Test / E-Bike: Mit dem Performance Line SX stellt Bosch seinen ersten leichten Mittelmotor vor. Bei einem Gewicht von rund zwei Kilogramm bringt er ein maximales Drehmoment von 55 Nm und eine maximale Leistung von beeindruckenden 600 Watt. Ihm zur Seite steht mit dem CompactTube 400 ein neuer Akku und ein optionaler Range Extender mit weiteren 250 Wh. Wir konnten den Antrieb bereits ausführlich testen, die Leistungsdaten auf dem Prüfstand nachmessen und erste Erfahrungen auf dem Trail sammeln.
Eckdaten Bosch Performance SX
Gewicht: 2,0 kg
Max. Drehmoment: 55 Nm
Max. Leistung: 600 Watt
Akkukapazität: ab 400 Wh
Man konnte sich durchaus die Frage stellen, wie lange es wohl dauern mag, bis eines der großen E-Bike Schwergewichte mit in den Ring steigt, wenn es um das Thema leichte E-Bikes geht. Heute ist es mit dem Bosch Performance SX so weit. Mit rund zwei Kilogramm Gewicht für die Motoreinheit liegt man zwar knapp 100 g über den direkten Mitbewerbern von Fazua, TQ oder Specialized, ist aber dennoch deutlich leichter unterwegs als reguläre Mittelmotoren, die meist um 2,9 kg auf die Waage bringen.
Das geringe Gewicht sieht man dem Motor zumindest von der Seite nicht unbedingt an – denn er ist doch deutlich größer als viele Light-Assist Antriebe auf dem Markt derzeit. Laut Bosch liegt das daran, dass das Getriebe im Inneren so dimensioniert ist, dass der Elektromotor selbst keine hohe Drehzahl benötigt. Damit möchte man eine möglichst angenehme, leise Geräuschkulisse bewerkstelligen. Deutlich kompakter ist der Motor bei seiner Breite: Mit einem Q-Faktor von 160 mm ist er hier einer der schmalsten Vertreter.
Bosch selbst sieht den Motor natürlich insbesondere im derzeit so beliebten Segment der Light E-MTBs. Darüber hinaus hat man jedoch auch E-Urban und E-Gravelbikes im Blick. Vor allem auf Letztere legt man besonders viel Wert und spendiert dem Antrieb dafür sogar an ausgewählten Rädern die neue Unterstützungsstufe Sprint (im Display: SPRNT). Hier ist die Ausgabeleistung noch stärker an die Trittfrequenz gekoppelt, um den Fahrer zum Treten zu animieren. Ebenso wurde die Mini Remote in einer speziellen Version an den Rennlenker angepasst.
Kombination mit neuem CompactTube 400 Akku und Range Extender
Bei den allermeisten Bikes dürfte der Bosch Performance SX mit dem ebenfalls neuen CompactTube 400 Akku kombiniert werden. Wie seine Bezeichnung bereits vermuten lässt fasst dieser 400 Wh und fällt sehr viel kleiner und leichter aus als die bekannten PowerTube Energiespeicher. Mit einem Gewicht von ca. zwei Kilogramm ist er mehr als doppelt so leicht als ein PowerTube 750 – trotz seiner Kapazität. Möglich machen das neue Zellen im Inneren, die auch seine kompakten Abmessungen ermöglichen. So sind künftig auch für Bosch E-Bikes kompakte Rahmendesigns mit schlanken Unterrohren möglich. Ob der Akku aus dem Rahmen entnommen werden kann, obliegt dabei dem jeweiligen Fahrradhersteller.
Auf Nachfrage gibt Bosch außerdem an, dass der CompactTube 400 Akku auch mit den bestehenden Antrieben im Smart System kompatibel ist. So stünde beispielsweise auch einem kräftigen E-MTB mit CX Motor aber leichtem, kompakten Akku nichts im Wege. Ebenso ist es möglich, den leichten SX Motor mit größeren Akkus mit mehr Kapazität zu kombinieren. Alternativ kann man auch auf den neuen PowerMore 250 Zusatzakku zurückgreifen. Damit gibt es erstmals im Bosch E-Bike Portfolio einen echten Range Extender. Bei 250 Wh Kapazität bringt er 1,6 kg auf die Waage und lässt sich dank kompakter Abmessungen auf dem Unterrohr montieren. Der Anschluss erfolgt per Kabel am Ladeport des jeweiligen E-Bikes.
Bosch E-Bike 2024: SX Antrieb, leichte Akkus und neue Displays
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Als Teil des Smart Systems ist der Bosch SX mit allen Displays und Bedienteilen kompatibel. In den meisten Fällen dürfte er mit der minimalistischen Kombination aus System Controller im Oberrohr und Mini Remote am Lenker verbaut werden. Als weitere Option ist nun auch das Purion 200 erhältlich; das kombinierte Bedienteil aus Remote und Display könnte eine sehr gute Alternative für diejenigen sein, die z.B. nicht auf eine Akkuanzeige in Prozent verzichten möchten. Natürlich lassen sich auch problemlos die großen Kiox Displays und selbst das Intuvia 100 koppeln.
