Im Frühjahr 2020 stellte Specialized stolz sein erstes Levo SL vor. Obwohl es nicht das erste leichte E-Mountainbike auf dem Markt war, hatte es einen deutlichen Einfluss auf die Branche, da es zeigte, dass solche Räder problemlos den Brückenschlag zwischen einem ausgewachsenen eMTB und einem regulären Mountainbike ohne Motor schaffen können. Nun will Specialized mit dem neuen Levo SL an diesen Erfolg anknüpfen und präsentiert dafür ein komplett neues Bike, das bereits optisch mit einem klassischen, liegenden Dämpfer unter dem Oberrohr auffällt. Im Gegensatz zum asymmetrischen Design des Vorgängermodells wirkt der Rahmen des neuen Levo SL schlichter und geradliniger.
Mehr Federweg und Mullet-Mix
Das Levo SL wird ab Werk als sogenanntes Mullet-Bike ausgeliefert – mit einem 29-Zoll-Laufrad vorne und einem 650b-Hinterrad. Jedoch besteht die Möglichkeit, nach dem Kauf das Hinterrad auf 29 Zoll umzurüsten, indem man den Flipchip nutzt. Mit einem Federweg von 150 mm im Rahmen und 160 mm an der Front positioniert sich das Levo SL als potentes Trailbike. Dabei fokussiert Specialized wohl bewusst auf die Bezeichnung „Trailbike“ und verzichtet darauf, das Rad explizit als E-Trailbike oder E-Mountainbike zu vermarkten.
Specialized SL 1.2 Antrieb: Mehr Power, gleiche Akku-Größe
Ein entscheidender Faktor für den Erfolg eines E-Mountainbikes ist zweifellos der Antrieb, und hier setzt Specialized weiterhin auf eine Eigenentwicklung in Zusammenarbeit mit Mahle. Der Specialized SL 1.2 Motor, der das neue Levo SL antreibt, behält sein geringes Gewicht von 1,9 Kilogramm und bringt 50 Nm maximales Drehmoment sowie 320 Watt. Im Vergleich zum Vorgängermodell, das mit nur 35 Nm etwas schwächer auf der Brust war, ist der neue Motor eine klare Verbesserung. Auch wenn es mittlerweile leistungsstärkere Antriebe in dieser Gewichtsklasse auf dem Markt gibt, punktet der Specialized SL 1.2 durch seine natürliche und feinfühlige Unterstützung, die auch in der Praxis überzeugen kann.
Beim Thema Akku gibt es jedoch keine signifikanten Veränderungen – das Levo SL kommt nach wie vor mit einer Kapazität von 320 Wattstunden. Bedauerlicherweise ist der Akku auch weiterhin fest im Unterrohr verbaut, was das geringe Gewicht möglich macht, im Alltag aber doch etwas umständlich sein kann. Weiterhin bietet Specialized die Möglichkeit, einen Range Extender nachzurüsten, der zusätzliche 160 Wattstunden Kapazität bereitstellt und einfach mit einem Kabel am Port verbunden werden kann. Da sich hier nichts geändert hat, kann auch der „alte“ Range Extender des Vorgängers verwendet werden.
Der Specialized SL 1.2 auf dem Prüfstand
Die Leistungsangaben für den neuen Specialized SL 1.2 Motor haben wir auch in unserem Prüfstandstest nachgemessen. Bei der Maximalleistung ordnet er sich im oberen Mittelfeld ein, kann seinen Vorgänger klar hinter sich lassen und hat auch mehr Power als die Konkurrenz von TQ. Andererseits ist der Abstand zu stärkeren Light Assist Motoren wie dem Fazua Ride 60 oder dem neuen Bosch SX doch deutlich mess- und spürbar. Bei unserer Leistungsmessung für 100 W Eingangsleistung zeigt sich der leichte Specialized Antrieb unauffällig.
Bei den Verbrauchsmessungen kann man vor allem im Vergleich zum Vorgänger klare Verbesserungen verzeichnen. Gerade in der Ebene sinkt der Energieverbrauch trotz gestiegener Leistung, während am Berg beides in ungefähr gleichem Maße anwächst.
Sechs Rahmengrößen und viele Einstellmöglichkeiten
Eine der ganz großen Stärken des Levo SL ist zweifellos sein Rahmen und seine Geometrie. Mit sechs Rahmengrößen (S1 bis S6) und verschiedenen Einstellmöglichkeiten ermöglicht es Specialized den Fahrern, das Rad perfekt an ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen. Die sogenannten „S-Sizing“ Rahmen von Specialized weichen von den klassischen Rahmengrößen (S,M,L,XL) ab, indem sie vor allem in der Länge wachsen und so eine größere Vielfalt an Optionen bieten. Dadurch kann jeder Fahrer eine Rahmengröße wählen, die seiner persönlichen Vorliebe entspricht, ohne an die anderen Maße des Rahmens gebunden zu sein.
Die Geometrie des Levo SL ist sportlich, modern und zugleich anpassungsfähig. Specialized hat hier bewusst auf eine nicht zu progressive Ausrichtung geachtet, um das Rad für verschiedenste Fahrstile und Anforderungen geeignet zu machen. Über einen Flipchip an der Dämpferaufnahme und spezielle Lagerschalen am Steuersatz lassen sich Tretlagerhöhe und Lenkwinkel anpassen.
