Test Moustache Dimanche 29.4: Das erste E-Gravelbike der Franzosen ist mit dem Bosch SX dynamisch und stark motorisiert und dazu sehr komfortabel. Ob Commuting oder Offroad-Touren – Fahrspaß ist mit dem komfortablen Flitzer garantiert, der auch vom Gewicht her überzeugen kann.
Zu den Anbietern, die sich komplett dem Elektrorad verschrieben haben, gehört Moustache aus den Vogesen. Gegründet 2011, gab sich das Unternehmen den Namen einer klassischen Lenkerform, die sich in modernisierter Form auch am Erstling der Marke findet, dem Lundi. Das optisch sehr eigenständige Citybike ist nach wie vor im Programm, das nach und nach erweitert wurde und heute vom E-Tandem bis zum vollgefederten Alltagsrad so ziemlich alle gängigen Fahrrad-Typen umfasst. Dabei bietet der französische Marktführer in vielen Bereichen vergleichsweise günstige Modelle an. Highlight der Palette ist das J. mit komplett in Frankreich hergestelltem Rahmen aus Alu-Guss, das mit Aspekten wie einer kurzen Lieferkette und umweltschonender Pulverbeschichtung dem Anspruch des Unternehmens folgt, möglichst nachhaltig zu produzieren. Und auch das E-Gravelbike Moustache Dimanche 29.4 hat in dieser Hinsicht etwas zu bieten: Sein Rahmen wird in Portugal gefertigt statt in Fernost.
Moustache Dimanche 29.4: E-Graveller vom französischen Marktführer
Das Moustache Dimanche 29.4 ist das erste E-Gravelbike der Franzosen; sein Name spielt auf die Sonntagsradler an, die wochenends zum Vergnügen unterwegs sind. Dabei hat das E-Gravelbike durchaus praktische Seiten: Für 200 Euro Aufpreis wird es mit Schutzblechen, Träger und Frontleuchte geliefert; auch eine Variante mit Flatbar statt Rennlenker ist verfügbar. Der E-Graveller führt bei Moustache eine weitere Neuheit ein: Es ist das erste Bike der Marke mit dem Bosch-SX-Motor; ein „Light E-MTB“ (wofür der SX ja konzipiert wurde) ist derzeit nicht im Programm.
Der zwei Kilo leichte Mittelmotor mit seinem 400-Wh-Akku hat sein seiner Vorstellung vor gut einem Jahr viel verändert: Gerade E-Gravelbikes werden nun mit diesem Aggregat ausgestattet, wo vorher Heckmotoren üblich waren. Vorzug des SX gegenüber diesen ist sein mit 55 Nm vergleichsweise hohes Drehmoment, das bei hoher Trittfrequenz für bis zu 600 Watt Leistung und damit extrem starken Vortrieb sorgt. Mehr Power brauchen höchstens trailige E-MTBs; bei normalem Offroad-Einsatz und auf Asphalt dagegen glänzt der SX mit harmonischer Unterstützung und spielt außerdem sein geringes Systemgewicht aus. So kommt ein E-Gravelbike wie das Moustache auf gerade mal 18 Kilo, ohne dass irgendwo aufs Gewicht geachtet wurde. Der Rahmen wirkt massiv, die Carbongabel ist auf hohe Stabilität ausgelegt und das Rad rollt auf 50 mm breiten Reifen. Außerdem sind zwei nicht ganz leichte Komfortspender verbaut – dazu später mehr.
Keine Überraschungen bietet der Antrieb des Moustache Dimanche 29.4: Er ist so dynamisch und schubstark, wie wir das von anderen E-Gravelbikes mit Bosch SX kennen; Anstiege um 20 % Steigung sind kein Problem, solange man auf eine eher flotte Tretfrequenz achtet. Moustache stattet das Dimanche mit einem „Kiox 300“-Display aus, wo andere Anbieter auf die Verwendung von Smartphone oder Radcomputer setzen. Der System Controller auf dem Oberrohr dient hier nur zum An- und Ausschalten; Wahl der Fahrmodi und Bedienung des Displays erfolgen über einen Tastenblock links vom Vorbau.
