Tim fragen, der hätte sicherlich absolut gar nichts am Canyon Offspring AL 16 auszusetzen. Bei uns sieht es ähnlich aus: Klar, es dürfte ein paar Gramm leichter sein. Aber mal ehrlich: Wäre es 300g leichter, aber eben optisch nicht so super cool, Tims Fazit würde wahrscheinlich weniger positiv ausfallen. Wie dem auch sei – das Testrad wollte er jedenfalls unter keinen Umständen wieder aus den Händen geben.