Interview: Im Rahmen des BMC Team-Up Camps im südspanischen Altea hatten wir diese Woche Gelegenheit, uns mit einem der erfolgreichsten Mountainbiker der Geschichte zu unterhalten. BMC-Profi Julien Absalon kann auf eine inzwischen 15 Jahre lange, äußerst erfolgreiche Cross-Country-Karriere zurückblicken. Der Franzose im Velomotion-Interview über Rio, Karriereende und seine Leidenschaft für den Rallyesport.
Hallo Julien, ganz spontan – wenn du an letzte Saison denkst, was war dein persönliches Highlight?
Julien: Das war ganz klar mein Worldcup-Sieg in Albstadt (zum Velomotion-Bericht). Zum einen ist es einfach meine Lieblingsstrecke und zum anderen war es ein richtig packendes Rennen. Nino [Schurter, Anm. d. Red.] hatte einen super Tag, ich hatte einen super Tag. Kurz vor der letzten Runde sah es eigentlich aus, als würde ich mich Nino geschlagen geben müssen, doch als er dann stürzte, hat es für mich doch noch gereicht. Es war ein sehr emotionaler Sieg für mich.
Solche Rennen und solche Siege sind für dich also inzwischen nicht zur Routine geworden? Immerhin bist du seit über 15 Jahren professionell auf dem Rad dabei und hast fast alles gewonnen, was man gewinnen kann.
Julien: Nein, das ist doch das Schöne daran: Solche Siege und solche Emotionen werden nie zur Routine. Ich glaube ich kann wirklich behaupten, ich freue mich über meine Siege noch immer genau so, wie noch vor 10 oder 12 Jahren.
A propos große Emotionen – nächstes Jahr stehen ja die Olympischen Spiele in Rio an. Das große Saisonhighlight, oder?
Julien: Klar, ohne Frage, Olympia ist mein Fixpunkt in der nächsten Saison und meine dritte Goldmedaille [nach 2004 in Athen und 2008 in Peking, Anm. d. Red.] wäre der perfekte Schlusspunkt unter meiner Karriere. Ich möchte den Leuten gerne mit einem solchen Erfolg im Gedächtnis bleiben. Insbesondere, da es in London 2012 ja nicht so gut lief und ich mit einem Defekt schon früh ausgeschieden bin.
Bestimmt Olympia denn für dich dann auch die Saisonplanung und Vorbereitung?
Julien: Das würde ich so nicht sagen. Klar, es ist immer im Hinterkopf, aber Olympia ist erst im August, am Ende der Saison! Ich möchte davor eine gute Saison fahren, denn es gibt kein besseres Training als echte Rennpraxis. Liebend gerne würde ich eben auch wieder in Albstadt gewinnen. Desto näher die Spiele dann kommen, umso eher wird man dann sehen, ob wir Training und Planung anpassen müssen. In einer Saison kann viel passieren.
Du warst in diesem Jahr ja im Rahmen der Mountain Bike Challenge bereits auf dem Olympia-Kurs in Rio unterwegs – was hältst du davon?
Julien: Ja, ich kenne den Kurs bereits, er steht ja schon eine ganze Weile. Ich mag ihn. Er ist technisch sehr anspruchsvoll und kommt mir mit seinem langen Anstieg auch eher entgegen als beispielsweise der flache Kurs bei den Spielen in London vor drei Jahren. Das einzige, was mich ein wenig stört – er fühlt sich irgendwie künstlich an. Alle Hindernisse sind von Menschenhand gebaut, genau wie Kurvenführung und alles andere auch. Da geht schon ein wenig der Spirit verloren, der das Mountainbiken eigentlich ausmacht.
Wenn wir schon vom Mountainbiken sprechen – hat dich die Straße nie gereizt? Viele deiner Kollegen haben ja irgendwann auf schmale Reifen umgesattelt.
Julien: Nein, nie. Ich bin Mountainbiker. Ich hatte einige Gelegenheiten und auch sehr gute Angebote, insbesondere nach meine Goldmedaille in Athen. Aber es kam für mich nie wirklich in Frage. Ich mag die kurzen, explosiven Rennen im Cross Country – in meiner Freizeit oder beim Training steige ich schon auch gerne mal auf’s Rennrad, aber im Wettkampf werde ich immer Mountainbiker bleiben.
Lass uns mal noch kurz bei der Straße bleiben. Es wird gerade ja viel geredet und diskutiert, weil die UCI ab kommender Saison Scheibenbremsen auch auf der Straße zulässt. Kannst du die Sorgen und Bedenken deiner Kollegen verstehen?
Julien: Nicht wirklich um ehrlich zu sein. Wenn ich an die Zeit zurückdenke, als bei uns Scheibenbremsen eingeführt wurden – wir haben uns alle riesig gefreut. Klar, die Voraussetzungen sind andere, aber die Bremskraft, vor allem bei Nässe, ist mit Scheiben so viel besser und so viel leichter einzuschätzen. Die Verletzungsgefahr bei Massenstürzen steigt vielleicht minimal – dafür steigt die Sicherheit in der Abfahrt aber enorm. Ich denke, dass sich Discbremsen sehr schnell durchsetzen werden – auch auf der Straße.
Was machst du denn, wenn du mal nicht auf dem Rad sitzt? Kommst du überhaupt noch zu etwas anderem?
Julien: (lacht) Aber klar! Im Winter gehe ich beispielsweise liebend gerne in die Berge zum Skifahren. Eine weitere Leidenschaft ist der Motorsport, genauer gesagt Rallyefahren – da habe ich in der Vergangenheit schon zum Spaß an der einen oder anderen Veranstaltung teilgenommen.
Nach Olympia hängst du ja deine Radschuhe dann an den Nagel – hast du schon einen Plan was danach kommt?
Julien: Eigentlich nicht. Ich muss mir aber wirklich Gedanken machen – ich bin nämlich ein totaler Sport-Süchtling. Ich kann nicht ohne. Und inzwischen habe ich mich auch so sehr an das Wettkampfleben gewöhnt, das wird richtig hart. Aber ich werde schon was finden (lacht).
Das glaube ich auch! Ich danke dir jedenfalls für deine Zeit und viel Erfolg im nächsten Jahr!