Das Radsportjahr 2013 hätte spannender nicht sein können. Eine Top10 der beeindruckendsten Momente zusammenzustellen, ist daher gar nicht so einfach.
Erinnern wir uns bloß an die erste Etappe der Tour de France. Wenige Kilometer vor dem Ziel herrscht Verwirrung im Feld. Unter dem Zielbogen steckt der Teambus von Orica-GreenEdge fest und die Sprinterteams fahren Anschlag. Ein schwerer Sturz ist die Folge. Der Arnstädter Marcel Kittel (Argos-Shimano) kann dem Sturz aus dem Weg gehen und sichert sich neben dem Tagessieg auch das Gelbe, das Grüne und das Weiße Trikot. [Link].
Oder denken wir an die die vierte Etappe der Tour of Poland. Der US-Amerikaner Taylor Phinney (BMC) greift vier Kilometer vor dem Ziel aus dem jagenden Feld heraus an und schafft es, die Sprinter auf Distanz zu halten. [Link]
Die fünfte Etappe der Tour of California brachte für den Veteranen Jens Voigt (RadioShack-Leopard) wohl einen seiner letzten großen Siege mit sich. Diesen aber erfuhr sich der Publikumsliebling in einer Art und Weise, wie sie nur ihm zu eigen ist. Nachdem er auf der Windkante eine Selektion des Feldes herbeigeführt hatte, düpierte er Fahrer wie Peter Sagan (Cannondale) und Tyler Farrar (Garmin-Sharp) wenige Kilometer vor Schluss mit einem satten Antritt. [Link]
Auf dem MTB sorgte der Tscheche Michal Marosi mit einem bis dato nie dagewesenen Überholmanöver beim 4X Pro Tour Rennen in Jablonec nad Nisou für blankes Staunen. [Link]
Auch die Schwedin Alexandra Engen, der es gelang, trotz eines schmerzhaften Sturzes im Training, bei dem sie sich einen Zahn ausschlug, ihren Titel im XC-Eliminator zu verteidigen, ließe sich hier anführen. [Link]
Doch so bemerkenswert diese Ereignisse auch waren, in unsere Top10 haben sie es nicht geschafft. Hier finden sich andere Momente, die wir euch im folgenden etwas näher bringen möchten.
//10. Sven Nys – Cyclocross WM – Louisville (USA)
Sven Nys (Crelan-KDL) ist ohne Frage der Cyclocrosser des Jahrhunderts. Kein anderer Fahrer kann mehr Siege aufweisen, als der „Kannibale von Baal“. Dennoch war er bis zur WM im US-amerikanischen Louisville nur einmal in der Lage gewesen, Weltmeister in der Elite zu werden. Nys, der bereits zuvor angekündigt hatte, dass die folgende Saison seine letzte werden sollte, setzte alles auf eine Karte und schüttelte in der letzten Runde auch seinen ärgsten Konkurrenten, Klaas Vantornout (Sunweb-Napoleon Games) ab. [Link] Der zweite WM-Titel war die Krönung seiner zweifelsfrei grandiosen Karriere.
//9. Dan McConnell – MTB Weltcup – Albstadt (Deutschland)
Der MTB-Weltcup feierte in diesem Jahr seinen Auftakt im Schwarzwald. Albstadt bot der Elite dabei eine Strecke, die es in sich hatte. Aufgrund widriger Witterungsbedingungen entwickelte sich das Rennen schließlich anders, als man es zuvor erwartet hätte. Die Favoriten Nino Schurter (Scott-Swisspower) und Jaroslav Kulhavy (Specialized) strauchelten. Julien Absalon (BMC) fuhr hingegen ein beeindruckend starkes Rennen und wurde nur durch einen Defekt um den Sieg gebracht. Nutznießer dieser Situation war der Australier Daniel McConnell (Trek), den zuvor wohl nicht einmal die kühnsten Wahrsager auf Platz eins gesehen hätten. Dank einer bärenstarken letzten Runde gelang es ihm, zur eigentlich schon enteilten Spitze aufzuschließen und diese schließlich wenige hundert Meter vor dem Ziel zu attackieren.
//8. Jérôme Clementz – Enduro World Series
Jérôme Clementz ist der unbestrittene König der diesjährigen Enduro-Saison. Einen einzelnen Moment, fällt in seinem Fall extrem schwer. Dies liegt einerseits am Format des Sports und andererseits auch an der Vielseitigkeit des quirligen Franzose. Er sicherte sich den Gesamtsieg der neueingeführten Enduro World Series und gilt als das Gesicht des Enduro-Sports. Selbst von seinen engsten Kontrahenten wird er anerkennungsvoll als der Fahrer mit dem besten Gesamtpaket bezeichnet. Wie das aussieht, verdeutlicht dieses Video.
//7. DTU-Mixed-Team – Triathlon Team WM – Hamburg (Deutschland)
Es war eine Premiere, die Hamburg an diesem Tag feierte. Erstmals in der Geschichte des Events, wurde in der Hansestadt auch die Mixed-Team-WM ausgetragen. Dabei blieben die zuvor als Favoriten gehandelten Mannschaften aus Großbritannien und Australien auf der Strecke. Anne Haug, Jan Frodeno und Co. gelang es hingegen, einen überragenden Heimsieg zu feiern.
