Australien! So viele verbinden damit das Land ihrer Träume. Wahrscheinlich weil es so verdammt weit weg ist. Nun bin ich schon zwei Wochen hier, um den Ironman Western Australia zu machen. Auch wenn die Tage angefüllt sind mit Training und die Vorbereitungen für das Rennen, bekommen wir von dem Land schon einiges mit. Wir sind an der Westküste bei unserer Freundin Dimity-Lee Duke, auch Triathletin, in Bunbury. Die größte Überraschung ist die Freundlichkeit der Menschen hier! Alle sind freundlich, hilfsbereit, grüßen, fragen wie es geht. Egal wo man ist, immer hat man den Eindruck, die Leute freuen sich, dass man da ist!
In Bunbury gibt es ein Dolphin Center und wenn man Glück hat, dann kommen die Delfine bis an den Strand. Drei Tage hintereinander sind wir dort, haben stundenlang auf das Meer geblickt und nur ganz weit draußen mal einen Delfin gesehen. Als wir ein bisschen enttäuscht gehen wollen, schauen wir eigentlich zufällig nochmal am Strand vorbei. Und was ist das?! 50 Meter weg sieht man eine Flosse, sie kommt immer näher! Hose und Schuhe aus und bis zur Hüfte ab ins Wasser und hoffen, dass der Delphin zu uns kommt. Eine Gänsehaut überzieht mich, als der Delfin 20cm vor mir vorbei schwimmt! Und da kommen noch mehr: Drei Delfine und ein Junges! Fast eine halbe Stunde schwimmen sie um uns rum. Ein Erlebnis, das ich nicht so schnell vergesse!
Der Ironman rückt näher. Die großen Namen auf der Startliste (Yvonne van Vlerken, Liz Blatchfort, Liz Lyles und noch weitere fünf Ironman-Siegerinnen) machen mir ein weing Sorge. Würde ich da mithalten können? Mein Coach ist sich sicher – wenigstens einer von uns beiden! Und dann sind da noch die Haie. Wir müssen zwei Kilometer ins Meer raus schwimmen, in einer Bucht, in der immer wieder weiße(!) Haie gesichtet werden… Die Tage vor dem Start versuche ich mich immer wieder zu pushen. Ich sage mir, dass ich einfach nur mein Ding durchziehen muss und es wird ein erfolgreiches Rennen.
Dann ist es endlich so weit, die Anspannung passt, das mulmige Bauchgefühl ist da, wo es hingehört. Mein Name wird aufgerufen und ich reihe mich mit den anderen Mädels vor dem Meer auf. Noch ein paar Sekunden. Ich gehe in die Startstellung, das Horn dröhnt und wir stürmen ins Wasser. Sofort ist das mulmige Bauchgefühl weg, jetzt heißt es, gute Füße zu sichern, damit man etwas Wasserschatten abbekommt. Gut, das hätte ich geschafft. Da lässt die Vorderfrau auf einmal abreißen und die erste Gruppe ist weg. Dumm gelaufen, habe ich doch die falschen Füße gehabt. Naja, weiter kämpfen. Mit der zweiten Gruppe komme ich aus dem Wasser. Gefühlt sind die anderen schon eine Ewigkeit vor mir raus. Schnell den Neopren ausziehen und ab geht es aufs Rad. Mein Coach Jo steht an der Seite, etwas verdutzt und stottert was zusammen, dass ich vier Minuten auf die Spitze habe! Später sagt er mir, dass er noch lange nicht mit mir gerechnet hatte. Vier Minuten – das ist der Wahnsinn für mich! Endlich habe ich es geschafft! Sonst waren es immer sechs bis acht Minuten. Nun kann es los gehen. Mein Rad fliegt über den Asphalt. Von hinten kommt niemand näher und vor mir werden es immer weniger. Nach 60 Kilometern kann ich die Führung übernehmen! Ich bin begeistert: In diesem Feld mit so vielen Ironman-Siegerinnen fällt es mir so leicht, in Führung zu gehen! Wow! Nun brauche ich nur noch durchradeln. Aber irgendwie will mein Körper nicht mehr so wie ich. Meine Wattwerte gehen in den Keller und ich kann nichts dagegen machen. Alles nicht so schlimm, denke ich mir. Der Marathon kommt ja auch noch. Als zweite Frau steige ich vom Rad. Die ersten Schritte sind OK, nur dann macht meine Lunge immer mehr zu und ich bekomme kaum noch Luft. Ich drossle die Geschwindigkeit, aber auch das hilft nicht. Nun fange ich auch noch zu Husten an, mein ganzer Körper wird durchgeschüttelt. Weiter laufen und hoffen, dass es sich wieder gibt. Die Pausen zwischen den Hustenanfällen werden kürzer, ich muss gehen und bekomme trotzdem nicht richtig Luft. Das darf nicht wahr sein! Auch wenn die letzten Tage nicht optimal waren, habe ich mich nicht wirklich krank gefühlt. Aber es geht nicht anders. Coach Jo steht am Rand und hält mich an und sagt, dass ich krank ausschaue. Glasige Augen, Husten, schmerzende Lunge. Ich will den Ironman auf alle Fälle zu Ende bringen, egal was. Aber Jo besteht darauf, dass es keinen Sinn macht, die Gesundheit zu riskieren, das wichtigste Gut eines Leistungssportlers, und nimmt mich aus dem Rennen.
Ich bin sehr traurig. Alles lief perfekt zu Beginn des Rennens und dann ist mein Körper krank und schaltet einfach ab. Es ist etwas, was ich nicht ändern kann. Nach all den Wochen harten Trainings muss ich mir gerade jetzt einen Virus einfangen. Jammern hilft nichts, ich weiß, aber bis zu einem gewissen Grad tut es gut!
Noch ein Tag bleibt uns in diesem schönen Land mit seinen wirklich netten Leuten, dann geht es zurück ins kalte Deutschland. Vorweihnachtliche Familienbesuche, Lebkuchen und Stollen essen. Kurz vor Weihnachten fliegen wir zurück auf „unsere“ kleine Insel und werden für das nächste Rennen trainieren. Auch wenn es diesmal nicht so gut lief, eines habe ich gelernt: Ich bin endlich ganz vorne angekommen und kann mit viel Selbstvertrauen in neue Rennen gehen! Sogar Haie machen mir jetzt fast nichts mehr aus 😉