Die neue Cyclist bietet den Lesern von Velomotion in diesem Blog wöchentlich einen exklusiven Einblick in die tollen Inhalte des Magazins.
Beim nachfolgenden Test handelt es sich um einen Auszug aus einem Vergleichstest von fünf Rädern. Die anderen Testkandidaten sind das Scott CR120, das Orro Oxygen, das Lapierre Sensium 200CP und das Genesis Zero .2 – den kompletten Test findet ihr in der Ausgabe 2 der Cyclist, die ab dem 19. Februar am Kiosk steht oder hier bestellt bzw. abonniert werden kann: www.bpa-media.de
Cyclist Technik-Check: Mit dem CF hat Canyon einen verdienten Sieger entwickelt, der einen erstklassigen Rahmen mit einer für diese Preisklasse phänomenalen Ausstattung kombiniert.
Die wichtigste Lehre, die wir aus diesem Test ziehen, ist, dass 2.000 € mehr als genug sind, um sich ein Top-Rennrad zu holen. Ganz unabhängig von Ihrer Erfahrung oder Ihren Ambitionen, irgendwo da draußen ist ein Rad mit Ihrem Namen drauf. Das Canyon Endurace CF war in vielerlei Hinsicht das beste Rad im Test. Allein die Ausstattung wird viele ins Schwärmen bringen. Es ist ein Rad für jene, denen Komfort auf langen Touren wichtiger als Geschwindigkeit ist. Um ehrlich zu sein ist es die Art von Rennrad, die man heutzutage typischerweise mit Scheibenbremsen antrifft. Vielleicht kommt das als nächstes? Wir werden sehen. Sowohl das Lapierre als auch das Genesis und das Orro waren im Vergleich mit dem Canyon die vielseitigeren Rennräder. Möchten Sie Rennen fahren, so sind alle drei eine gute Wahl. Allerdings würde auch allen drei Rädern eine Aufrüstung gut tun – beim Lapierre und beim Genesis bessere Felgen und Reifen, beim Orro eine gerade Sattelstütze. Bleibt noch das Scott CR1. In einem anderen Testumfeld hätte das CR1 geglänzt, hier jedoch konnte es nicht mithalten. Insbesondere die schwachen Laufräder enttäuschten. Vielleicht am Interessantesten war, dass alle Räder eine ähnliche Oberrohrlänge hatten, sich aber dennoch in Puncto Größe sehr unterschiedlich anfühlten. Eine Erinnerung daran, dass der reine Wert selbst bei diesen Kampfpreisen nicht alles ist. Auch wenn Sie irgendwann alle Komponenten aufgrund von Anpassungen und Verschleiß ausgetauscht haben – der Rahmen bleibt bestehen. Und ein für den Fahrer passender Rahmen ist immer noch das Wichtigste, damit die Fahrt mit einem Rennrad Freude bereitet.
Über das Rad
Bedingt durch Canyons Direktvertrieb werden Kosten für Zwischenhändler und Filialen eingespart, was sich in sehr gut ausgestatteten Rädern in allen Sparten und bei sämtlichen Modellen widerspiegelt, nicht zuletzt auch bei den Rennrädern. Eine Entscheidung, die von den Käufern gut aufgenommen wurde und sich bewährt hat sowie dazu führte, dass Canyon in den letzten Jahren einen großen Teil des Marktes für sich gewinnen konnte. Mit dem letztjährigen Gewinn des Giro d’Italia durch Nairo Quintana auf einem Canyon gesellt sich dazu nun auch sportlicher Erfolg.
Rahmen
Auf den ersten Blick sieht das Endurace CF aus wie alle anderen Carbonrennräder von Canyon: die Form der Rohre wirkt vertraut und auch die dünne Sitzstrebe gibt es hier. Die Unterschiede finden sich zum Großteil in der Geometrie, denn das CF 8.0 hat eine höhere Front als Canyons rennlastigere Räder, wodurch man für längere Tage im Sattel eine aufrechtere Position hat. Dafür hat Canyon u.a. eine längere Gabel verbaut, was zum einen besser aussieht, als wenn man einfach nur ein extra großes Steuerrohr verwendet hätte, zum anderen erhöht es die Freiheit der Reifenwahl – auch sehr komfortable Reifen mit mehr als 30 mm Breite bereiten keine Probleme. Canyon verwendet ein konisches Steuerrohr, wodurch die Drehkräfte besser absorbiert und die Steifigkeit verbessert wird. Der Steuersatz ist oben mit 1 1⁄4 Zoll jedoch breiter als die üblicheren 1 1⁄8 Zoll – eine weitere Maßnahme zur Optimierung der Steifigkeit. Sollten Sie also ein anderes Setup wünschen, müssten Sie sich einen 1 1⁄4-Vorbau besorgen. Anstelle des traditionellen Ahead-Steuersatzes mit einer oben sitzenden Einstellschraube an der Steuersatzkappe verwendet Canyon ein Acros-i-Lock-Design, bei dem die Justierung an der Seite über eine Torx-T6-Madenschraube vorgenommen wird, was ehrlich gesagt ganz schön nervig ist. Aber immerhin wird so Gewicht gespart, da keine Kralle innen im Gabelschaft steckt.