Den Leistungsangaben auf der Spur: Wirklich so stark wie der Bosch CX?
Die Leistungsdaten des neuen Antriebs lesen sich im ersten Moment vielversprechend, werfen jedoch einige Fragen auf. So gibt Bosch ein maximales Drehmoment von 55 Nm an. Damit liegt der Bosch Performance SX ungefähr auf dem Niveau anderer Light-Assist-Vertreter. Gleichzeitig soll die neue Antriebseinheit der Schwaben jedoch bis zu 600 W Leistung bringen. Zur Einordnung: Damit läge der Bosch SX quasi auf dem Niveau des Bosch CX und anderer ähnlich kräftiger Mittelmotoren. Um diese Leistung zu erreichen, müssen die Rahmenbedingungen jedoch stimmen wie beispielsweise die Trittfrequenz.
Um dieser im ersten Moment fast schon widersprüchlichen Leistungsangabe auf den Grund zu gehen, waren wir mit dem Bosch Performance SX auch wieder bei PTlabs auf dem Prüfstand. Hierfür hatte uns M1 Sporttechnik ein nagelneues M1.EN.400.SX zu Verfügung gestellt – ein großes Dankeschön dafür an dieser Stelle.
Bosch SX: Beeindruckende Maximalleistung
In unserer regulären Messung für die Maximalleistung geben wir über mehrere Minuten 250 W Eingangsleistung auf die Kurbel, halten die Kadenz im Bereich zwischen 75 und 80 und messen dann die abgegebene Leistung am Hinterrad. Hier kommen beim Bosch SX 538 Watt auf der Messtrommel an. Damit liegt der neue Light-Assist Motor an der Spitze unseres Testfelds mit leichten Antrieben, zum EP8 RS und zum Fazua Ride 60 (ohne Turbo) sind es jedoch nur wenige Watt Unterschied. Bereinigt von der Verlustleistung des Systems kommen wir auf eine reine Motorleistung von ca. 350 Watt. Weit entfernt von den 600 Watt, die Bosch selbst angibt.
Nach Rücksprache mit Bosch wird auch klar, woher dieser große Leistungsunterschied kommt. Die Software des Bosch Performance SX ist so ausgelegt, dass der Motor seine Maximalleistung nur dann abgibt, wenn diese wirklich benötigt wird. Es handelt sich sozusagen um einen automatisch ausgelösten Turbo. Um ein solches Szenario auf dem Prüfstand zu simulieren, starten wir eine neue Messung und geben zunächst für einige Minuten nur ca. 100 Watt auf die Kurbel. Dann erhöhen wir diese innerhalb weniger Sekunden auf 250 Watt. So messen wir dann schon eine Leistung am Hinterrad von 580 Watt. Rund 10% mehr als in unserer Standardmessung, doch von den versprochenen 600 Watt sind wir noch immer weit entfernt.
Hier kommt nun die Drehmomentangabe ins Spiel. Denn trotz der hohen angegeben Maximalleistung schafft der Bosch SX nur 55 Nm. Möchte man also eine hohe Leistung, muss zwangsläufig auch die Trittfrequenz erhöht werden. Entsprechend wiederholen wir unsere Messung ein drittes Mal. Nach der „Einlaufphase“ mit rund 100 Watt an der Kurbel und einer Kadenz von ca. 80 erhöhen wir jedoch nicht nur die Eingangsleistung auf 250 Watt, sondern wechseln auch in einen leichteren Gang. Siehe da: Wir landen bei einer Kadenz von 110 und einer Leistung von beeindruckenden 729 Watt. Angespornt von diesem Erfolg versuchen wir unser Glück noch ein weiteres Mal, legen aber einen noch leichteren Gang ein. Bei einer Kadenz von 130 kommen dann schließlich 756 Watt auf dem Untergrund an. Bereinigt von der Verlustleistung kommen wir so auf eine reine Motorleistung von ca. 580 Watt. Na also – geht doch!
Ist der Bosch Performance SX damit also genau so kräftig wie ein Bosch CX? Ganz so einfach kann man diese Frage nicht beantworten. Wie wir gesehen haben, müssen die Bedingungen für das Erreichen der Maximalleistung stimmen. Eine Kadenz von über 100 bei einer Fahrerleistung von 250 Watt verlangt nach viel Power in den Beinen. Ein „normaler“ Mittelmotor erreicht ähnliche Leistungswerte bei weniger Anstrengung und Muskelkraft. Zudem konnten wir beobachten, dass der Bosch SX diese Maximalleistung nur für einen begrenzten Zeitraum halten kann. Nach 10-15 Sekunden beginnt die Leistung wieder leicht zu sinken. Dennoch: Optimal ist dieses Verhalten für diejenigen, denen ein nicht ganz so kräftiger Motor für die meisten Szenarien ausreicht, die aber z.B. in technischen Uphills für einen kurzen Moment mehr Power möchten.
