Test YouMo One: Beim Schweizer YouMo ist vieles erfrischend anders, und damit spricht das Rad nicht unbedingt den typischen E-Bike-Kunden an. Statt Display und Regler gibt’s Unterstützung aus dem GoSwiss-Drive Motor pur – und Fahreigenschaften, die eher eine auf die Freizeitnutzung hindeuten.
Manche E-Bikes wollen einen so schnell wie möglich von A nach B bringen, manche wollen einfach praktisch sein und manche wollen vor allem eines: nur nicht auffallen. Zu diesen drei Kategorien gehört das YouMo (kurz für Your Mobility) eindeutig nicht.
Schließlich stand eine ordentliche Portion Coolness groß im Lastenheft von Knut Spätes E-Cruiser, dazu viel Fahrkomfort und eine gewisse Kraftrad-Anmutung. Bullige Reifen, ein hoher Lenker und nicht zuletzt die Blende am Lenkkopf, die das Rad von vorne betrachtet breiter wirken lässt, geben dem Schweizer Bike eine ziemlich eigenständige Optik – attraktiv für Zielgruppen, die nicht einfach ein Fahrrad mit Zusatzmotor suchen, sondern etwas Ausgefalleneres.
Dazu passt die nonchalante Abkehr von hergebrachten Rahmengeometrien. Das YouMo One dürfte eines der wenigen Modelle sein, bei denen das Tretlager näher am Vorderrad als am Hinterrad steht. Daraus ergibt sich eine beinahe Sesselrad-artige Sitzposition, die ausgesprochen bequem ist: Der Sattel ist weit hinten platziert und kann dadurch recht tief stehen, sodass man schnell die Füße auf dem Boden hat; die Beine treten nicht nach unten, sondern schieben kraftvoll nach vorne. Und das ruft natürlich den Unterstützungsantrieb auf den Plan, der praktischerweise nicht extra angeschaltet werden muss, sondern durch Druck aufs Pedal aktiviert wird.
So feinfühlig ist die Sensorik, dass man nur den Fuß aufs Trittbrett stellen muss, und schon will das YouMo los. Die Unterstützung des Heckmotors fällt angenehm kräftig aus, und da der GoSwiss-Antrieb nahezu unhörbar ist, stellt sich ein für E-Bikes ungewohntes Gefühl ein: Es ist, als sei man mit starkem Schiebetritt aus eigener Kraft unterwegs – auch fürs Ego eine angenehme Art der Fortbewegung. Dass man beim YouMo wenig ans Elektroradeln denkt, hat auch damit zu tun, dass es in der Basisversion keinerlei Bedienelemente gibt, weder ein Display noch Tasten zur Wahl der Fahrmodi. Draufsetzen und losfahren, so einfach geht’s.
Wobei die Fahrt selbst aufgrund der schon erwähnten Eigenheiten bei der Geometrie erst einmal etwas wackelig verläuft. Durch die extrem flach angestellte Gabel lässt sich das Rad bei niedrigem Tempo kaum in der Spur halten; wenn man dann aber die Reisegeschwindigkeit zwischen 20 und 25 km/h erreicht hat, läuft das Rad sicher geradeaus; spielerische Richtungswechsel sind freilich nicht seine Sache.
So bequem die Sitzhaltung auf dem YouMo auch ist – oberhalb von 25 km/h wirkt sie sich nachteilig aufs Fahrverhalten aus. Dann zeigt sich nämlich, dass der entspannt geschnittene Rahmen nicht allzu steif ist, außerdem sorgt das wenig belastete Vorderrad für eine unruhige Lenkung. Wer bergab rollt, greift also schnell zu den Bremshebeln, wobei sich eine weitere Eigenart des Heckmotors zeigt: Er ist mit einer Rekuperationsfunktion ausgestattet, die beim Verzögern aktiviert wird; der Antrieb wirkt dann als Dynamo, speist (in geringen Mengen) Strom in den 540-Wh-Akku ein und wird zur Motorbremse.
Dies wird jedoch nur in Ausnahmefällen vorkommen – in aller Regel ist man mit dem YouMo nämlich nicht in hügeligem Terrain, sondern in der Stadt unterwegs; vorzugsweise in der Freizeit und nicht im dichten Berufsverkehr. Mit lockerem Tempo rollt man dann anstrengungslos dahin, freut sich am hohen Fahrkomfort und genießt die Blicke der Passanten, denn auffällig ist das YouMo allemal. Wer es mag, (auf sein E-Bike) angesprochen zu werden, liegt mit dem Schweizer Cruiser richtig – wer dagegen einfach nur schnell, praktisch und unauffällig unterwegs sein will, braucht ein anderes Bike.