Interessant: Die Powermeter-Funktion der Elektronik
Zum großen Funktionsumfang des Displays gehört auch ein Powermeter, das die Leistung des Fahrers in Watt anzeigt. Wer zwischen den Fahrmodi hin und her wechselt, kann beobachten, wie viel Eigenleistung bei mehr oder weniger starker Antriebsunterstützung nötig ist; interessant ist auch das unterschiedliche Belastungsgefühl bei gleicher Leistung, je nachdem, ob man in einem leichteren oder schwereren Gang fährt. Am Berg zeigt das Display an, wann man herunterschalten soll; dabei kann es aber auch passieren, dass die Zwölffach-Kassette bereits ausgereizt ist. Zumal die Übersetzung mit 44er Kettenblatt eher lang ist – normalerweise wird der 11-50er Kranz der SRAM Apex Eagle mit einem 40er Blatt kombiniert.
Aus dem Bereich der Motorunterstützung fährt man mit dieser Übersetzung schnell heraus. Dann kann man mit dem Dimanche gut sein Tempo halten und auch längere Strecken ohne Antrieb fahren – ebenfalls ein Aspekt, der den Bosch SX zu einer guten Wahl fürs E-Gravelbike macht.
Gefederte Dropper Post mit viel Komfort
Die Funktion der Komponenten ist top: Die Schaltung ist präzise und die Bremsen sind stark und gut dosierbar; die der Hebel sind ergonomisch gut gelungen. Montiert sind sie an einen Lenker, der mit 50 cm Breite oben ziemlich ausladend ist, sich angesichts der eher aufrechten Sitzhaltung jedoch angenehm greifen lässt. Hier kommen die erwähnten Komfortspender ins Spiel: Moustache stattet den E-Graveller mit einem gefederten Vorbau und einer absenkbaren und gefederten Sattelstütze aus. Beim Vorbau lässt sich der Elastomer vorspannen und damit weicher oder härter abstimmen; auch bei weicher Einstellung ist der stoßdämpfende Effekt jedoch nicht allzu sehr spürbar. Nur im Wiegetritt wird der Vorbau merklich nach unten gedrückt.
Extrem angenehm ist dagegen die Sattelstütze des Moustache Dimanche 29.4: Bei rund 8 cm Verstellweg weist sie 4 cm Federweg auf, die Fahrbahnstöße und Vibrationen merklich abpuffern. Der unterm linken Bremshebel platzierte Hebel der Dropper Post ist recht gut erreichbar und stört nicht; die Stütze abzusenken, bringt an steilen Gefällestrecken ein Plus an Fahrsicherheit.
Ungewohnte Platzierung der Ladebuchse
Etwas Besonders hat sich Moustache für die Ladebuchse des Antriebsakkus ausgedacht: Sie befindet sich unter einer Klappe unterm Unterrohr; der Stecker muss also knapp oberhalb des Tretlagers „blind“ eingestöpselt werden. Mit etwas Übung klappt das ganz gut; der Sinn der Sache ist, dass das Kabel eines Range Extenders im Flaschenhalter dicht am Unterrohr geführt werden kann.
Flott, fahrstabil und komfortabel – so lässt sich das Moustache Dimanche 29.4 in Kurzfassung beschreiben. Preislich liegt es mit 4.699 Euro im üblichen Bereich dessen, was Fachhandelsmarken für ein Bosch-Gravelbike aufrufen, wobei es auch 1.000 Euro teurer (29.6 mit elektronischer SRAM Apex AXS und Mavic-Allroad-Radsatz) bzw. billiger geht (29.2 mit Flatbar-Lenker und Elffach-Schaltung). Interessant sind alle drei Varianten – nicht zuletzt für Moustache selbst, da die Marke nun auch im sportlichen Bereich Akzente setzen kann. Neuerdings übrigens auch mit einem E-Rennrad, der auf demselben Antrieb und Rahmen basiert und beides mit schmaleren Reifen und kürzerer Übersetzung kombiniert.