Weit weniger spektakulär ist die Vorstellung des Bosch-Neulings bei einer entspannten durchschnittlichen Tretleistung von 100 W. Hier liegt er auch leicht vor den Mitbewerbern aus dem Light-Assist-Segment, zeigt aber deutlich „typischere“ Werte. Ganz ähnlich sieht es bei den Verbrauchsmessungen aus. Auch hier kann der Bosch Performance SX mit guten Werten glänzen, vermag sich jedoch nicht so deutlich von der Konkurrenz abzusetzen.
Der Bosch SX in der Praxis
Für einen halben Tag konnten wir dem neuen Antrieb auch im echten Praxiseinsatz bereits auf den Zahn fühlen. Hierfür waren wir mit dem M1.EN.400.SX auf unserem Test-Trail unterwegs. Dabei fällt zunächst die deutlich spürbare Unterstützung des Performance SX auf, selbst im Eco-Modus. Die Zusatzleistung ist sanft und gut dosierbar, hält sich aber nicht so stark im Hintergrund wie es beispielsweise bei TQ HPR50 der Fall ist. Ansonsten zeigt sich recht schnell, dass man hier die gewohnte Bosch-Qualität mit den bewährten Bosch-Features bekommt. Ein sanfter Pedaldruck genügt, um Leistung vom System zu bekommen, Ruckler beim Anfahren sucht man vergebens.
Gerade im eMTB-Modus spielt der Bosch Performance SX im Gelände-Uphill seine Stärken aus. Er bewegt sich nach unserem Empfinden irgendwo zwischen dem, was man von anderen Light-Assist bzw. Full Power Antrieben gewohnt ist. Um an Schlüsselstellen hohe Leistung aus dem System zu kitzeln, ist entsprechender Einsatz nötig, dazu gehört auch vorausschauendes Schalten, um im passenden Gang eine entsprechend hohe Kadenz treten zu können.
Zuweilen fühlt es sich fast so an, als würde der Bosch SX quasi beliebig viel Leistung bieten, vorausgesetzt man haut ordentlich in die Pedale. Das spornt dazu an, mehr zu tun und belohnt mit einem tollen Fahrgefühl, das in Teilen tatsächlich an die große hauseigene Konkurrenz mit dem Namen CX heranreicht. Das liegt auch daran, dass man auch am leichten Bosch Antrieb in den Genuss des eMTB Modus kommt, der auch im Jahr 2023 noch zum besten gehört, was man sich im technischen Uphill wünschen kann. Exzellent über den Pedaldruck dosierbar, nie zu schroff, aber (fast) immer kräftig genug. Auch den Extended Boost gibt es hier natürlich, der über einen gezielten Pedalkick ein kurzes Nachschieben des Motors auslöst, um beispielsweise hohe Stufen zu überwinden.
Ganz ähnlich verhält es sich, wenn man den Trail verlässt und den Uphill auf Asphalt erklimmt. Auch hier ist für eine entsprechende Leistung eine höhere Trittfrequenz erforderlich. Bei höheren Steigungsprozenten und einem schweren Gang geht dem Bosch Performance SX ziemlich schnell die Puste aus.
Leichtes Antriebs-Klappern
Zwiegespalten sind wir bei der Geräuschkulisse. Der Motor selbst kann je nach der geleisteten Unterstützung ganz unterschiedlich laut werden. Bei durchschnittlichem Treten, gleichbleibender Kadenz und ebenem Untergrund ist er tatsächlich auch sehr leise. Sobald man jedoch die Kadenz erhöht und die Steigung steil wird, ist er doch sehr deutlich wahrnehmbar. Die Lautstärke reicht in diesen Momenten nicht ganz an die des großen Bruders CX heran, ist jedoch auch nicht allzu weit davon entfernt. Auch die sich verändernde Tonlage je nach Trittfrequenz erbt er vom Performance CX. In der Abfahrt konnten wir außerdem leichtes Antriebs-Klappern ausmachen. Deutlich leiser als bei Shimano EP8 und Bosch CX, aber gerade auf dem Trail dann doch hörbar. Hinter diesen Eindruck setzen wir dennoch ein vorsichtiges Fragezeichen, da wir bis dato nur ein E-MTB und nur eine Antriebseinheit im Test hatten. Sollte sich an diesen Eindrücken etwas ändern, ergänzen wir den Artikel an dieser Stelle.
Fazit: Bosch Performance SX
Lange hat es gedauert, bis Bosch mit einem leichten Antrieb auf den Markt kam. Das Warten hat sich jedoch gelohnt: Der Bosch Performance SX kombiniert die bekannten Vorzüge des Smart Systems mit tollem Fahrgefühl, geringem Gewicht und für die Antriebs-Klasse einzigartige Leistung. Damit dürfte der Antrieb für viele sportliche E-Biker die derzeit wahrscheinlich beste Wahl auf dem Markt sein. Lediglich diejenigen, die sich ein noch natürlicheres Unterstützungsverhalten wünschen, könnten mit den Antrieben von TQ oder Specialized besser bedient sein – bei gleichzeitig jedoch deutlich weniger Leistung.