//6. Andreas Müller – Bahn Weltcup Scratch – Manchester (Großbritannien)
Der gebürtige Berliner Andreas Müller, der seit einigen Jahren für Österreich startet, ist ein Bahnspezialist erster Güte. So kann man ihn im Winter bei 6-Tage-Rennen antreffen, im Sommer aber auch einmal hinter dem Steher-Motorad. Dass er tempohart ist, bewies er auch beim Auftakt des Bahn-Weltcups in Manchester. Im Scratch gelang ihm dabei eine kleine Sensation. Knapp zwanzig Runden vor Schluss eines extrem schnellen Rennens – der Schnitt lag am Ende bei fast 55 Stundenkilometern – attackierte er aus dem Feld heraus und nutzte so eine kleine Unachtsamkeit der Konkurrenz zum Sieg. Zwar gelang es ihm nicht, eine Bonusrunde herauszufahren – der auf den letzen Runden heranstürmenden Meute konnte er sich dennoch erwehren.
//5. Gerald Ciolek – Mailand-San Remo (Italien)
Wer hätte das gedacht? Gerald Ciolek (MTN-Qhubeka) war vor der Saison 2013 bereits von vielen abgeschrieben worden. Nach seinem eher bescheidenen Zwischenstopp bei Omega Pharma-QuickStep hatte der junge Pulheimer beim südafrikanischen ProContinental-Team MTN-Qhubeka angeheuert. Die Zweifler belehrte er dann aber mit einem Paukenschlag eines besseren. Bei der von Schneestürmen, unerbittlichen Regengüssen und kalten Temperaturen geprägten 2013er Auflage des Klassikers Mailand-San Remo fuhr Ciolek wie ein alter Hase und zeigte, dass ihm der Wechsel gut getan hat. Als Kapitän seines Teams hielt er sich bis wenige Kilometer vor dem Ziel zurück und beobachtete das Katz-und-Maus-Spiel der Favoriten Peter Sagan (Cannondale) und Fabian Cancellara (RadioShack-Leopard) von deren Hinterrad aus. Auf der Via Roma hatten diese ihm dann nichts entgegenzusetzen.
//4. Sebastian Kienle – Ironman 70.3 WM – Las Vegas (USA)
Lange war der Ironman 70.3 Weltmeister des Jahres 2012 verletzt gewesen. Hinter Sebastian Kienles Titelverteidigung stand damit ein mehr als großes Fragezeichen. Im Regen von Las Vegas wuchs er aber über sich hinaus. Vor allem auf der Radstrecke stellte er einmal mehr seine Dominanz unter Beweis. Ein Schnitt von über 50 Stundenkilometern spricht Bände. Und so überraschend seine Titelverteidigung auch gewesen sein mag, verdient war sie allemal.
//3. Lars van der Haar und Philipp Walsleben – Cyclocross Weltcup – Tabor (Tschechien)
Die jüngere Cyclocross-Geschichte kennt viele Duelle. Meist sind dabei jedoch belgische Fahrer involviert. Nicht so in diesem Jahr, denn die ersten beiden Plätze im Weltcup belegen mit Lars van der Haar (Rabobank) und Philipp Walsleben (BKCP-Powerplus) der niederländische und der deutsche Meister. Besonders beeindruckend war ihr Auftritt beim Weltcup im tschechischen Tabor. Nach über einer Stunde entschied auf dem schnellen Kurs schließlich das Zielfoto.
//2. Rui Costa und Joaquin Rodriguez – WM Einerstraße – Toskana (Italien)
Der Spanier Joaquim Rodriguez (Katusha) weinte im Ziel bittere Tränen. Nach fast siebeneinhalb Stunden Rennzeit fehlten ihm nur wenige hundert Meter zum Weltmeistertitel. Über diesen durfte sich Rui Costa (Movistar) freuen. Der Portugiese hatte sich zuvor in der entscheidenden Rennphase vornehm zurück gehalten und vor allem den Spaniern Rodriguez und Alejandro Valverde (Movistar) sowie dem Italiener Vincenzo Nibali (Astana) Raum zur Entfaltung gegeben. Diesen schien Rodriguez dabei am besten zu nutzen – bis Costa knapp einen Kilometer vor dem Ziel den Angriff des Spaniers konterte.
//1. Tony Martin – Vuelta a Espana, Etappe 6 – Guijuelo-Caceres(Spanien)
Die sechste Etappe der Vuelta a Espana wird Tony Martin (Omega Pharma-QuickStep) wohl so schnell nicht vergessen. 175 Kilometer galt es am 29. August zwischen Guijuelo und Caceres zurückzulegen – für Martin die Chance auf ein vierstündiges Einzelzeitfahren. Bei Kilometer null griff der amtierende Zeitfahrweltmeister an und fuhr danach eines der wohl bemerkenswertesten Soli der Geschichte des Radsports. Und obwohl Martin wenige Meter vor dem Ziel vom heranstürmenden Feld gestellt wurde, die Etappe gewann der Däne Michael Morkov, war er der Mann des Tages.