Radsport: Am Samstag startet die Vuelta. Es ist an der Zeit, sich die Deutschen, Österreicher und Schweizer einmal genauer anzuschauen. Schließlich gab es beim Giro d’Italia im Mai sieben deutsche Tagessiege und im Juli bei der Tour de France zwei an der Zahl. Wird es auch in Spanien Grund zum Jubeln geben?
Kaum deutschsprachige Siegfahrer am Start
Durch die jüngsten Erfolge beim Giro und der Tour sind die deutschen Radsportfans natürlich erfolgsverwöhnt. Auch in den letztjährigen Austragungen der Vuelta konnten die deutschen Fahrer glänzen: In den vergangenen fünf Jahren gab es immerhin 13 Etappensiege. Ernüchterung tritt jedoch dann ein, wenn wir feststellen, dass dafür lediglich drei Fahrer verantwortlich waren: John Degenkolb, Tony Martin und Marcel Kittel. Keiner dieser drei wird in diesem Jahr am Start stehen. Können die deutschen Fahrer dennoch für Erfolge sorgen? Oder die Österreicher und Schweizer? Schließlich fehlen auch die beiden letzten erfolgreichen Schweizer – Fabian Cancellara und Michael Albasini. Und die Österreicher haben schon seit Generationen bei der Vuelta nichts mehr gerissen. Ein Grund den Kopf in den Sand zu stecken? Mit Sicherheit nicht, denn genau in solchen Situationen können die bisher noch eher unbekannteren Fahrer in den Fokus Rücken. Sieben Deutsche, fünf Schweizer und drei Österreicher hoffen auf einen Tageserfolg.
Deutschland: Ein Sprinter, fünf Etappenjäger und ein Helfer
Das größte deutsche Aufgebot bringt das Team Bora-Argon 18 an den Start. Mit Silvio Herklotz, Christoph Pfingsten, Michael Schwarzmann und Rüdiger Selig wird man aber letztendlich weder in den Massensprints noch im Hochgebirge für Etappensiege sorgen können. Wie schon bei der Tour de France werden sie der Abteilung Attacke zugeordnet werden. In zahlreichen Ausreißversuchen geht es um den einen großen Etappensieg. Schade, dass Domenic Nerz auch bei der Vuelta nicht am Start stehen wird, denn er wäre ein Kandidat für die Top 20 in der Gesamtwertung gewesen. Da es nun aber keinen klaren Kapitän im Team gibt, werden die Freiheiten noch größer sein als sowieso schon. Während Herklotz auf hügeligen Etappen eher sein Heil in der Flucht suchen wird, können Selig und Schwarzmann im Flachen aus einer Gruppe heraus durchaus die Schnellsten sein. Christian Knees vom Team Sky und Johannes Fröhlinger vom Team Giant-Alpecin werden eher nur Helferdienste leisten müssen. Schließlich sind ihre Kapitäne keine geringeren als Chris Froome (Sky) bzw. Warren Barguil (Giant-Alpecin). In der Ebene wird man beim zweiten deutschen Team aber durchaus für einen echten Siegkandidaten aus dem eigenen Lande fahren: Nikias Arndt darf sich berechtigte Hoffnungen auf einen Etappensieg machen, da die Konkurrenz im Sprint überschaulich ist und er bereits beim Giro d’Italia in diesem Jahr ein Teilstück gewinnen konnte.
Schweiz: Ein Klassementfahrer und vier Helfer
In der Schweiz ruhen die Hoffnungen vor allem auf Mathias Frank. Der 29-Jährige wurde im vergangenen Jahr Achter bei der Tour de France. In diesem Jahr musste er auf der 14. Etappe aufgeben, spielte bis dahin aber keine Rolle in der Gesamtwertung. Dies soll nun bei der Vuelta anders werden, schließlich wird es die letzte Grand Tour des Teams IAM sein. Ihm zur Seite stehen unter anderem zwei Schweizer als Helfer: Simon Pellaud und Marcel Wyss. Pellaud fuhr im vergangenen Jahr seine erste Vuelta und bisher einzige große Landesrundfahrt. Vom 23-Jährigen sollten wir nicht mehr als Helferdienste erwarten. Hingegen Marcel Wyss kann bei entsprechenden Freiheiten auf einer hügeligen oder bergigen Etappe durchaus für einen Tageserfolg sorgen. So oder so wird er seinen Kapitän Mathias Frank im Gebirge unterstützen können. Sein Bruder Danilo Wyss ist ebenfalls am Start – jedoch für das Team BMC. Er fühlt sich eher im Flachen Zuhause und wird bei den wenigen Sprintankünften sicherlich vorn mit reinhalten. Sein Teamkollege Silvan Dillier komplettiert das Schweizer Aufgebot. Er wird vor allem für seinen Kapitän Tejay Van Garderen in den Bergen arbeiten müssen.
Österreich: Zwei Etappenjäger und ein Helfer
In diesem Jahr stehen nur drei Österreicher am Start. Zumindest einer von ihnen hat aber durchaus realistische Chancen auf einen Erfolg: Riccardo Zoidl vom Team Trek könnte eventuell sogar auf das Gesamtklassement fahren. Falls nicht, wird er im Gebirge in Gruppen gehen und auf einen Etappensieg fahren. Freiheiten dürfte er bekommen, da keine klare Kapitänsrolle in der Mannschaft vergeben wurde. Diese wurde im Team Tinkoff jedoch klar an Alberto Contador vergeben, für den der Österreicher Michael Gogl wird arbeiten müssen. Freiheiten ihm zuliebe sind wohl kaum zu erwarten. Von Gregor Mühlberger wissen wir alle ziemlich wenig. Der gerade mal 22-Jährige vom Team Bora-Argon 18 könnte uns bei den ihm zur Verfügung stehenden Freiheiten in der Mannschaft aber durchaus überraschen und erstmals auf sich aufmerksam machen.