Radsport: Lars van der Haar (Giant-Shimano) überraschte im vergangenen Winter alle. Souverän sicherte er sich den Gesamtweltcup. Was viele nicht wissen: Zur Vorbereitung bestreitet der junge Niederländer jedes Jahr ein anspruchsvolles Programm auf der Straße. Im Rahmen der Tour d’Azerbaidjan haben wir uns mit ihm kurz zusammengesetzt.
Hallo Lars, wie geht’s?
Gut, vielen Dank!
Du bereitest dich quasi im Staub Aserbaidschans auf den Schlamm in Belgien vor. Wie wichtig sind dir solche Rundfahrten, welche Bedeutung hat dein Straßenprogramm für dich?
(Lacht.) Mein Straßenprogramm ist mir wirklich sehr wichtig. Und Rundfahrten wie diese sind gut, sowohl von der Organisation her, als auch von den Etappenverläufen und vom Profil. Dadurch bekommt man einfach Kraft und Ausdauer, gewöhnt sich aber auch an höhere Geschwindigkeiten. Das ist wichtig, um im Winter gut drauf zu sein. Man sieht auch viele Cyclocrosser, die ihre Saison auf dem MTB vorbereiten, im Winter fehlt ihnen dann aber meist etwas Geschwindigkeit. Andere kombinieren mittlerweile ihr MTB- mit einem soliden Straßenprogramm. Das mag auch eine gute Lösung sein. Persönlich bin ich aber nicht so gern auf dem MTB unterwegs. Auch deswegen fahre ich im Sommer auf der Straße.
Der amtierende Weltmeister Zdenek Stybar ist mittlerweile hauptsächlich auf der Straße unterwegs. Ist das für dich in Zukunft auch eine Option? Reizen dich Rennen wie Paris-Roubaix oder die belgischen Klassiker?
Man sollte niemals nie sagen. Aber um ehrlich zu sein, ich mag Straßenrennen nicht so sehr, dass ich meinen kompletten Fokus darauf verlegen möchte. Vielleicht ist das in zehn Jahren anders. Jetzt steht aber Cyclocross auf der Prioritätenliste ganz oben.
Was genau missfällt dir an Straßenrennen?
Der Rennablauf ist einfach anders, als beim Cyclocross. Oftmals ist es langweilig. Man ist die ganze Zeit im Feld, wobei die erste Stunde hart ist und die letzte. Im Cyclocross ist das anders, da sind die Rennen genugtuender für mich. Außerdem fühle ich mich als Siegertyp. Ich will jede Woche um den Sieg mitfahren. Auf der Straße geht das nicht so gut, wie im Gelände.
In diesem Winter steht für dich ja die Verteidigung des Gesamtweltcups an. Dein Sommerprogramm dient dem Formaufbau dafür. Wann beginnt die konkrete Vorbereitung auf deinem Cyclocrosser?
Der Druck wird im Winter diesmal natürlich größer sein, als im letzten Jahr. Mehr Fahrer werden auf mich schauen. Nichtsdestotrotz will ich natürlich stärker werden und noch öfter auf dem Podium stehen. Aus diesem Grund werde ich bis Ende Juni noch ein solides Straßenprogramm absolvieren. Dann lege ich eine kurze Pause ein. Danach werde ich noch zwei Etappenrennen fahren, bevor ich um den 20. August herum in das Training für die Cyclocross-Saison einsteige.
Und wie sieht dein spezifisches Programm dann aus? Stellst du dein Rennrad in die Ecke und bist nur noch auf dem Cyclocrossrad unterwegs?
Nein. Den Großteil des Trainings absolviere ich auch dann auf der Straße. Nur einmal pro Woche trainiere ich auf dem Cyclocrossrad – meistens Mittwochs. Dann steht Technikprogramm auf dem Plan. Das ziehe ich auch den ganzen Winter lang durch. Für das Straßentraining nehme ich aber immer noch das Rennrad, vor allem wegen der Intervalle und der Gewöhnung an die Geschwindigkeit.
Kommen wir zu deiner Art Rennen zu fahren. Im letzten Winter hast du viele überrascht, indem du am Anfang oft zurücklagst, am Ende aber auf dem Podium standest. Das kann man natürlich nicht planen, aber wie gelingt es dir, in solchen Situationen im Rennen die Ruhe zu bewahren?
Nun, einerseits ist man mental im Vorteil, wenn man sich im Rennen wieder nach vorne kämpfen kann, an den Fahrern vorbei, die vorher einen besseren Eindruck hinterlassen haben. Man muss aber auch wissen, wie man wieder nach vorn fahren kann. Normalerweise beginne ich auch schnell. Aber manchmal fühlt man sich eben nicht so gut und muss sich erst einmal ins Rennen finden. Ich weiß, was ich kann. Deshalb gelingt es mir in solchen Momenten meist ruhig zu bleiben. Man muss halt einfach an sich glauben.
Apropo an sich glauben. Welche Ziele hast du für den kommenden Winter?
Es ist natürlich schwierig, jedes Jahr den Gesamtweltcup zu gewinnen. Zwar ist die Titelverteidigung mein Ziel, aber dazu braucht man natürlich auch etwas Glück. Ich möchte zudem ein paar gute Superprestige-Rennen fahren. Mein großes Ziel ist aber die WM in Tabor. Da will ich wirklich um den Sieg mitfahren.
Eine letzte Frage: Wie siehst du die Globalisierung von Cyclocross? Es gab ja Überlegungen, einen Weltcup in den USA auszurichten.
Ich denke, es ist schwierig, diesen Schritt zu gehen. Zwar werde ich auch dieses Jahr wieder in Las Vegas in die Saison einsteigen, aber in Hinblick auf den Weltcup ist das schon eine andere Sache, sowohl in logistischer wie auch in finanzieller Hinsicht. Neben den Fahrern, muss ja auch immer eine ganze Menge Material transportiert werden. Und dann muss man sich schon fragen, ob sich das für ein einstündiges Rennen lohnt? Vielleicht, wenn man mehrere Rennen in Übersee miteinander kombiniert. Ich bin bereit dafür, aber ich halte es nicht wirklich für eine gute Idee.
Vielen Dank für das Gespräch und viel Glück für die Saison!