Nachdem meine Saison bisher alles andere als erwünscht verläuft und ich mit einem Rückschlag nach dem anderen umgehen muss, habe ich beschlossen für einen Neuaufbau ins Höhentrainingslager nach Livigno zu fahren. Die Diagnose für meinen Leistungsausfall ist gestellt und somit versuche ich mich auf die noch anstehende Saison zu konzentrieren und zu freuen!
Eines meiner Lieblings-Touren mit dem Straßenrad ist definitiv zum „Passo dello Stelvio“! Ich denke, dass ist für euch ein bekannter Begriff. Normalerweise ist diese endlose Serpentinenstraße von Bormio aus eine beliebte Strecke um Sportautos zu testen!
Nach der ersten Höhenanpassungsphase ist es soweit, ich werde heute diese grandiose Tour mit meinen Straßenrad BH G6 in Angriff nehmen. Das Wetter könnte perfekter nicht sein. Bereits seit Tagen Sonnenschein und blauer Himmel pur.
Um 9 Uhr bin ich startklar. Weste, Riegel, Schlauch&Pumpe, Geld,… alles dabei. Von Livigno (1800hm) aus geht’s zum ersten kleinen Pass Eira (2200hm) und Foscagno (2291hm)! Diese beiden kleinen Pässe haben eine moderate Steigung und somit zum Aufwärmen genau richtig! Vom Foscagno aus erwartet mich die erste atemberaubende Aussicht Richtung Bormio! Auf den Gipfel der höheren umliegenden Berge liegt noch Schnee. Weste an! Die erste lange Abfahrt Richtung Bormio (1000hm) wartet auf mich. Auf dem ersten Teil muss ich mich versuchen auf die Straße und deren Serpentinen zu konzentrieren und nicht auf das Panorama. Nachdem ich einen kleinen Tunnel durchquert habe, führt mich die Straße nach Bormio. Zum Teil ist der Fahrbahnbelag komplett erneuert worden und somit kann ich es ordentlich laufen lassen. Der untere Teil wird flacher und die Temperaturen steigen zugleich um einige Grade an. Nach der langen Abfahrt bin ich an der Kreuzung Richtung Stelvio angekommen. Erst einmal Weste aus und den ersten Riegel essen! Die Energie werde ich für diesen Anstieg brauchen!
Jetzt kann es losgehen. Die Landschaft ist fantastisch. Zwischen Felsen ist die Natur noch relativ grün. Bewachsen mit vielen Bäumen und die hohen umliegenden Berge um mich herum. Die Sonne brennt in den Anstieg hinein. Ohne großes Zeitgefühl kommt eine Kehre nach der anderen. Die Natur beeindruckt mich so sehr, dass ich die Anstrengung gar nicht echt wahrnehme. Immer im Augenschein wie mich die endlos erscheinende Serpentinenstraße nach oben führen wird. Ich habe 3 kleinere Naturtunnel zu durchqueren. Von der Decke aus drückt sich das Wasser durch, die wenigen kalten Wassertropfen erfrischen mich ein wenig. Die Decke ist schwach beleuchtet. Ein kleiner Wasserfall schießt ins Tal. Von diesem Punkt aus hat man die bereits erklimmenden Höhenmeter im Überblick. Was für ein überwältigter Anblick!
Nach weiteren Serpentinen komme ich auf die erste mehr oder weniger flacheren Anhöhe an. Puh…endlich kann ich meine Trittfrequenz etwas erhöhen. Bisher war es eine Krafteinheit am Stück! Ein kleiner Fluss läuft fast parallel zur Straße. So langsam spüre ich, dass die Luft deutlich dünner wird. Nun habe ich direkten Blick auf mein Ziel, dem Passo dello Stelvio! Irgendwie verliere ich jegliche Dimension. Einerseits scheint der Pass noch endlos weit weg zu sein, andererseits scheint er sehr nah! Ich bin auf dem Umbrailpass angekommen. Noch weitere 3km und weitere Höhenmeter zum Stelvio. Die Luft wird jetzt sehr viel dünner und kälter, meine Muskeln in den Beinen beginnen zu brennen. Ich spüre, wie mir das Laktat in die Muskulatur schießt! Die letzten Kilometer sind einfach unglaublich steil! Und die Höhensonne brennt sich in meine Haut ein. Der Schweiß läuft und ich habe zu kämpfen. Oben auf dem „Passo della Stelvio (2758hm) angekommen erwartet mich einfach das perfekte Panorama. Ich habe die Anstrengung bereits nach wenigen Minuten vergessen.
Der Himmel ist so klar, dass der Ausblick fast surreal erscheint. Der Schnee glänzt durch die Sonne wirklich schneeweiß. Der Wind ist frisch und ich ziehe mir sofort etwas über. Kurze Pause. Panorama genießen und verpflegen. Die ersten 3km zum Umbrail sind die selben. Dann biege ich rechts zur Umbrail-Abfahrt ab. Die Straße ist deutlich schmaler. Die Natur sehr viel grüner. Das BH G6 gibt mir ein sicheres Fahrgefühl und mit den Michelin Reifen spüre ich den Grip auf der Straße. In St.Maria angekommen erwarten mich deutlich höhere Temperaturen. Die Strecke zum Ofen-Pass (2149hm) fängt mit einer leichten Steigung an, bevor der eigentliche Pass beginnt. Ich spüre die bereits absolvierten Höhenmeter & Kilometer nur allzu deutlich in meinen Beinen. Doch auch dieser Pass hat seine eigene Schönheit und somit sind die Anstrengungen nebensächlich. Meine Beine fühlen sich müde an und meine Energie schwindet so langsam.
Ich genieße die Aussicht. Nun gehts es die kommenden Kilometer bergab, bevor es links Richtung Livigno durch den Tunnel abgeht. Die letzten Kilometer führen am Livigno-See durch die Gallerien vorbei. Ich fahre sehr locker nach Hause. Müde und zufrieden stehe ich unter der Dusche, genieße die Abkühlung und lasse die heutigen Eindrücke nochmal in meinen Gedanken kreisen.