Fahrrad fahren im Winter: Wenn es nach dem Kalender geht, haben wir noch ein paar Wochen Zeit, doch gefühlt sind wir schon mittendrin: Der Winter ist da, und wer viel mit dem Fahrrad unterwegs ist, muss sich nun auf Veränderungen einstellen. Was gilt es in der dunklen, kalten Jahreszeit zu beachten? Velomotion hat Tipps aus Bereichen wie Bekleidung, Gesundheit und Radpflege zusammengestellt.
Fahrrad fahren im Winter: Warm und / oder trocken?
Was tut man, wenn es immer kälter wird? Klar, wärmer anziehen – doch hier muss man zwischen E-Bikern und Radlern unterscheiden, die ganz aus eigenem Antrieb unterwegs sind. Beim Radfahren kommt man auf jeden Fall ins Schwitzen; E-Biken ist da eher ein bisschen wie Spazierengehen: Es dauert länger, bis einem warm wird, und man kann die Anstrengung sehr gut dosieren – dort, indem man das Lauftempo variiert, hier durch die Wahl des passenden Fahrmodus.
E-Biker und Radfahrende müssen beim Anziehen also auf unterschiedliche Aspekte achten, und Erstere haben es etwas leichter. Sie können sich warm und wasserdicht einpacken und laufen doch nicht Gefahr, erst zu überhitzen und dann auszukühlen – etwa, wenn sie nach schweißtreibender Fahrt im kühlen Büro gelandet sind. Wer mit dem E-Bike unterwegs ist, kann sich also außen vor Nässe schützen und drunter gegen Kälte – und fährt dann im Power-Modus perspirationsfrei ans Ziel.
Bio-Biker dagegen sollten bei der Wahl der richtigen Bekleidung auf Details achten. Praktisch sind etwa Jacken mit Zwei-Wege-Reißverschluss: Wird es zu warm, kann man sie von unten aufzippen, sodass Brust und Hals geschützt sind, während überschüssige Wärme nach hinten/unten entweichen kann. Außenschichten, die vorne winddicht, am Rücken aber durchlässig sind, haben sich ebenfalls bewährt, wenn eine gute Balance von Kälteschutz und Belüftung gefragt ist.
Wer bei jedem Wetter Rad fährt kommt um eine lange Regenhose eigentlich nicht herum; diese lässt sich jedoch nicht ganz leicht an- und ausziehen und kann wiederum zum Hitzestau führen. Als Alternative gibt es Regenschürzen, die Unterkörper und Oberschenkel sowie Knie abschirmen. Sie lassen sich recht leicht anlegen und sorgen dafür, dass man ausreichend trocken bleibt, ohne dass es zu warm wird.
Besser besser sichtbar
Eine fest installierte Lichtanlage am Fahrrad ist nicht mehr vorgeschrieben; „während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst erfordern“, so § 67 der StVZO, gehören vorschriftsmäßige „lichttechnische Einrichtung“ aber ans Rad. Die reichen aber nicht immer aus, um vom übrigen Verkehr rechtzeitig wahrgenommen zu werden. Gerade in der Stadt mit grellen Lichtern und dunklen Ecken, reflektierendem nassem Asphalt und Hindernissen, die die freie Sicht erschweren, sollte man neben Scheinwerfer und Schlussleuchte zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um sichtbarer zu sein.
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Ein wichtiger Schritt ist gut sichtbare Bekleidung. Eine Jacke in Beige oder Hellgrau wirft einfallendes Licht schon recht gut zurück, während die typische schwarze, dunkelgraue oder blaue Winterjacke das Umgebungslicht einfach aufsaugt. Eine Regenjacke, die dezidiert zum Radfahren angeschafft wird, darf dann gerne noch sichtbarer sein – in Neonfarben mit reflektierenden Details. Auch ein hellgelber Helmüberzug ist gut, zumal er im engen Verkehrsgeschehen (fast) alles überragt.
Apropos Helm: Der sollte natürlich gerade bei hohem Verkehrsaufkommen und schlechtem Wetter nicht zuhause vergessen werden. Längst gibt es Ausführungen mit integrierten Rückleuchten; manche sind sogar vorne und seitlich mit LEDs ausgestattet. So ein „Leuchtturm“ ist legal und definitiv ein großer Schritt in Richtung perfekte Sichtbarkeit. Zudem haben wir auch eine Liste der besten Helmlampen fürs Fahrrad fahren im Winter erstellt:
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Wintertaugliche Reifen: Profil, Druck, Spikes?
Winterreifen fürs Fahrrad? Ja, die gibt es – ob man sie allerdings braucht, ist eine andere Frage. Einige Hersteller bieten Pneus mit weicheren Gummimischungen und feinem Lamellenprofil an, die zumindest theoretisch mehr Grip bieten dürften. Generell hat man mit einem stärker profilierten Reifen auf einer geschlossenen Schneedecke gute Karten; dort, wo Schnee zu Eis wird, ist jedoch höchste Vorsicht angesagt. Eine gefrorene Pfütze zieht das Rad blitzartig unterm Fahrer weg – reagieren kann man in so einer Situation nicht mehr. Eine winterliche Falle sind auch gefrorene Spurrinnen, sei es im Schnee oder auf dem vormals matschigen Feldweg.