Komponenten
Das breitere Steuerrohr schränkt die Auswahl der Vorbauten ein. Canyon hat bei unserem Endurace 8.0 einen 100 mm langen Ritchey WCS-Vorbau verwendet, welchen man mit einem Winkel von plus oder minus 6 ° nutzen kann. Möchte man eine deutliche flachere Haltung, so wird es schwierig werden, Vorbauten mit größerem Negativwinkel in diesem Format zu finden. Offiziell fertigt Ritchey den Vorbau nur mit diesem Winkel (auch wenn einige Profis auf einem Canyon mit minus 17-Grad-Vorbauten unterwegs sind) und Giant hat einen mit +8/-8 im Angebot.
Allerdings ist es möglich, längere Vorbauten bei Canyon zu erwerben und den hoch bauenden Acros-Steuersatz gegen einen flacheren auszutauschen. Der Ritchey WCS EVO Curve-Lenker hat eine angenehme Unterlenkerform, der voluminöse Oberlenker wird allerdings nicht jedem gefallen, insbesondere nicht Fahrern mit kleinen Händen. Traditionellere Ritchey-Lenker, wie beispielsweise jener, der am Lapierre verbaut ist, fahren sich auf der Straße angenehmer. Auch Sattelstützen können viel dazu beitragen, ein Rad komfortabler zu machen. Canyon geht hier einen Schritt weiter als die meisten Hersteller und stattet das Endurace mit einer eigenen VCLS-Sattelstütze aus (Vertical Compliant, Laterally Stiff – sprich elastische vertikale Verformung kombiniert mit erhöhter Seitensteifigkeit), die aus zwei Blattfedern besteht. Die Einstellung ist umständlich, da zur Anpassung des Sattelwinkels die ganze Stütze herausgenommen werden muss, was bei unserer ersten Fahrt bestimmt drei bis viermal gemacht werden musste. Stellen Sie sicher, dass anschließend auch alles festgezogen ist, oder rechnen Sie wie bei uns mit einigen besorgniserregenden Geräuschen, sobald Sie über eine Bodenwelle fahren. Die standardmäßig ausgelieferte Sattelstütze des Endurace CF hat eine Kröpfung und ein Setback von -2/10 mm. Für ca. 22 € mehr kann man die Sattelstütze gegen eine mit einem Setback von -13/25 mm austauschen.
Laufräder
Der Laufradsatz des CF 8.0 ist möglicherweise der beeindruckendste Teil des Gesamtpakets. Es ist an sich schon schwer, solch gute Reifen wie die Continental GP4000S an irgendeinem Serienrad zu finden, ganz zu schweigen von dieser Preisklasse. Der Pneu ist ein perfekter Allrounder mit gutem Grip in Kurven und einem tollen Fahrgefühl. Die DT Swiss R24 Spline-Felgen würden wir normalerweise als Upgrade empfehlen, hier sind sie jedoch bereits im Paket enthalten. Mit angegebenen 1.735 g für das Set sind sie zwar nicht gerade leicht, allerdings ist die Nabe gut, die Speichenspannung sowohl hoch als auch gleichmäßig und die breiten Felgen geben den Reifen ein rundes Profil. Wir sind stark versucht zu empfehlen, diesen Laufradsatz eher für wichtige Fahrten zurückzuhalten und nicht tagtäglich zu nutzen.
Fahrgefühl
Das CF 8.0 verkörpert die Vor- und Nachteile des Direktvertriebs bestens. Die Ausstattung ist unfassbar gut, weniger gut ist jedoch die Sitzposition. Einige werden nochmal nachjustieren müssen, was sich für Anfänger als Problem herausstellen könnte. Sowohl Vorbau als auch Sattelstütze sind dafür Paradebeispiele: In einem herkömmlichen Fahrradgeschäft würden beide normalerweise eingestellt oder ausgetauscht werden, damit das Rad auch wirklich zum Fahrer passt, bevor dieser sich erstmals auf die Straße wagt. Falls Sie ein Neuling des Rennradsports sind, aber gerne dieses Rad Ihr Eigen nennen würden, sollten Sie ein wenig Geld zur Seite legen, um ein professionelles Bike-Fitting durchführen zu lassen. Auf lange Sicht ist dies eine gute Investition.
Auf der Straße fährt das Endurace CF schnell und komfortabel und damit genau so, wie es sollte. Da die Front relativ hoch ist, sind wir oft in Unterlenkerposition gefahren. Wir hatten befürchtet, dass sich das Rad dadurch auf schnellen Abfahrten unkontrollierbar anfühlen würde, was sich jedoch nicht bewahrheitete. An Anstiegen macht sich die aufrechtere Haltung zudem positiv bemerkbar. In den richtigen Händen ist das Endurace CF ein großartiges Rennrad – leicht, steif, komfortabel und vielseitig. Unsere einzige Befürchtung ist, dass die Ausstattung zu verlockend für Fahrer sein könnte, die anderswo besser bedient wären. Sprich für jene, die noch Anfänger sind, oder aber für solche, die Rennen fahren möchten.