Radsport: Caleb Ewan hat die Cyclassics Hamburg 2016 gewonnen. Nach einem packenden und abwechslungsreichen Rennen setzte sich der Australier in einem turbulenten Finale gegen John Degenkolb (Giant-Alpecin) und Giacomo Nizzolo (Trek-Segafredo) durch. Eine starke Ausreißergruppe hatte den Sprintern bei wechselhaften Bedingungen beinahe ein Schnippchen geschlagen, war jedoch kurz vor Rennende doch noch eingeholt worden. In einem sturzbedingt chaotischen Finale kam zwar Nacer Bouhanni (Cofidis) als erster ins Ziel, doch der Franzose hatte im Sprint Caleb Ewan abgedränkt und wurde im Anschluss an das Rennen auf Rang 27 strafversetzt.
Die Cyclassics in Hamburg genossen in den vergangenen Jahren bereits einen exzellenten Ruf unter den Sprintern im Peloton. In diesem Jahr stieg die Bedeutung des deutschen Eintagesrennens noch weiter, da es eine der letzten Gelegenheiten für die Sprinter ist, sich vor der Straßen-WM in Doha im Oktober mit der hochkarätigen Konkurrenz zu messen. Dies gilt umso mehr für die deutschen Fahrer, da die Kapitänsfrage für die WM im Vorfeld nicht geklärt war und mit Marcel Kittel, André Greipel und auch die wiedererstarkten John Degenkolb drei mögliche Kandidaten bereit standen, die Mannschaft in Doha zu führen. Im Anschluss an das heutige Rennen soll die Kapitänsfrage jedoch endgültig geklärt werden.
Der heutige Tag in Hamburg begann für die Fahrer mit wechselhaften Bedingungen: Immer wieder unterbrachen kurze, teils heftige Regenschauer den spätsommerlichen Sonnenschein im Norden Deutschlands und sorgten für einen schwierigen, teils nur schwer einzuschätzenden Straßenbelag. Nichtsdestotrotz gelang es schon früh im Rennen einer sechsköpfigen Gruppe, sich vom Feld abzusetzen. Mit von der Partie waren unter anderem Lukas Pöstlberger (Bora-Argon 18), Matteo Montaguti (AG2R La Mondiale) und Alessandro De Marchi (BMC), deren Vorsprung schnell auf über zwei Minuten anwuchs.
Auch wenn es das Hauptfeld in der Folge durchaus ruhig angehen ließ, zeigte sich immer wieder, wer im Fall der Fälle die Zügel in den Händen hielt: Vor allem Giant-Alpecin zeigte sich häufig an der Spitze, auch Lotto Soudal und Trek-Segafredo unterstrichen ihre Ansprüche. Etwas überraschend hielt man sich jedoch seitens Etixx – Quick-Step eher zurück. Als schließlich die 50km-Marke fiel, zogen die Verfolger das Tempo schließlich an: Wieder war es vor allem Giant-Alpecin, das ordentlich Druck auf die Ausreißergruppe machte. Der Vorsprung schmolz mit jedem gefahrenen Kilometer und es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis die tapferen Spitzenreiter kassiert werden würden. Etwas weniger als 20km vor dem Ziel ereignete sich dann jedoch an der Spitze des Hauptfeldes ein Sturz, der die bis dahin sehr gute Verfolgungsarbeit völlig zerschlug und den schwächelnden Fahrern in der Fluchtgruppe erneut Mut machte.
Der Vorsprung pendelte sich in der Folge bei ungefähr einer Minute ein und man hatte an der Spitze des Feldes sichtlich Probleme, die Nachführarbeit zu organisieren. Erst als die finalen 10km anbrachen, wurde es wieder ungemütlich für die vier verbliebenen Spitzenreiter. Beinahe alle Teams begannen nun Tempo zu machen und der Druck aus dem Feld wurde immer größer. Vor allem die australische Mannschaft von Orica-BikeExchange war es nun, die den Takt vorgab. Folgerichtig schrumpfte die Lücke auch innerhalb kürzester Zeit auf weniger als 30 Sekunden zusammen – der Widerstand des Führungsquartetts schien gebrochen und alles schien seinen erwarteten Verlauf zu nehmen – doch es kam anders.
Als 1.000m vor dem Ziel das Feld die Ausreißer fast gestellt hatte, ereignete sich in einer Rechtskurve um ein Haar ein Sturz im vorderen Drittel – auch wenn keiner der Fahrer zu Boden ging, war der Rythmus dahin und die Ausreißer witterten erneut ihre Chance. Mit einem allerletzten Kraftakt gelang es dem Feld schließlich doch noch, aufzuschließen – wenige hundert Meter vor dem Ziel. In dieser Hektik ereignete sich jedoch auf der noch immer regennassen Fahrbahn ganz vorn ein Sturz, der für völliges Chaos sorgte und zahlreiche Fahrer auf den Asphalt beförderte. Geordnete Sprintzüge gab es damit keine mehr und Giacomo Nizzolo (Trek-Segafredo) eröffnete den Sprint früh – zu früh. Auch Nacer Bouhanni (Cofidis), John Degenkolb (Giant-Alpecin) und Caleb Ewan (Orica-BikeExchange) hatten das Chaos hinter sich lassen können; Nacer Bouhanni setzte zu seinem berühmt-berüchtigt kompromisslosen Sprint an und drängte dabei Caleb Ewan ab. Zwar rollte der Franzose als erster ins Ziel, doch nach Rennende wurde er von den Rennkommissaren auf Grund seiner Aktion ans Ende der Gruppe versetzt – das bedeutet Rang 27 für den Cofidis Profi. John Degenkolb musste sich nur um Haaresbreite dem Sieger von Orica-BikeExchange geschlagen geben, unterstreicht jedoch, dass er wieder zurück bei alter Stärke ist.
Endergebnis Cyclassics Hamburg
Platz | Fahrer | Land | Team | Zeit |
---|---|---|---|---|
1. | Caleb Ewan | Australien | Orica-BikeExchange | |
2. | John Degenkolb | Deutschland | Giant-Alpecin | |
3. | Giacomo Nizzolo | Italien | Trek-Segafredo | |
4. | Danny van Poppel | Niederlande | Team Sky | |
5. | Alexander Kristoff | Norwegen | Katusha | |
6. | Dylan Groenewegen | Niederlande | LottoNL-Jumbo | |
7. | Mark Renshaw | Großbritannien | Dimension Data | |
8. | Sandre Hols Enger | Norwegen | IAM Cycling | |
9. | Matteo Trentin | Italien | Etixx - Quick-Step | |
10. | André Greipel | Deutschland | Lotto Soudal |