Autofahrer dürfen es nicht, Radler dagegen schon: mit Spikesreifen fahren nämlich. Die genagelten Gummis sind dort beliebt, wo es dauerhaft eisig ist, haben aber auch ihre Tücken. Manche müssen eingefahren werden; generell muss man den Luftdruck absenken, damit die Spikes im seitlichen Bereich Bodenkontakt haben. Auf Asphalt rollen die Eisreifen mit hohem Druck einigermaßen gut. Insgesamt erscheint diese Sonderform des Winterreifens nur dann sinnvoll, wenn wochenlanger Dauerfrost das Radfahren mit normalen Pneus unmöglich machen würde.
In unseren Breiten empfiehlt es sich eher, den Luftdruck etwas abzusenken, vorausschauend zu fahren und Gefahrenstellen wie nasses Laub zu vermeiden. Mit hellem Licht und gutem Auge lassen sich überfrorene Abschnitte auf Straße oder Radweg durchaus erkennen – dann sollte man das Tempo deutlich verringern oder gleich absteigen und schieben. Oder bei Eis und Schnee ganz aufs Radfahren verzichten; es ist ja meist eh schnell wieder vorbei…
Fahrrad fahren im Winter – Sicherer mit ABS?
Bosch-E-Bikes der Oberklasse sind zuweilen mit einem elektronisch-hydraulischen Antiblockiersystem ausgestattet. Die Technologie ist ausgereift und funktioniert sehr gut; dass das System regelt, erkennt man im Grunde nur am leichten Pulsieren am Bremshebel. Allerdings ist das ABS darauf angewiesen, dass der Reifen überhaupt auf der Fahrbahn haften kann. Auf vereisten Flächen kommt das innovative System daher schnell an seine Grenzen; vom ABS am E-Bike sollte man sich nicht in falscher Sicherheit wiegen lassen.
Winterliche Fahrradpflege
Der korrosionsfördernden Wirkung von Streusalz sind Fahrräder heute zum Glück kaum noch ausgesetzt. Dennoch ist der Winter eine harte Zeit für sie: Feuchtigkeit, die nicht verdunstet, kann sich in Bauteilen festsetzen, was beispielsweise für die Elektronik von E-Bikes ungünstig ist; wenn es taut, vermischen sich Wasser und Streugut zu einer feinen Schleifpaste, die bewegliche Teile angreift. Korrosionsempfindliche Bauteile können mit Sprühwachs oder ähnlichem winterfest gemacht werden; die Kette sollte regelmäßig gereinigt und geölt werden, damit sie keinen Rost ansetzt.
Für den Akku des Elektrobikes ist Kälte zwar nicht dauerhaft schädlich, da sich der elektronische Widerstand erhöht, allerdings kann die Reichweite deutlich sinken. Bei Kälte sollte der Akku mit ins Haus genommen werden; am wohlsten fühlt er sich bei Temperaturen zwischen 10 und 20 °C. Bevor er nach einer winterlichen Tour geladen wird, sollte er sich an die Umgebungstemperatur anpassen können.
Wer viel durch den Winter fährt, kann einen externen Akku mit einer Neoprenhülle vor der Kälte schützen. Die sorgt dafür, dass die von der Batterie freigesetzte Wärme nicht entweichen kann – der Akku entlädt sich nicht so schnell und die Reichweite sinkt weniger stark ab. Für moderne E-Bikes mit integriertem Akku gibt es Neopren-Überzüge, die das komplette Unterrohr bedecken.
Brauche ich ein Winter-Fahrrad?
Das Winterauto ist auf dem Land ein verbreitetes Phänomen – macht etwas in dieser Art auch für Radfahrende Sinn? Klar, ein einfaches (Gebraucht-) Rad, auf das es nicht so ankommt, hält ungünstige Witterungseinflüsse vom teuren E-Bike oder Sportrad fern. Gut funktionieren muss es freilich auch – mit heller Beleuchtung, sicheren Bremsen und allen Merkmalen, die flotte, komfortable Fortbewegung erlauben. Wer auf ein bestimmtes Fahrrad angewiesen ist, hat ohnehin keine Wahl: Pendler zum Beispiel, die zur Bewältigung des Arbeitsweges ein E-Bike brauchen, oder Familien, deren Cargobike ganzjährig im Einsatz sein muss.
Statt sich ein spezielles Winterrad anzuschaffen, können Ganzjahresfahrer also etwas anderes tun: Sie sollten von vornherein auf solide, wetterfeste Komponenten achten und ein (E-)Bike wählen, das möglichst unempfindlich ist. Getriebeschaltung und Riemenantrieb sind erste Wahl in Sachen Wartungsarmut; breite Reifen, die bei schlechten Straßenverhältnissen mit reduziertem Luftdruck gefahren werden können, sind ebenfalls ein Plus.