Größe | S1 | S2 | S3 | S4 | S5 | S6 |
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Reach (mm) | 405 | 425 | 445 | 470 | 495 | 525 |
Stack (mm) | 609 | 616 | 626 | 635 | 645 | 654 |
Steuerrohrlänge (mm) | 95 | 100 | 110 | 120 | 130 | 140 |
Lenkwinkel | 64.6 | 64.6 | 64.6 | 64.6 | 64.6 | 64.6 |
Tretlagerhöhe (mm) | 343 | 348 | 348 | 348 | 348 | 348 |
Tretlagerabsenkung (mm) | -34 | -29 | -29 | -29 | -29 | -29 |
Kettenstrebenlänge (mm) | 433 | 432 | 432 | 432 | 432 | 432 |
Radstand (mm) | 1158 | 1184 | 1208 | 1238 | 1267 | 1301 |
Oberrohrlänge (horizontal) | 560 | 582 | 604 | 631 | 659 | 691 |
Sitzrohrlänge (mm) | 385 | 385 | 405 | 425 | 445 | 465 |
Sitzwinkel | 75.8 | 75.8 | 75.8 | 75.8 | 75.8 | 75.8 |
Die Ausstattung der S-Works Variante
Wir hatten das Specialized Levo SL in der S-Works Variante zum Test. Mit stolzen 14.000 Euro zählt es zu den teuersten eMTBs überhaupt auf dem Markt. Entsprechend gibt es an den verbauten Komponenten rein gar nichts auszusetzen. Das Fox Factory Fahrwerk mit 36 an der Front inklusive Grip2 Kartusche und dem Float X Dämpfer im Heck zählt ebenso zum besten auf dem Markt wie die Sram Eagle Transmission XX Schaltung. An den Sram Code Stealth Ultimate Bremsen scheiden sich die Geister, in Verbindung mit den 200er Scheiben haben sie während unseres Tests ihren Job jedoch zuverlässig erledigt und das neue Hebeldesign sorgt für ein aufgeräumtes Cockpit.
Rahmen | S-Works Levo SL Fact11 Carbon |
Federgabel | Fox 36 Factory Grip2 |
Antrieb | Specialized SL 1.2 |
Akku | 320 Wh |
Dämpfer | Fox Float DPX Factory |
Laufräder | Roval Traverse SL Carbon |
Reifen VR | Specialized Butcher Grid Trail Gripton T9 |
Reifen HR | Specialized Eliminator Grid Trail Gripton T7 |
Schaltwerk | Sram XX Eagle Transmission |
Schalthebel | Sram AXS Pod |
Kurbel | SL 1.2 Spider |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Sram Code Stealth Ultimate |
Bremsscheiben | Sram 200 mm |
Sattelstütze | RockShox Reverb AXS |
Sattel | Specialized Bridge |
Vorbau | Deity 35mm |
Lenker | Roval Traverse SL Carbon |
Die hauseigenen Reifen sind auf leichten Roval Traverse SL Carbonfelgen montiert und gerade der Butcher an der Front erweist sich immer wieder als vielseitiger Geheimtipp auf dem Markt. Ein Highlight ist außerdem die kabellose RockShox Reverb AXS Dropper Post, die an unserem Testrad mit Rahmengröße S4 170 mm Hub hatte. Für die meisten Fahrer dürfte das ausreichen, auch wenn mehr Hub hier eigentlich nie schadet.
Das Mastermind Display im Oberrohr ist ein weiteres Highlight des Levo SL. Es bietet eine gute Ablesbarkeit und alle relevanten Informationen für den Fahrer. Die Mission Control App ermöglicht es, das Display individuell zu konfigurieren und bietet zahlreiche weitere Features, darunter den Smart Assist Modus, der die Unterstützungsstufe abhängig von der Route anpasst.
Das von uns getestete S-Works Modell ist eine von fünf verfügbaren Ausstattungsvarianten. Trotz ihres Preises von 14.000 Euro gibt es darüber noch das S-Works Limited für 15.000 Euro, an dem ein elektronisches RockShox Flight Attendant Fahrwerk zum Einsatz kommt. Für die meisten E-Mountainbiker deutlich interessanter dürften jedoch die Pro und Expert Varianten sein. Beim Levo SL Pro muss man lediglich auf die kabellose Reverb AXS Stütze verzichten und bekommt eine Sram X0 Eagle Transmission statt der XX am S-Works – dafür spart man satte 2.500 Euro. Unser Tipp wäre jedoch das Expert mit GX Eagle Transmission, Fox Performance Elite Fahrwerk und hochwertigen Alu-Laufrädern für 9.900 Euro.
Specialized Levo SL 2023: Praxiseindrücke
In der Praxis erweist sich das Levo SL enorm vielseitiger und spaßiger Allrounder. Der Motor ist leiser als der seines Vorgängers, obwohl er immer noch hörbar ist, besonders bei hohen Kadenzen und in der höchsten Unterstützungsstufe. Doch in Bezug auf sein natürliches Ansprechverhalten und seine Dosierbarkeit gehört der Specialized SL 1.2 Antrieb zum Besten auf dem Markt.
Auf dem Trail überzeugt das Rad mit einer starken Balance aus Laufruhe und Wendigkeit. Die Specialized-Reifen, insbesondere der Butcher an der Front, machen ihren Job sehr gut und tragen zur souveränen Performance des Rads bei.
Ausführlichere Praxiseindrücke findet ihr in unserem Testvideo:
Bemerkung: Seit der Veröffentlichung des Videos hat Specialized das Levo SL in der Expert Variante für 9.900 Euro vorgestellt.