Jedermann: Am 17. Mai startet wieder der Gran Fondo New York. Velomotion sprach mit Rennchef Uli Fluhme über Radfahren in „The Big Apple“ und seine weltweite Rennserie GFNY.
Uli, am 17. Mai veranstaltest Du zum 5. Mal den Gran Fondo New York, ein Jedermannrennen in einer der größten Metropolen der Welt. Woher kommen die Teilnehmer und auf was für eine Strecke schickst Du sie?
Auch dieses Jahr haben wir wieder über 70 Nationen am Start und sind damit das internationalste Peloton der Welt. Ich würde die Strecke mit einem Ardennenklassiker vergleichen: keine langen Anstiege, dafür selten flach, 160km mit 2.500 Höhenmetern. Es geht von der George Washington Bridge aus Manhattan heraus und auf kleinen Sträßchen am Hudson River entlang nach Norden. In New York kann man besser Radfahren als man denkt.
Was macht den besonderen Reiz aus, warum sollten Radsportler aus Europa ernsthaft über eine Teilnahme nachdenken?
Sein Hobby Radsport mit dem Besuch in der Hauptstadt der Welt zu kombinieren, ist ein einmalige Gelegenheit. Ich zog vor sieben Jahren beruflich nach NYC und habe mich sofort in die Stadt verliebt. Gran Fondo Fan bin ich seit den 1990ern. Mit GFNY verbinde ich diese beiden Leidenschaften. Die Teilnahme am GFNY hinterlässt bleibende Eindrücke, von denen man noch den Enkeln erzählt. Und sie bringt Bekanntschaften mit gleichgesinnten Sportlern aus aller Herren Länder.
Die fünfte Auflage ist ein erstes kleines Jubiläum. Wie hat sich die Veranstaltung entwickelt?
GFNY hat sich fest im weltweiten Radsportkalender verankert. Von Jahr zu Jahr bekommen wir bessere Unterstützung in der Region. NYC ist der hartumkämpfteste Markt der Welt. Jeder will dort etwas aufziehen. Große Veranstaltungen wir Formel 1, Sechstagerennen, Giro d’Italia oder Ironman sind daran gescheitert. Die Kosten sind enorm: Für Bewilligungen und Polizei alleine zahlen wir 500.000 Dollar – Tendenz steigend. Wir sind stolz darauf Radsportler aus aller Welt nach NYC zu bringen und NYC zu zeigen, was echter Radsport ist.
Unter dem Label GFNY finden mittlerweile weltweit sieben Veranstaltungen statt, an Stätten mit großer Radsporthistorie wie dem Mont Ventoux, mehrheitlich aber an für Europäer eher exotischen Orten wie Puerto Rico, Mexiko, Kolumbien oder Argentinien. Boomt der Radsport in Lateinamerika?
Jedes Jahr nach unserem Rennen bekommen wir zig E-Mails mit der Frage: “Now what?” Unsere Teilnehmer wollen kein ganzes Jahr auf die nächste Herausforderung warten. Anfangs verwiesen wir immer auf Gran Fondos in Italien, weil kein Land Radsport so gut versteht wie Italien. Die meisten Fahrer jedoch zögerten, eine Reise selbst zu organisieren, sei es wegen Sprachhindernissen oder aus anderen Gründen. Ende letztes Jahr starteten wir daher die GFNY World Serie mit Rennen in Italien, Mexiko, Puerto Rico, Barcelona und Kolumbien. Die Fahrer können – falls gewünscht – über GFNY auch Anreise und Unterkunft buchen. Die ersten 10% jeder Altersklasse qualifizieren sich für einen Start im Rennfahrerblock in NYC. Radsport boomt definitiv in Südamerika, aber auch Asien ist stark im Kommen.
Was leistet die Dachmarke GFNY bei diesen Veranstaltungen? Gibt es einheitliche Qualitätsstandards?
Jede GFNY World Veranstaltung ist ein Start-Ziel-Rennen mit Chipzeitnahme und gesperrter Strecke oder zumindest polizeilich durchgesetzter Vorfahrt an jeder Kreuzung. Dazu kommen einheitliche Regeln. Dank unseres internationalen Rennens in NYC haben wir weltweit Kontakte zu Radsportlern. Jedes GFNY Event ist damit sofort sehr international besetzt mit Fahrern aus aller Welt, was zu einer ganz besonderen Stimmung führt.
Wieso sollte ein durchschnittlicher Hobbyradsportler statt beispielsweise beim Ötztaler mal in Cozumel oder San Luis an den Start gehen?
Ich finde, den Ötztaler sollte man genauso wie Maratona Dolomites einmal im Leben gefahren sein. Aber anstatt jedes Jahr zu den gleichen Veranstaltungen zu tingeln, empfehle ich, auch mal etwas Neues auszuprobieren. Die Warmherzigkeit und Leidenschaft der Südamerikaner findet man im Ötztal nicht. Wer auf Reisen geht, hat etwas zu erzählen.
Wird GFNY weiter wachsen? Sind neue Veranstaltungen geplant und falls ja wo?
Ja, GFNY wächst weiter. Wir bekommen wöchentlich Anfragen von Veranstaltern aus aller Welt. GFNY hat Standards, die nicht jeder einhalten kann, weshalb wir mit Vorsicht auswählen. Wir haben Pläne für fünf weitere Rennen 2016, zwei davon in Europa, eines in Deutschland. Details dazu haben wir vermutlich diesen Sommer.
