Test: Das 3T Exploro ist ein Leckerbissen für Radsportler, die im Gelände wie auf Asphalt schnell vorankommen wollen. Der preislich attraktive Italiener ist dazu sehr progressiv ausgestattet.
Einst ausschließlich für Lenker und Vorbauten bekannt, wandelte sich der italienische Anbieter unter neuer Führung zum Anbieter innovativer Rennmaschinen und vor allem Gravelbikes. Das Exploro wurde von Gerard Vroomen entwickelt, dem einstigen Mitbegründer von Cervélo, und das sieht man vor allem dem Exploro Race an – ein Gravelbike mit aerodynamisch optimiertem Rahmen, so wie Cervélo einst Elemente vom Triathlonrad aufs konventionelle Rennrad übertrug und damit quasi das „Aero road bike“ erfand. Ein typisches Cervélo-Detail ziert auch das petrolblaue Testrad: die senkrecht ins Oberrohr führenden Leitungen, mit denen Vroomen bei seinen Aero-Bikes die Umströmung des Steuerrohrs verbessern wollte.
Deutliche Aero-Elemente
Auch beim Exploro Team sind die Aero-Elemente deutlich erkennbar: Das Sitzrohr ist minimal ausgekehlt und das Unterrohr im aerodynamischen „Sqaero“-Design gehalten. Schön ist die in den Rahmen integrierte Segmentklemmung zur Befestigung der Aero-Sattelstütze. Untypisch für ein Gravelbike ist die Geometrie: Beim Testrad in Größe L ist der Lenkwinkel steil, Radstand wie Steuerrohr kurz, das Oberrohr lang, ebenso der Vorbau. All das führt zu einer Sitzposition, die eher am Rennrad orientiert als Gravel-typisch ist, und dazu passt auch der sonstige Auftritt des 3T. Die Sattelstütze des Exploro bietet keinerlei Versatz nach hinten, ein Sitzwinkel von 72,5 ° sorgt jedoch dafür, dass man nicht zu weit vorne positioniert ist. Interessanterweise ist das „normale“ Exploro von der Geometrie her sportlicher geschnitten als das Exploro RaceMax, das in sechs statt vier Größen kommt und deutlich kompromissloser aussieht. Auf dem RaceMax sitzt man aber in jedem Fall aufrechter und kürzer.
Was besonders auffällt, ist das völlige Fehlen irgendwelcher Montagepunkte abgesehen von Gewinden für zwei Flaschenhalter sowie eine kleine Oberrohrtasche; einfach ein „Rennrad Plus“ ist das 3T aber dennoch nicht. Der 40-mm-Reifen hat rundherum genug Platz, und auch ein 650B-Radsatz mit 2,1 Zoll breiten MTB-Reifen kann eingebaut werden. Mit diesen Eigenschaften positioniert sich das Exploro selbstbewusst zwischen Rennrad, Cyclocross und Gravel, wozu auch die Ausstattung passt. An den recht leichten Fulcrum-Radsatz montiert 3T den schnellen Continental Terra Speed, der auf Asphalt extrem leicht läuft und durch seine runde Kontur ohne ausgeprägte Schulterstollen sichere Schräglage erlaubt. Auf lockerem Untergrund ist er bissig genug, zumal er am Testrad tubeless kommt.
Innovative Komponenten
Ein Highlight ist die Campagnolo Ekar mit 1×13 Gängen. Die erste Gravel-Gruppe des italienischen Traditionsherstellers ist mit 9-42 extrem breit aufgestellt und bietet dabei mit Einersprüngen vom 9er bis zum 14er Ritzel eine enge Abstufung. Kombiniert mit einem 38er Kettenblatt, liegt eine Untersetzung für steile Anstiege ebenso vor wie ein ausreichend lang übersetzter Schnellgang. Die Bedienung über Schaltpaddel und neu geformte Daumentaste ist exakt und sicher, dazu bietet Campagnolo eine bestens dosierbare Scheibenbremse. Ein Blick aufs Schaltwerk offenbart eine weitere Besonderheit des Rahmens: Das Ausfallende – also der Gewindeeinsatz für die Steckachse plus Schaltauge – ist nicht fest mit dem Rahmen verbunden; wird die Achse herausgezogen, fällt das Schaltwerk mit dem Ausfaller nach unten und baumelt an der Kette. Die Idee dahinter ist, dass Aus- und Einbau des Hinterrades leichter fallen, wenn man die Kassette nicht am Schaltwerk vorbei einfädeln muss, was allerdings beim Campagnolo-Wechsler nicht ganz funktioniert. Dessen Blockierfunktion lässt sich nämlich am vom Rahmen getrennten Ausfallende nicht nutzen, sodass man beim Aufsetzen des Ausfallers gegen die Federspannung des Schaltwerks arbeitet. Beim Sram-Schaltwerk mit einer Blockierung am Drehpunkt der Schwinge dagegen klapp es prima. Der 3T-Ausfaller hat einen weiteren Vorteil: Da er sich komplett auf der Steckachse abstützt, sind Beschädigungen am Rahmen nicht zu erwarten, sollte man mal hart mit dem Schaltwerk aufschlagen.
Rahmen | Unidirectional pre-preg HM Carbon |
Federgabel | 3T Fango Team |
Laufräder | Fulcrum Rapid Red 900 |
Reifen | Conti Terra Speed |
Schaltwerk | Campagnolo Ekar |
Schalthebel | Campagnolo Ekar |
Kurbel | Campagnolo Ekar |
Umwerfer | |
Bremse | Campagnolo Ekar |
Sattelstütze | 3T Carbon |
Sattel | San Marco Mantra |
Vorbau | 3T Apto Stealth |
Lenker | 3T Superergo PRO |
Begeisterndes Fahrverhalten
Jenseits solcher Details begeistert das Exploro jedoch vor allem mit seinem Fahrverhalten. Die hohen Erwartungen angesichts von Geometrie und Ausstattung werden definitiv nicht enttäuscht, zumal das Rad mit neun Kilo inklusive Pedalen vergleichsweise leicht ist: Das Exploro ist ausgesprochen vortriebsstark und leichtfüßig, dabei angenehm laufruhig, ohne träge zu wirken. Im Gelände wirkt es eher wie ein Cyclocrosser, freilich entschärft durch die Option, großvolumige Reifen zu montieren; mit den schwach profilierten Conti Terra Speed rollt es auf glattem Untergrund so leicht, dass man es sich auch als Rennrad vorstellen kann. Kein Wunder, denn der konventionell geformte Lenker lädt zu kompakter Rennhaltung ein, und so wird eine Tour auf dem 3T unweigerlich zu sportlich-schnellen Angelegenheit. Sportlich im positiven Sinne ist auch der Preis: Knapp 4.500 Euro für ein extrem gut ausgestattetes Rad einer innovativen Marke ist wirklich nicht viel.
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