Radsport: Die Konstellationen vor den 26. Deutschen Meisterschaften in Saalhausen sind interessant. Bei den Herren wird ein Duell zwischen Moritz Milatz und Manuel Fumic erwartet, bei den Damen fordert die junge Aufsteigerin Helen Grobert die zwölfmalige Titelträgerin Sabine Spitz heraus. Von der U15 bis zu den Masters werden insgesamt zwölf Titel vergeben und zum ersten Mal seit 2007 wieder in Nordrhein-Westfalen.
Ausgerechnet die Titelverteidiger in den beiden Elite-Kategorien hatten im Frühjahr ihre Schwierigkeiten. Adelheid Morath (BH-Sr Suntour-KMC) und Markus Schulte-Lünzum (Focus XC) konnten nicht die Resultate erzielen, die sie von sich selbst erwartet haben.
Daher steht auch Markus Schulte-Lünzum nicht ganz oben auf der Favoritenliste, wenn es um den Titel bei den Herren geht. „Bei meinem Heimrennen in Haltern konnte ich endlich meine Leistungswerte abrufen, das war mental wichtig und ein klares Zeichen. Ich habe aber noch nicht alles hundertprozentig im Griff und es wäre vermessen zu sagen, ich kann in den Zweikampf zwischen Manuel und Moritz eingreifen“, sagt Schulte-Lünzum.
Dahinter sieht er sich aber in der Lage in den Kampf um die (Bronze-)Medaille einzugreifen.
Wenn alles so kommt, wie nicht nur er vermutet. Der Kirchheimer Manuel Fumic (Cannondale Factory Racing) und der Freiburger Moritz Milatz (Koch Engineering-Müsing Bikes), beide Jahrgang 1982, sind seit Jahren die beiden (einzigen) Deutschen, die zu Weltklasse-Leistungen fähig sind. Daher gelten sie automatisch als Favoriten.
„Das war letztes Jahr auch so und dann….“. Manuel Fumic lacht und verweist damit auf die unkalkulierbaren Aspekte des Sports. Er selbst hatte nicht die Tagesform, wurde er Zweiter und Milatz war mit einem Defekt ausgeschieden.
„Klar, mein Ziel ist der Titel. Auch wenn der Aufbau in Richtung nächster Weltcup geht, komme ich sicher in einer starken Verfassung und bereite mich entsprechend vor“, sagt Fumic, der 2008 und 2012 den Titel geholt hat.
Moritz Milatz hat schon vier Meistertrikots im Schrank hängen und er hat zudem in Saalhausen viermal das Bundesliga-Rennen gewonnen. Zuletzt 2013. „Zweiter war ich dort noch nie“, sagt er mit einem Schmunzeln.
In den vergangenen Wochen habe er im Studium etwas mehr Stress gehabt, sagt Milatz, aber nachdem er in Albstadt eine so starke Leistung abgeliefert hat, muss das kein einschränkendes Argument sein.
„Ich hoffe, dass es noch mal so gut geht. Ich werde schon versuchen das Trikot zu holen, klar. Die Strecke liegt mir irgendwie, warum weiß ich aber auch nicht wirklich“, sagt Milatz.
Hinter diesem Duo gibt es neben Markus Schulte-Lünzum noch eine ganze Schar an Fahren, denen man zutraut um eine Medaille zu kämpfen. Der Vorjahres-Dritte Markus Bauer (Kreidler Werksteam) aus Kirchzarten, Simon Stiebjahn (Team Bulls) aus Titisee-Neustadt, der 2013 in Saalhausen Deutscher Sprint-Meister wurde, der dreifache Ex-Meister Wolfram Kurschat (Koch Engineering-Müsing Bikes) aus Neustadt/W., sofern es trocken bleibt, der Vorjahres-Vierte Julian Schelb (Multivan-Merida) aus Münstertal, der Freiburger Martin Gluth (Novus-OMX) oder möglicherweise auch Stevens-Fahrer Max Holz (München), darf man allesamt als Kandidaten für das Podest bezeichnen.