Der Kampf gegen Doping ist Dir sehr wichtig. Beim Gran Fondo New York gibt es Dopingtests, die Du mit umgerechnet 15.000 Euro aus eigener Tasche finanzierst. Dir ist es sehr wichtig, dass sauber gefahren wird.
Ich nehme selbst seit über 20 Jahren als Ausdauersportler an Wettkämpfen teil und habe keine Lust, gegen Doper anzutreten. Wir trainieren doch alle hart für unsere Rennen und akzeptieren nicht, wenn jemand abkürzt. Warum sollten wir dann Doper akzeptieren?
Siehst Du auch andere Veranstalter in der Pflicht, mehr im Kampf gegen Doping im Amateur- und Hobbysport zu tun?
Selbstverständlich. Das gilt für alle großen Veranstaltungen, die diese Kosten tragen können. Ausreden gibt es viele – wir haben sie alle schon mehrfach gehört – aber dass es machbar ist, zeigen wir seit 2012. Und nicht nur wir, sondern auch viele Veranstalter in Italien, die damit Vorreiter sind. Ich bin Anwalt und teste in den USA, dem Land mit den meisten (Schadensersatz-)Klagen. Es geht wenn man denn nur will.
Wie wird für Dich der 17. Mai, der Tag des Gran Fondo New York? Wie ist Dein Tagesablauf als Eventveranstalter?
Freitag/Samstag ist unsere Expo, das heißt ich komme zu 2-3 Stunden Schlaf. Samstagnacht reicht es üblicherweise für eine Stunde. Um 2 Uhr morgens stehe ich am Start auf der George Washington Bridge, um den Aufbau zu überwachen. Um 5 Uhr öffnen die Startboxen. Kurz vor 7 Uhr singt unsere African-American Gospelsinger die Hymne. Pünktlich um 7 Uhr geht es dann los. Ich bin im Führungsfahrzeug, um von dort als Rennleiter das Rennen zu überwachen. Um ca. 11.15 Uhr sind wir mit den Ersten im Ziel. Bis zum Zielschluss bin ich am Ziel, um die Fahrer zu begrüßen, respektive im Festivalgelände für Siegerehrung etc. Ab 18 Uhr packen wir zusammen, gegen 22 Uhr bin ich zuhause. 365 Tage Arbeit sind zu Ende. Am nächsten Morgen geht’s von vorne los. Knapp 1.000 Angestellte und freiwillige Helfer machen GFNY möglich. GFNY ist ein aufreibender Traumjob.
Welches Fazit möchtest Du am Abend des 17. Mai ziehen?
Für Radrennveranstalter gilt immer die einfache Formel: keine Schwerverletzten = gutes Rennen!
Uli Fluhme über weitere GFNY-Events:
GFNY Mont Ventoux: Zum ersten Mal in der Geschichte des Mont Ventoux haben Hobbysportler die Möglichkeit, an einem Rennen teilzunehmen, das auf dem Mont Ventoux endet. Start ist im historischen Städtchen Vaison-la-Romaine, das kulturelle Vielfalt für Fahrer und Begleiter bietet. Die Siegerehrung findet in einem 2.000 Jahre alten Theater statt!
GFNY Italia: Terracina liegt eine Stunde südlich von Rom, was Ende September traumhaftes Sommerwetter garantiert. Das Rennen selbst ist ein klassischer, italienischer Gran Fondo mit allem was dazu gehört: Start und Ziel am Meer mit Kurs durch das hügelige bis bergige Hinterland. Die Nähe zu Rom legt ein Städtetrip nahe und die Flughäfen Ciampino und Fiumicino machen das Rennen leicht erreichbar.
GFNY Cozumel-Mexiko: Wir nennen das Rennen nicht umsonst “First Gran Fondo in Paradise”. Goldgelbe Strände, 28 Grad Wassertemperatur, auch nachts nie unter 20 Grad – und das Ende November! Eignet sich ideal als Saisonausklang mit der Familie. Die Strecke ist bretteben, aber der Wind bläst spürbar, weshalb es auf 20km sogar eine Extra-Zeitwertung “King of the Wind” gibt. Cozumel ist leicht entweder per Fähre oder Flug via Cancun zu erreichen, welches zig Direktflüge nach Deutschland hat. Noch nicht überzeugt? Tacos und Margarita vom Feinsten!
GFNY Argentina: San Luis ist die Radsporthochburg Argentiniens. Bei der Tour de San Luis im Januar kämpfen dort WorldTour-Profis um UCI-Punkte und Frühform. GFNY Argentina findet Anfang des dortigen Sommers (Dezember) statt und lässt sich ideal mit einem Besuch von Buenos Aires und Patagonien verbinden.
GFNY Colombia: Start und Ziel des GFNY Colombia ist außerhalb der Hauptstadt Bogota in 2.650m Höhe, und der Kurs geht bis auf schwindelerregende 3.340m, was ihn zum höchsten Gran Fondo der Welt macht. Der Reiz des Rennens liegt in seiner Höhe und der Radsportbegeisterung der Kolumbianer, die weltweit nur in den Italienern seinesgleichen findet.