Gesund durch die kalte Jahreszeit
Ein Schnupfen, die Grippe oder mal wieder Covid-19: im Winter haben Erkältungskrankheiten Hochsaison, und man kann ihnen nur schwer entkommen. Das Radfahren ist hier gleich in zweierlei Hinsicht hilfreich: Wer per Bike pendelt, kann Viren und Bakterien eher entgehen als jene, die sich in Bus und Bahn drängeln. Kältereize und Bewegung an der frischen Luft fördern außerdem die körpereigenen Abwehrkräfte.
Allerdings sollte man es nicht übertreiben; gerade im Winter droht der „Open window“-Effekt. Nach intensiver sportlicher Betätigung ist das Immunsystem kurzfristig geschwächt; jetzt heißt es aufpassen, dass man sich keinen Infekt einfängt. Wer bei Kälte mit hoher Belastung Rad fährt, kann etwa durch ein Schlauchtuch vorbeugen, das über Mund und Nase gezogen wird – so kommt die Außenluft nicht ganz so kalt in den Atemwegen an und die empfindlichen Schleimhäute trocknen nicht aus. Am Ziel – was auch der Arbeitsplatz nach einer flotten Pendelfahrt sein kann – sollte man darauf achten, nicht auszukühlen (siehe oben); hier ist warme, trockene Wechselkleidung hilfreich.
Der Winter ist auch die Zeit der Nahrungsergänzungsmittel; Zink, Vitamin C und Vitamin D haben jetzt Hochkonjunktur. Bei gesunden Menschen deckt eine ausgewogene Ernährung den Bedarf ab – gute Zinklieferanten sind Nüsse und Haferflocken, und Vitamin C bezieht man vorzüglich aus Apfelsinen und aus der Paprika. Wer sich in der warmen Jahreszeit viel im Freien aufhält, geht mit einem vollen Vitamin-D-Speicher in den Winter, der normalerweise bis ins Frühjahr reicht.
Das deutet schon an, dass eine Selbstmedikation mit Vitamintabletten aus dem Drogeriemarkt nicht unbedingt nötig ist – eine gesunde Lebensweise vorausgesetzt. Wer dauerhaft abgeschlagen und müde ist oder von einem Infekt in den nächsten taumelt, sollte ohnehin ärztlichen Rat einholen; dann könnten auch eventuelle Mangelzustände festgestellt und entsprechende Präparate eingenommen werden.
Radsport im Winter?
Manche Leute fahren Fahrrad, weil man damit schnell und praktisch von A nach B kommt; anderen kommt es in erster Linie auf die Strecke dazwischen an. Wer Radfahren vor allem als Sport begreift, hat im Winter schlechte Karten. Gegen die Kälte kann man sich noch wappnen, wenn aber eisiger Regen fällt, macht es auf dem Rennrad, MTB oder Gravelbike wirklich keinen Spaß mehr. In manchen Regionen macht dauerhafter Schneefall das Radeln unmöglich; vor allem aber ist es die früh einsetzende Dunkelheit, welche die Abendrunde unter der Woche monatelang unmöglich macht.
Wobei – wer kein Problem damit hat, im Dunklen zu fahren, kann sein Rad natürlich mit superhellen Akkustrahlern ausstatten und hat dann optimale Sicht. Mit Scheinwerfern oberhalb von 100 Lux erkennt man Gefahren auf der Fahrbahn und kann gleichzeitig dutzende, wenn nicht hunderte von Metern in die Ferne schauen – zumal, wenn die Leuchte einen entsprechenden Modus hat. Gänzlich unumstritten ist das Nachtradeln allerdings nicht. Wer im Wald unterwegs ist, kann Wildtiere aufschrecken, die gerade im Winter auf Ruhe angewiesen sind, und ganz ungefährlich ist die Sache natürlich auch nicht.
Die andere Möglichkeit ist, im Winter einfach zuhause Fahrrad zu fahren. Das Indoorcycling hat seit der Corona-Zeit Hochkonjunktur, und immer mehr Radsportler nutzen eine „Trainingsrolle“, um sich unabhängig von Wetter und Tageszeit fit zu halten. Einsam im Keller vor sich hin zu strampeln, mag langweilig klingen – doch das muss es nicht sein: Auf Trainingsplattformen wie Zwift kann man mit anderen Aktiven virtuelle Rennen fahren oder einfach in computeranimierten Landschaften trainieren. Alles, was man braucht, ist ein geeigneter Trainer à la Wahoo Kickr sowie ein Rechner mit Bildschirm, wobei es sogar mit einem Tablet funktionieren kann. Was nun noch fehlt, ist ein Ventilator, der den Fahrtwind simuliert – sonst wird einem beim Radfahren im Winter glatt wärmer als im Sommer.