Bei den Damen ist die Situation etwas übersichtlicher. Allerdings sind es hier drei Fahrerinnen, denen man den Titel zutraut. Titelverteidigerin Adelheid Morath (BH-Sr Suntour-KMC), Sabine Spitz und Helen Grobert (Ghost Factory Racing). In dieser Reihenfolge stand das Trio aus Südbaden vergangenes Jahr im Juli in Bad Säckingen auf dem DM-Podest.
Bei Adelheid Morath reihte sich seit April ein gesundheitliches Problem ans andere. So fehlen der Freiburgerin die Top-Resultate und auch ein wenig das Selbstvertrauen. Aktuell haben sich Probleme mit der Hüfte eingestellt, nachdem sich am Tag nach dem Weltcup in Albstadt (31. Mai) ein Infekt als Leistungsbremse herauskristallisiert hatte.
„Die Leistungswerte sind eigentlich sehr gut, im Grunde bin ich gut vorbereitet und ich würde das Trikot schon gerne verteidigen. Aber so wie die Lage ist, kann ich nicht sagen, was am Sonntag dabei raus kommt. Ich werde jedenfalls versuchen das Beste daraus zu machen“, sagt Morath.
Die besten Karten besitzt wohl Helen Grobert. Die 23-Jährige hatte in Nove Mesto (Cze) und Albstadt als Neunte und Sechste einen fulminanten Einstand in den Elite-Weltcup. „Sicher, Sabine und ich sind im Moment in der Favoritenposition. Aber ich bin gespannt, weil bisher bei einer DM die Karten oft neu gemischt wurden. Es gibt sicher drei, vier Fahrerinnen, die Meisterin werden können“, versucht Helen Grobert abzuwägen. „Ich fühle mich wohl, bin im Rhythmus , aber ob ich damit Deutsche Meisterin werden kann, das weiß ich nicht.“
Die „Sabine“, mit Nachnamen Spitz, macht die Rückeroberung des Deutschen Meistertrikots, es wäre das 13. in der olympischen Cross-Country-Disziplin, nicht zum absoluten Ziel. Der Fokus liege mehr auf der sechs Tage später stattfindenden Marathon-Weltmeisterschaft.
„Wir haben uns nach der Marathon-EM dazu entschlossen uns auf die Marathon-WM zu fokussieren. Irgendwie musste halt entschieden werden, in welche Richtung es gehen soll. Es wäre sicher schön, das Trikot wieder zu erobern, aber meine Karten sind im Moment nicht so gut“, erklärt die 43-Jährige.
„Ich schau mal und nehme es, wie es kommt“, meint Spitz. So ungefähr ging sie in Saalhausen voriges Jahr auch die Sprint-DM und dann stand sie da plötzlich ganz oben auf dem Podest.
Außer diesem Trio muss man noch drei Außenseiterinnen in Betracht ziehen: Elisabeth Brandau (EBE-Racing), Nina Wrobel (Merida-Schulte) und Hanna Klein (BH-Sr Suntour-KMC). Alle Drei haben bereits DM-Medaillen in der Vitrine.
Brandau zwei Silberne (2013, 2011), Wrobel unter ihrem Mädchen-Namen Göhl drei Silberne (2006, 2005, 2003) und eine Bronze (2007), sowie Klein zwei Bronzene (2010, 2009).
Brandau könnten die vier Etappen der Alpentour-Trophy zu einem Leistungsschub verholfen haben, sofern sie ihre Sturzverletzungen von Tag eins auskuriert hat.
Bei Nina Wrobel bleibt immer die Frage, wie lange der Körper benötigt, um auf Touren zu kommen und bei Hanna Klein, wie gut sie die erste Runde übersteht. Sie hat in Saalhausen übrigens ihren bisher einzigen Bundesliga-Sieg gefeiert. Das ist allerdings sechs Jahre her. 2013 war sie dort jedoch noch mal Zweite.