Radsport: Lange haben die Fans auf den Start der Tour de France hingefiebert. Jetzt ist es soweit. Die Aufgebote aller Teams stehen fest und morgen geht’s endlich los. Mit dabei sind elf Deutsche, vier Schweizer und vier Österreicher. Wir blicken auf deren Ziele und Aufgaben.
Deutschland: Berge und Gruppen statt Sprints
In den vergangenen Jahren waren die deutschen Profis bei der Tour de France hauptsächlich in den Sprints erfolgreich. Im Jahr 2019 liegt der Fokus jedoch eher in den Bergen. Mit Emanuel Buchmann und Maximilian Schachmann hat die Mannschaft Bora – hansgrohe zwei Kandidaten für die Gesamtwertung bzw. Etappensiege auf anspruchsvollen Etappen. Unterstützt werden sie in der Ebene vom erfahrenen Marcus Burghardt. Tony Martin ist bei Jumbo – Visma im Mannschaftszeitfahren von enormer Bedeutung. Doch auch im Einzelzeitfahren kann er um den Sieg mitfahren. Als Helfer wird er vor allem wichtig sein für Sprinter Dylan Groenewegen als Vorbereiter des Massensprints. Auf besonders viele Freiheiten hoffen darf Simon Geschke. Bei CCC gibt es neben Greg van Avermaet nämlich keinen weiteren Kapitän. Den „schönsten Bart im Peloton“ werden wir also sicher in Ausreißergruppen zu sehen bekommen.
Für Nikias Arndt und Lennard Kämna hat sich die Rolle nach der Absage von Tom Dumoulin im Team Sunweb etwas verändert. Der Fokus liegt nun nicht mehr auf dem Gelben Trikot, sondern auf dem Grünen Trikot und Etappensiegen. Auch wenn Nikias Arndt nun wohl die Massensprints für Michael Matthews anfahren wird, darf er auf dem ein oder anderen Teilstück auf eine Chance hoffen. Lennard Kämna hat sich in den vergangenen Wochen überraschend stark im Hochgebirge gezeigt. Das riesige Talent könnte auch während der Tour de France noch einmal einen großen Schritt nach vorn machen.
Klar definiert sind hingegen die Rollen von Roger Kluge im Team Lotto – Soudal und von André Greipel bei Arkéa – Samsic. Während Roger Kluge den Sprint für seinen Kapitän Caleb Ewan und dessen Anfahrer Jasper de Buyst vorbereitet, ist André Greipel alleiniger Sprint-Kapitän. Dem Altmeister fehlt jedoch sein eigentlicher Anfahrer Robert Wagner und außerdem hatte er in den vergangenen Wochen mit einer Krankheit zu kämpfen. Er selbst rechnet daher nicht mit einem weiteren Etappensieg, sondern möchte seine vielleicht letzte Tour de France genießen.
Im Team Katusha – Alpecin dürften die beiden deutschen Fahrer einige Freiheiten genießen. Nach dem Rückzug von Marcel Kittel ist die Position des Sprinter frei geworden. Diese könnte Rick Zabel einnehmen. Mit Jens Debusschere und Marco Haller kann er auf tatkräftige Unterstützung und einen schnellen Leadout hoffen. Teamkollege Nils Politt hingegen wird sich auf vereinzelte Ausreißversuche konzentrieren. Wird es etwas hügeliger und die Teams der Sprinter beteiligen sich nicht mehr an der Nachführarbeit, hat der Klassiker-Jäger keine schlechten Karten auf einen Tageserfolg. Ganz nebenbei wird er – falls Ilnur Zakarin für die Gesamtwertung Interesse zeigt – aber auch Helferdienste verrichten müssen.
- 12) Emanuel Buchmann (26 / Bora – hansgrohe)
- 13) Marcus Burghardt (36 / Bora – hansgrohe)
- 18) Maximilian Schachmann (25 / Bora – hansgrohe)
- 86) Tony Martin (34 / Jumbo – Visma)
- 114) Simon Geschke (33 / CCC)
- 142) Nikias Arndt (27 / Sunweb)
- 145 Lennard Kämna (22 / Sunweb)
- 166) Roger Kluge (33 / Lotto – Soudal)
- 186) Nils Politt (25 / Katusha – Alpecin)
- 188) Rick Zabel (25 / Katusha – Alpecin)
- 215) André Greipel (36 / Arkéa – Samsic)
Schweiz: Wichtige Helferdienste sind zu verrichten
Ein Etappensieg für die Schweiz scheint bei der Tour de France 2019 eher unwahrscheinlich zu sein. Alle vier Starter werden nämlich von ihren Teamkapitänen mit wichtigen Aufgaben stark eingebunden sein. Mathias Frank gilt in der Mannschaft AG2R La Mondiale als Edelhelfer von Romain Bardet. Der Franzose will erneut aufs Podium und bei perfekten Rennverlauf vielleicht sogar um den Gesamtsieg mitfahren. Gleiches gilt für Thibaut Pinot von der Equipe Groupama – FDJ. Hier wird der frischgebackene Schweizer Meister Sebastién Reichenbach im Hochgebirge sicher nicht selten zu sehen sein. Teamkamerad Stefan Küng hat vor allem Verantwortung im Team- und Einzelzeitfahren zu übernehmen. Außerdem wird er seinen Leader Thibaut Pinot in der Ebene vor gefährlichen Situationen und Windkanden schützen. Letzteres wird auch Michael Schär nicht fremd sein. Bei CCC fährt er allerdings für Greg van Avermaet, der auf anspruchsvolleren Flachetappen auf eine Chance im Sprint hofft.
- 34) Mathias Frank (32 / AG2R La Mondiale)
- 54) Stefan Küng (25 / Groupama – FDJ)
- 57) Sebastién Reichenbach (30 / Groupama – FDJ)
- 117) Michael Schär (32 / CCC)
Österreich: Ausreißen und auf Gelegenheiten hoffen
Drei der vier Österreicher bei der Tour de France 2019 stehen beim Team Bora – hansgrohe unter Vertrag. Auf Grund der recht offenen Philosophie in der Mannschaft werden sicher auch sie ihre Gelegenheiten zur Selbstverwirklichung bekommen. Dennoch gilt es, alles den Zielen von Peter Sagan unterzuordnen und das Grüne Trikot ein siebtes Mal zu gewinnen. Dafür wichtig könnten vor allem der in der Ebene starke Lukas Pöstlberger werden und der Hügel-Spezialist Gregor Mühlberger. Den Deutschen Emanuel Buchmann und Maximilian Schachmann zur Seite stehen wird vor allem Patrick Konrad. Der neue Österreichische Meister hat bewiesen, dass er in den Bergen eine echte Waffe sein kann. Durchaus denkbar, dass er Chancen in Ausreißergruppen erhält und entweder als Realais-Station dient oder auf Etappensieg fahren darf. Dies trifft auch auf Marco Haller vom Team Katusha – Alpecin zu, der sich allerdings eher in der Ebene Zuhause fühlt. In den Sprints fährt er wohl eher für Rick Zabel. Ist er aber auf einem Flachstück in einer Gruppe aktiv, kann ihm seine Schnelligkeit zum Erfolg verhelfen.
- 14) Patrick Konrad (27 / Bora – hansgrohe)
- 15) Gregor Mühlberger (25 / Bora – hansgrohe)
- 17) Lukas Pöstlberger (27 / Bora – hansgrohe)
- 185) Marco Haller (28 / Katusha – Alpecin)