Radsport: Wer gewinnt die Tour de France 2022? Tadej Pogacar geht als Titelverteidiger ins Rennen, während die Teams Jumbo – Visma und Ineos Grenadiers nicht nur eine Option haben. Außerdem gibt’s da noch Aleksandr Vlasov. Wir blicken auf die 5 Top-Favoriten und wagen eine Prognose.
Tadej Pogacar (UAE)
Auch im Jahr 2022 geht der Gesamtsieg bei der Tour de France nur über Tadej Pogacar. Der Sieger der beiden vergangenen Jahre scheint unantastbar – fast wie Lance Armstrong zu seiner Zeit. Dabei steht der Slowene mit seinen gerade einmal 23 Jahren eigentlich noch ziemlich am Anfang seiner Karriere. Und anders als die meisten Dominatoren der vergangenen Jahre, zeigt er sich auch bei zahlreichen weiteren Rennen in Topform. So wurde er 2022 bei Mailand – Sanremo Fünfter und gewann sowohl die UAE Tour, als auch Tirreno – Adriatico, Strade Bianche und zuletzt die Slowenien-Rundfahrt. Besonders beeindruckend war seine Vorstellung bei der Flandern-Rundfahrt, bei der er Rang vier belegte und somit auch auf Kopfsteinpflaster kaum Schwächen offenbarte. Da mittlerweile auch seine Mannschaft enorm verstärkt wurde, kann der Toursieg ohne unerwartete Vorkommnisse auch 2022 nur an Tadej Pogacar gehen.
Primoz Roglic (Jumbo – Visma)
Als größter Widersacher des amtierenden Titelträgers wird Primoz Roglic genannt. Der slowenische Landsmann wurde vor zwei Jahren Zweiter und verlor das schon sicher geglaubte Gelbe Trikot erst am vorletzten Tag. Es scheint fast, als würde diese unerwartete Niederlage ihn auch heute noch lähmen. Zwar zählt Primoz Roglic noch immer zu den besten Berg- und Klassementfahrern der Welt, aber seine Unbekümmertheit und unnachahmliche Spritzigkeit von damals scheint verflogen. Mittlerweile muss er selbst im eigenen Team die Konkurrenz fürchten und kann sich nicht sicher sein, unangefochtener Kapitän zu bleiben. In diesem Jahr gewann er Paris – Nizza und zuletzt das Critérium du Dauphiné. Die Generalprobe ist also geglückt, aber die Fragezeichen wurden dennoch größer. Schließlich wirkte Teamkollege Jonas Vingegaard in den Bergen stärker. Abschreiben sollten wir Primoz Roglic aber ganz und gar nicht. Wird Tadej Pogacar auch nur den Hauch einer Schwäche zeigen, wird er da sein.
Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma)
Wie Phoenix aus der Asche stieg im vergangenen Jahr Jonas Vingegaard hervor. Der jetzt 25-jährige Däne sprang für den ausgeschiedenen Primoz Roglic in die Bresche und beendete die Grand Boucle sensationell auf dem zweiten Gesamtrang. Seitdem zählt Vingegaard zu den besten Fahrern der Welt. Bei Tirreno – Adriatico wurde er hinter Pogacar Zweiter und beim Critérium du Dauphiné hinter Teamkollege Roglic ebenfalls. Dort machte er jedoch vor allem in den Bergen den stärkeren Eindruck. Kann er diese Form bis Ende Juli konservieren, wird es vielleicht sogar nicht nur für Roglic gefährlich, sondern auch für Pogacar. Denn im Zeitfahren hat sich Vingegaard ebenso verbessert, wie im mentalen Bereich. Wir dürfen gespannt sein, wie Jumbo – Visma die erste Bergetappe angehen wird und wie die Teamleitung die Rollen verteilt. Denn als reiner Edelhelfer ist Vingegaard zu gut – das weiß vor allem er selbst.
Geraint Thomas (Ineos Grenadiers)
Wohl kaum jemand hätte bei der Tour de Suisse 2022 auf Geraint Thomas als Gesamtsieger gesetzt. Doch der Brite hat seine wohl letzte Chance genutzt, um sich vor der Tour de France noch einmal ins Rampenlicht zu fahren. Vor dem Start der Schweiz-Rundfahrt war klar: Die Kapitäne im Team Ineos Grenadiers sind Daniel Martinez und Adam Yates. Doch jetzt wurde das Blatt neu gemischt – und Geraint Thomas hält plötzlich alle Trümpfe in der eigenen Hand. Als Sieger der Tour de France 2018 weiß der mittlerweile 36-Jährige, wie man eine dreiwöchige Rundfahrt gewinnt. Er ist dem mentalen und körperlichen Stress gewachsen. Und er hat ein bombenstarkes Team. Ineos Grenadiers wird die Rolle des Außenseiters dankend annehmen. Hinter UAE und Jumbo – Visma kann man sich verstecken und gleichzeitig mit einer Dreierspitze agieren. Stellen sie es taktisch clever an, können sie das Zünglein an der Waage sein.
Aleksandr Vlasov (Bora – hansgrohe)
Die erste Grand Tour des Jahres 2022 ging an Bora – hansgrohe. Sensationell gewann Jai Hindley den Giro d’Italia. Die Umstrukturierung im Raublinger Rennstall ist also schneller geglückt als erwartet. Jetzt soll Aleksandr Vlasov nachlegen. Der Russe fährt eine sehr starke Saison, gewann die Valencia-Rundfahrt und die Tour de Romandie. Auch bei der Tour de Suisse war er in Gelb unterwegs, ehe ihn ein positiver Corona-Test zur Aufgabe zwang. Natürlich wissen wir nicht, ob er in der Schweiz auch die zweite Rundfahrt gewonnen hätte, aber so stark wie er unterwegs war, ist fast davon auszugehen. Jetzt heißt es Daumen drücken, dass er bis zur Tour de France wieder 100 Prozent fit ist und sein Leistungsmaximum abrufen kann. Er ist unter allen Favoriten sicher die größte Unbekannte. Es wird erneut einer guten Taktik bedürfen, um den ganz großen Coup zu schaffen.
Velomotion-Prognose: An Pogacar führt kein Weg vorbei
Zugegeben: Ein Tipp auf Tadej Pogacar ist keine gewagte Prognose. Ein Tipp auf jeden anderen Fahrer wäre aber auch nicht seriös. Betrachten wir die vergangenen beiden Jahre und das Geschehen im aktuellen Kalenderjahr, dann kann der Toursieger auch 2022 nur Tadej Pogacar heißen. Es liegt an den Teams Jumbo – Visma und Ineos Grenadiers, dem amtierenden Champion das Leben so schwer wie möglich zu machen. Gelingen wird ein Umsturz der Machtverhältnisse aber nicht – höchstens teamintern. Denn wir erwarten Jonas Vingegaard auch 2022 auf dem Podium und damit vor Teamkollege Primoz Roglic.
☆☆☆ Tadej Pogacar (UAE)
☆☆ Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma), Primoz Roglic (Jumbo – Visma)
☆ Geraint Thomas (Ineos Grenadiers), Aleksandr Vlasov (Bora – hansgrohe), David Gaudu (Groupama – FDJ)
https://www.velomotion.de/magazin/2022/06/radsport-tour-de-france-2022-wertungstrikots/
https://www.velomotion.de/magazin/2022/06/radsport-tour-de-france-deutsche-oesterreicher-schweizer/