Radsport: Am Samstag rollen sie endlich los. Die Helden der Straße nehmen die 110. Tour de France im baskischen Bilbao in Angriff. Eigentlich stellen wir wenige Tage vor dem Grand Depart eine Liste der Siegkandidaten vor. In diesem Jahr jedoch konzentriert sich alles auf das große Duell zwischen Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard.
Tour de France 2023: Pogacar vs. Vingegaard
Als Egan Bernal 2019 im Alter von 22 Jahren die Tour de France gewann, rechneten viele Experten mit einer neuen Ära. Der Kolumbianer folgte auf seine Teamkollegen Chris Froome und Geraint Thomas. Das Team Sky bzw. Ineos Grenadiers konnte als Kapitän aufstellen, wen es wollte. Am Ende jubelten in Paris immer sie. Doch es kam wie so oft anders als erwartet. Die dominante Ära der britischen Mannschaft endete, denn in den Folgejahren stieg eine neue Radsport-Generation empor. Sie ist noch jünger, noch disziplinierter, noch siegeshungriger. Tadej Pogacar (UAE) gewann die Tour de France in den Jahren 2020 und 2021. Der junge Slowene schien unbezwingbar. Doch im vergangenen Jahr musste er sich dem Dänen Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) geschlagen geben. Seitdem liefern sich die beiden ein Fernduell um die Favoritenrolle auf den Toursieg 2023. Die Experten sind sich einig: Nur diese beiden können die Tour de France gewinnen.
Tadej Pogacar: 8 von 10 Rennen gewonnen
Die Zahlen von Tadej Pogacar (UAE) in dieser Saison sind schier unfassbar. Der Slowene bestritt zwei Rundfahrten und beendete acht Eintagesrennen. Von diesen zehn Wettbewerben gewann er acht, darunter Paris – Nizza, die Flandern-Rundfahrt, das Amstel Gold Race und den Flèche Wallonne. Die beiden Rennen, die er nicht gewinnen konnte, beendete er auf den Plätzen vier (Milan – Sanremo) und drei (E3 Classic). Seinen großen Triumph des Ardennen-Triple verhinderte ein Sturz bei Lüttich – Bastogne – Lüttich. Niemand hat daran geglaubt, dass ein Gegner ihm diesen Sieg hätte nehmen können. So geht Tadej Pogacar – trotz des Sturzes und einer langen Verletzungspause – als Topfavorit auf den Sieg bei der Tour de France ins Rennen. Auch, weil er das einzige direkte Duell gegen Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) für sich entscheiden konnte. Bei Paris – Nizza triumphierte er souverän mit einem Vorsprung von 1:39 Minuten auf den Gesamtdritten aus Dänemark.
Jonas Vingegaard: 3 von 4 Rennen gewonnen
Wenig überraschend sind auch die Zahlen von Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) in dieser Saison absolut beeindruckend. Der Däne bestritt nur vier Rundfahrten und kein einziges Eintagesrennen. Dennoch kommt er mit 25 Renntagen sogar auf vier mehr als sein Kontrahent. Die Rennplanung der beiden hätte kaum unterschiedlicher sein können. Während Tadej Pogacar (UAE) auch Erfolgen auf Kopfsteinpflaster und in den Ardennen hinterherjagte, konzentriert sich Vingegaard seit Beginn der Saison voll und ganz auf die Frankreich-Rundfahrt. Dabei gewann er die Mehretappenrennen O Gran Camino, die Baskenland-Rundfahrt und das Critérium du Dauphiné. Mit seinen unglaublichen Kletterqualitäten und seiner Stärke im Zeitfahren ließ er seinen Konkurrenten nicht den Hauch einer Chance. Lediglich bei Paris – Nizza musste er einen Dämpfer einstecken, als er gegen Pogacar chancenlos war.
Velomotion-Prognose: Pogacar ist der komplettere Fahrer
Holt sich Jonas Vingegaard bei der Tour de France 2023 seinen zweiten Gesamtsieg, oder jubelt Tadej Pogacar zum dritten Mal? Alles dreht sich vor dem Start der Grand Boucle um diese Frage. Beantworten können sie nur die beiden Hauptprotagonisten selbst. Einen Tipp zu wagen scheint unmöglich zu sein. Denn auch wenn Tadej Pogacar in dieser Saison absolut unbezwingbar schien, so gilt selbiges ebenfalls für Jonas Vingegaard. In Frankreich treffen in diesem Jahr zwei Fahrer aufeinander, die man in den vergangenen Monaten fast nur gewinnen sah. Einer jedoch wird den Fight um das Gelbe Trikot verlieren müssen. Möglich, dass es ein Kampf um Sekunden wird. Der Ausgang ist absolut ungewiss. Wir können nur hoffen, dass kein Sturz und keine Panne auf dieses Duell einwirken wird. Denn dann erwartet uns ein vielleicht episches Duell ums Gelbe Trikot. Und obwohl das Team von Jonas Vingegaard auch in diesem Jahr das wohl leicht stärkere sein wird, so hat die Mannschaft von Tadej Pogacar deutlich aufgerüstet. Außerdem scheint der Slowene im Vergleich zum Dänen der komplettere Fahrer zu sein. Vingegaard muss zudem mit dem Druck des Titelverteidigers leben. Pogacar kennt diese Situation bereits – und ist in diesem Jahr der Herausforderer. Daher sagen wir: 51:49 pro Pogacar.