Radsport: Die Tour de France 2017 ist zu Ende. Die wichtigste Grand Tour des Jahres hat den Profis mit 3.500 Kilometern und einer Fahrzeit von über 80 Stunden alles abverlangt. Die Zuschauer bekamen viele Stürze, Triumphe & Tragödien sowie knappe Resultate zu sehen. Dennoch war hin und wieder von Langeweile die Rede. Oder täuscht der Eindruck? Eure Meinung ist gefragt: Wie fällt euer Resümee zur 104. Tour de France aus?
Knappe Entscheidung um Gelb – aber ohne Spannung?
Eines kann man der diesjährigen Tour de France sicher nicht vorwerfen: Mangelnde Spannung! Oder etwa doch? Die reinen Zahlen sprechen von einem spannenden Kampf um das Gelbe Trikot. Chris Froome (Sky) ging in den vorletzten Tag mit einen Vorsprung von nur 29 Sekunden auf den Drittplatzierten. Nach dem Zeitfahren waren es dann knapp über drei Minuten auf den Fünften. In den Jahren zuvor waren die Abstände bei der Tour de France immer deutlich größer. Dank der Zeitfahrqualitäten von Chris Froome hatten die Experten aber nie ernsthafte Zweifel an seinem vierten Toursieg – und das, obwohl in diesem Jahr enorm wenige Zeitfahrkilometer anstanden. Berücksichtigen wir die insgesamt 36,5 Kilometer von Düsseldorf und Marseille nicht, ergibt sich plötzlich eine völlig andere Gesamtwertung: Rigoberto Uran (Cannondale-Drapac) hätte knapp vor Romain Bardet (Ag2r) triumphiert. Chris Froome wäre lediglich Dritter geworden.
Tour de France 2017: Die Gesamtwertung ohne Zeitfahren
Platz | Fahrer | Land | Team | Zeit |
---|---|---|---|---|
1. | Rigoberto Uran | Kolumbien | Cannondale-Drapac | |
2. | Romain Bardet | Frankreich | Ag2r | +0:06 |
3. | Chris Froome | Großbritannien | Sky | +0:22 |
4. | Mikel Landa | Spanien | Sky | +1:03 |
5. | Fabio Aru | Italien | Astana | +1:37 |
Langweilige Flachetappen & Ausreißer ohne Chance
Neben der Dominanz im Zeitfahren von Chris Froome konnten die Zuschauer bei der Tour de France einen weiteren unschlagbaren Fahrer bei der Arbeit bewundern: Marcel Kittel (Quick-Step Floors) sicherte sich fünf Etappensiege. Es wären wohl noch mehr geworden, hätte der Deutsche nach einem Sturz nicht aufgeben müssen. Spannung sieht anders aus, auch wenn es auf der 7. Etappe gegen Edvald Boasson Hagen (Dimension Data) nur um sechs Millimeter ging. Noch mehr Langeweile gab es aber vor dem Massensprint zu überstehen, denn auf Flachetappen waren die Ausreißer fast durchweg chancenlos. Wer sich noch nicht für Radsport interessiert, der wird bei solchen Etappen wohl sehr schnell wieder abschalten. Als Werbung für den Sport kann ein solches Rennen nicht bezeichnet werden. Dennoch wurden diese Teilstücke in voller Länge übertragen. Das positive Resultat: Die Einschaltquoten zeigen einen klaren Aufwärtstrend! Jammern wir also einfach nur auf hohem Niveau?
Sind Stürze & Skandale interessanter als das Rennen?
Warren Barguil (Sunweb) hat sich das Bergtrikot relativ leicht sichern können. Durch seine beeindruckenden Leistungen auf mehreren Bergetappen war sein Triumph aber auch absolut verdient. Thomas De Gendt (Lotto Soudal) hat mehrfach versucht, den Franzosen herauszufordern. Ein Hohn ist dann jedoch die Entscheidung, Barguil als kämpferischsten Fahrer auszuzeichnen. De Gendt schlich sich neunmal in die Spitzengruppe und legte mit Abstand die meisten Kilometer als Ausreißer zurück. Das war nicht die einzige Einscheidung, die von der Jury der Tour de France als fragwürdig bezeichnet werden kann. Die Disqualifikation von Peter Sagan (Bora-hansgrohe) hat bei einigen Radsportfans für Empörung gesorgt. Auch das Verhängen von Zeitstrafen und die anschließende Zurücknahme der Strafen stellten die Jury in kein gutes Licht. Doch auch die Radsportfans selbst müssen sich hinterfragen, wieso sie sich für solche Nebenschauplätze mehr interessieren, als für das Rennen an sich.
