In meinem Kopf sind noch die Erinnerungen aus 2014: Minusgrade, Regen, Schnee und schwierige Bedingungen fürs Schwimmtraining. Eigentlich stand für mich fest, dass ich nicht mehr hier hoch nach St. Moritz kommen möchte. Nun hat mich Jo doch überredet. Wir packen alles ins Auto und fahren via Auto und Fähre von Mallorca 1500km quer durch Europa. Da es sich super mit der Reise verbinden lässt, mache ich den Chiemsee Triathlon mit. Leicht gerädert kommen wir nach langer Fahrt in Deutschland an. Auch wenn es nicht ganz zum Sieg reicht, bin ich mit meiner Lauf- und Radleistung happy an diesem Tag. Trotzdem gibt es nichts, worauf ich mich ausruhen könnte und so geht es schon am nächsten Morgen weiter ins Höhentrainingslager nach St. Moritz.
Dort angekommen, kann ich es kaum glauben: Die Sonne scheint; es hat weit über 30 Grad; es gibt eine fantastische neue Schwimmhalle; ich freue mich, Brett Sutton wieder zu sehen. Kurz: Alle Bedenken die ich vom letztjährigen Aufenthalt mitgebracht habe, lösen sich in Luft auf. Beim morgendlichen Schwimmen sind links und rechts neben mir auf der Bahn die beiden Olympiasieger von London 2012: Nicola Spirig und Alistaire Brownlee. Die vielen Ironman-Titel der anderen Athleten, die noch da sind, kann man kaum zählen. Und ich bin inzwischen ja auch ein zweifaches Schwergewicht. 😉 Ich fühle mich wohl, aber der Vergleich mit den anderen zeigt auch, dass ich mich zwar im Schwimmen verbessert habe, aber noch viel Luft nach oben ist!
Wenn das Wetter mitspielt, ist es ein Genuss die Pässe hier oben zu radeln. Auch wenn ich anfangs immer das Gefühl habe, dass mir jemand die Nase zuhält, gewöhne ich mich doch über die Tage an die Höhe und mit jedem Tag bekomme ich besser Luft. Um so erstaunter bin ich, dass ich bei meinen Laufzeiten fast an meine normalen Zeiten anknüpfen kann. Der Gewöhnungseffekt an die Höhe stellt sich schneller ein als noch im letzten Jahr. Nur die Regenerationszeit dauert auf gut 1800m etwas länger. Besonders wenn meinem Coach und Philosophieprofessor einfällt, dass der lange Lauf an den Wanderwegen Friedrich Nietzsches entlang führen soll und ich deswegen auch schon mal einen Marathon laufen muss. Immerhin finde ich jetzt den pyramidal aufgetürmten Zarathustra-Stein am Silvaplanasee mit zugebundenen Augen.
Vor zwei Wochen hätte ich nicht zu glauben gewagt, dass ich es bedauern werde, nur zweieinhalb Wochen hier oben zu sein. Denn es steht die Half Challenge Poznan auf dem Plan. Wochenlang freue ich mich riesig auf dieses Event. Doch irgendwie geht es mir die Tage vor dem Rennen nicht so gut und plötzlich möchte ich eigentlich gar nicht mehr starten. Jedoch ist mein Teamkollege Markus Hörmann am Start und Jo sagt, dass er so oder so hinfährt, um ihn an der Strecke zu unterstützen. Er ist sich sicher, dass Markus ein gutes Rennen machen kann und weiß, einen wie großen Unterschied es für einen Athleten macht, wenn der Coach am Rand steht. Also komme ich eben mit. Wenigstens das Schwimmen und Radfahren kann ich machen und beim Laufen schaue ich dann, wie es mir geht.
Beim Schwimmen habe ich echt Tränen in den Augen, da ich überhaupt nicht vorwärts komme. Ich kann die Gruppe nicht halten und schwimme im Zickzack über die Regattastrecke. Gefühlt bin ich ewig im Wasser und steige dann tatsächlich mit frustrierenden sieben Minuten Rückstand aus dem Wasser. Ich schimpfe vor mich hin und sage meinem Coach, dass es doch keinen Sinn macht, das Rennen ist jetzt schon vorbei. Er besteht drauf, dass ich wenigstens noch Rad fahre, sonst wäre es ein total verlorener Trainingstag. Doch komischerweise kommt nach 20km auf dem Rad mein Kampfgeist zurück und ich sammle immer mehr Mädels ein. Mit über einer Minute Vorsprung steige ich vom Rad. Jo steht am Rand und fragt mich, was ich gemacht hätte. Ich weiß es nicht. Also lauf ich mal fünf Kilometer und schaue wie weit ich komme. Nur nach fünf Kilometern führe ich immer noch. Dann halt noch mal fünf in dem Tempo. Ich liege immer noch an der Spitze und habe meinen Vorsprung sogar noch weiter ausgebaut. Also, weiter laufen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie glücklich ich bin, als ich die Ziellinie als Erste überquere. Das ist mein erster großer Sieg auf einer Halbdistanz. Bei diesem Starterfeld habe ich nie im Traum an einen Sieg gedacht und niemand hat mit mir gerechnet. Noch nie bin ich so über die Laufstrecke geflogen. Ich habe eine neue persönliche Bestzeit aufgestellt: 1:24min auf 21,8km! On top hat Markus in einem saustarken Männerfeld seinen ersten Podiumsplatz geholt. Dieses Wochenende war ein riesen Erfolg für unser Team TRIPEP: zwei Starts, zwei Podiumsplätze!
Nun kommen ein paar Tage Training in meiner Heimat um Jena, bevor es dann noch einmal nach Polen geht. Diesmal zum Ironman 70.3 Gdynia. Wieder mit Jo und Markus. Hoffentlich können wir dort beide noch einmal so ein Rennen wie in Poznan abrufen. Nach diesem Wochenende freue ich mich schon richtig drauf!
Sportliche Grüße aus dem schönen Thüringen, Diana