Eure Meinung ist gefragt: Mögliche Änderungen für mehr Spannung
Ganz egal, ob die Tour de France nun spannend oder langweilig war: Schaden kann es nie, wenn sich eine Sportart weiterentwickelt. Auch der Radsport sollte daher an sich arbeiten, denn er unterscheidet sich massiv von allen anderen Sportarten. Die enorme Zeit, die eine gesamte Etappe in Anspruch nimmt, könnte zum Beispiel reduziert werden. Man könnte künftig kürzere Etappen planen. Die Erfahrung hat sowieso gezeigt, dass kurze Bergetappen spannender sind. Immer mal wieder in den Raum geworfen wird das Verbieten des Funks. Dies soll dafür sorgen, dass die Teams das Rennen nicht mehr auf die Sekunde vorausplanen können. Auch kleinere Mannschaften oder das Weglassen von Board-Computern direkt am Fahrrad werden bei vielen Fans diskutiert. Es gibt also zahlreiche Ideen. Welche Vorschläge für potentielle Änderungen fallen euch ein? Wir freuen uns auf interessante Diskussionen auf Facebook, Twitter und natürlich auch direkt auf unserer Webseite unter dem Artikel.
tabula-raser.de says
Betrachtet man die Entstehung der Tour, erkennt man, warum sie so ist, wie sie ist.Sie dient der Auflagensteigerung der Presse und dem Profit. Darum bleibt sie, wie sie ist, ungerechte Entscheidungen, Dramen, zu harte Etappen, darüber diskutieren die Konsumenten. Auch dieses Forum. Wer es mag, macht mit, wer nicht, schaut viellei ht in Zukunft Synchronschwimmen.
Erik says
ich bin der Meinung der Knopf im Ohr muss wech !!!
fand es auch sehr langweilig.
Als Rennrad begeisterten schau die Tour zwar an denn es wird viel von Frankreich gezeigt und kommentiert.
demalev says
Ich verfolge die Tour sowie auch andere Rennen schon seit Jahren und fahre selber Rennrad. So war es selbstverständlich, dass ich und meine Frau die Tour in Düsseldorf und Aachen live anschauen gingen. Wann hat man schon mal diese Gelegenheit? Generell muss man sich einmal die Frage stellen, wie ein Fahrer die Tour gewinnen kann, ohne eine einzige Etappe gewonnen zu haben und sich zudem nur in seinem Team versteckt und diese Fahrer die Arbeit machen lässt. Vielleicht sollte man wieder dahin zurück wie die Tour einmal angefangen hat, unter allen Fahrern werden nach Zieleinlauf Punkte verteilt und derjenige mit dem meisten Punkten gewinnt die Tour. Der Ausschluss von Sagan war und ist ein Skandal. Sämtliche Fachleute, Fahrer und Fachpresse sind sich hier einig, das dieser Ausschluss nicht gerechtfertigt war. Ansonsten schließe ich mich Erik an, schöne Bilder und unterhaltsame Kommentare…leider ist die Tour schon wieder vorbei. Grüße. Aus Leverkusen.
Wolfgang says
Fahrer wie Froome verlassen sich nur mehr auf Zahlen und den Mann im Ohr, genau das macht Etappen auch so langweilig. Weg mit dem Funk dann wirds auch für die Zuschauer wieder spannender. Nicht Froome hat die Tour gewonnen sondern Sky …. 😉
Winni says
Das Rennen wird aber auch von den Team gemacht…
Meiner Meinung nach hätte die Tour im Kampf um Gelb noch spannender werden können, wenn Fahrer/Teams mutiger auftreten würden. Halbgare Angriffe, zu viel Respekt. Bardet und Uran hätten Froome an 1-2 Stellen richtig attackieren können, dafür hat ihnen aber das Selbstvertrauen oder was auch immer gefehlt. Bin gespannt, was passiert wäre, wenn Porte (mit einem starken Caruso als Helfer) und Valverde auch noch mitgemischt hätten.
Insgesamt denke ich, dass die Froome-Dominanz mehr und mehr abnimmt. Vielleicht ist Quintana nächstes Jahr wieder auf der Höhe, Bardet wird stärker, Dumoulin könnte die Tour angreifen. Bin gespannt auf nächstes Jahr, jedoch wird es sicherlich nicht nochmal so wenige ZF-km geben….
Dennoch wäre das Abschalten des Funks einen Versuch wert. Sowohl fürs Gesamtklassement als auch die Flachen- und Mittelschweren Etappen würde sich ne ganze Menge ändern.
Tom says
Es ist wie im Fußball: ist man nicht Bayern Fan, könnte man eigentlich darauf verzichten, die Spiele anzusehen. Ähnlich ist / war es in der Formel Eins: ich war nie Fan von Schuhmacher und trotzdem habe ich mir die Rennen angeschaut.
Für mich ist die Tour nicht nur das gelbe Trikot. Die spannenden Sachen finden an mehreren Orten statt, jeder einzelne im Tour-Tross trägt seinen Teil dazu bei. Deshalb ist für mich auch eine kompetente Berichterstattung mit Hintergrund-Infos enorm wichtig. Ich bin mir gar nicht sicher, ob man viel ändern soll und ob es spannender wird, wenn noch mehr reglementiert wird. Wer das Geld hat gewinnt, wie im Fußball so auch in der Formel Eins und halt leider auch an der Tour. Ich freue mich trotzdem schon auf die nächste Ausgabe!
w.pichlmaier@gmail.com says
Das Mannschaftteam sollte halbiert werden. Somit hat der Leader keine Möglichkeit mehr, sich dauerhaft zu verstecken und muß auf jedem Gelände seine Fähigkeiten beweisen. Diese Regelung brächte mehr Abwechslung, Spannung, mehr Führungswechsel.