Radsport: Am Sonntag ist es soweit – mit der Flandern-Rundfahrt startet in Brüssel das absolute Highlight der belgischen Klassikersaison und das zweite Monument des Jahres. An der Strecke hat sich nicht viel geändert, doch die Leistungsdichte an der Spitze ist eng wie lange nicht.
Flandern-Rundfahrt 2016: Strecke
Die Strecke der Flandern-Rundfahrt hat sich in den vergangenen 99 Ausgaben stark verändert – zuletzt vor fünf Jahren, als die berühmt-berüchtigte Muur der Schleife aus Oude Kwaremont und Paterberg weichen musste. Diese tiefgreifende Änderung machte das Finale der Ronde abwechslungsreicher und unberechenbarer. Außerdem wurden den Teams neue taktische Optionen eröffnet. Auch 2016 fällt der Startschuss natürlich wieder in Brüssel – von dort rollt das Feld nach einem neutralisierten Start die ersten 100km über zumeist flache Straßen mit einigen wenigen Pflaster-Passagen.
Nach 103km beginnt jedoch der harte Teil des Rennens für die Fahrer – denn hier wartet der erste von insgesamt 18 Hellingen, die bewältigt werden müssen. In den vergangenen Jahren hatte sich vor allem der Abschnitt der Oude Kwaremont und dem folgenden Paterberg als rennentscheidend erwiesen. Im vergangenen Jahr waren es hier Niki Terpstra (Etixx – Quick-Step) und der spätere Sieger Alexander Kristoff (Katusha), die sich während der letzten von drei Überquerungen der Oude Kwaremont entscheidend vom Feld absetzen konnten. Hier werden auch die zahlreichen Zuschauer am Straßenrand oft zu einem entscheidenden Faktor: Sie verschmälern das ohnehin schon kleine Sträßchen weiter und gerade an den wenigen etwas flacheren Passagen ist es den Fahrern fast unmöglich zu überholen. Auch aus diesem Grund wird oft bereits am Fuße verbissen um eine möglichst gute Position gekämpft – verpasst man nämlich hier den Sprung in die eventuelle Fluchtgruppe, könnte der Traum vom Sieg schnell ausgeträumt sein.
https://www.youtube.com/watch?v=C4wn-TNcczw
Besonders die letzte Überquerung des Paterberg wird nach 242km so richtig weh tun: Zwar ist er nur 360m lang, aber die schmale, grob gepflasterte Straße weist eine Steigung von durchschnittlich 12,5% auf und an einigen Stellen erreicht sie mehr als 20%. Es ist das perfekte Terrain, um eine letzte, vielleicht entscheidende Attacke zu fahren.
Flandern-Rundfahrt 2016: Favoriten
Sieger der letzten 10 Jahre
2006 Tom Boonen
2007 Alessandro Ballan
2008 Stijn Devolder
2009 Stijn Devolder
2010 Fabian Cancellara
2011 Nick Nuyens
2012 Tom Boonen
2013 Fabian Cancellara
2014 Fabian Cancellara
2015 Alexander Kristoff
Fabian Cancellara (Trek-Segafredo)
Fabian Cancellara war zusammen mit Tom Boonen die dominante Figur der Flandern-Rundfahrt in der jüngeren Vergangenheit. Der Schweizer fährt seine letzte Saison und durfte bereits einige Erfolge feiern, obwohl er auch immer wieder vom Pech heimgesucht wurde. Beeindruckend war vor allem der Triumph bei der Strade Bianche, als er mit unbändigem Willen und viel Risiko als Solist zum Sieg fuhr. Bei Mailand – Sanremo fuhr er zusammen mit Peter Sagan in höchst aussichtsreicher Position in der Flamme Rouge, ehe ihm der Sturz von Gaviria (Etixx – Quick-Step) einen Strich durch die Rechnung machte.
Alexander Kristoff (Katusha)
Natürlich zählt auch Alexander Kristoff als Titelverteidiger zum engeren Favoritenkreis. Nach einem enorm starken Saisonstart in Katar und im Oman hatte er in den vergangenen Wochen mit kleineren und größeren Problemen zu kämpfen. Eine Erkältung verhinderte den Start bei Gent-Wevelgem, aber der zweite Platz bei Kuurne-Brüssel-Kuurne dürfte dem Norweger Mut machen, auch wenn ihn bei der Ronde eine andere Herausforderung erwartet. Dass sich der Katusha-Profi gut von seiner Erkältung erholt hat, zeigte er mit guten Leistungen bei den Drei Tagen von De Panne, wo er kurz vor dem Gesamtsieg steht.
Peter Sagan (Tinkoff)
Der Fluch des Weltmeistertrikots ist gebannt! Nach zweiten Plätzen beim Omloop Het Nieuwsblad, Tirreno-Adriatico und dem E3 Harelbeke konnte der Slowake bei Gent-Wevelgem endlich seinen ersten Sieg im Regenbogentrikot feiern. Sagan ist zweifellos einer der Fahrer, die mit der schweren Strecke am besten zurechtkommen sollten, doch das wissen auch seine Konkurrenten. Es dürfte also einmal mehr schwer werden, Mitfahrer zur Zusammenarbeit zu bewegen. Jedoch wäre es nicht das erste Mal, dass sich Sagan mit einem Alleingang durchsetzen würde. Es wäre das erste Monument für den 25-jährigen.
Tom Boonen (Etixx – Quick-Step)
Tom Boonen hatte bis zum jetzigen Zeitpunkt eine ruhige Saison ohne große Erfolge. Doch weiß der Altmeister ganz genau, wie man die Flandern-Rundfahrt gewinnt – schließlich ist ihm dieses Kunststück bereits drei Mal gelungen. Außerdem kann er mit Stybar, Terpstra und Martin auf ein sehr starkes Team bauen. Abhängig vom Rennverlauf ist auch ohne weiteres denkbar, dass das Team am Ende für Stybar oder den zweitplatzierten von 2015, Niki Terpstra baut. Es wäre höchste Zeit, dass das so stark besetzte Team von Etixx in dieser Saison einen Klassikererfolg einfährt. Die Fahrer stehen jedenfalls unter Druck.
Greg van Avermaet (BMC)
Greg van Avermaet hatte einen sensationellen Start in die Saison. Zuerst gewann er überlegen beim Omloop Het Nieuwsblad, dann setzte er mit dem Gesamtsieg bei Tirreno-Adriatico sogar noch einen drauf. Doch ausgerechnet nach diesem großen Erfolg bekam die Formkurve des BMC-Fahrers einen kleinen Knick. Beim E3 Harelbeke konnte er wegen einer Erkältung nicht an den Start gehen, doch unterstrich der 30-jährige in diesen Tagen immer wieder, dass er für die Ronde bereit ist. Im letzten Jahr fuhr er auf einen starken dritten Platz – auch wenn er dagegen sicherlich nichts einzuwenden hätte, dürfte es dieses Jahr auch eines der beiden anderen Treppchen werden.
Flandern-Rundfahrt 2016: TV Übertragung und Livestream
Gute Nachrichten für Radsportfans in Deutschland – Eurosport überträgt im Free-TV am Sonntag ganze drei Stunden live aus Belgien. Um 14:00 Uhr beginnt die Übertragung auf Eurosport 1 – voraussichtlich bis 17:00 Uhr. Also schön am Vormittag selbst aufs Rad und den Sonntag Nachmittag mit brennenden Oberschenkeln auf der Couch verbringen und Ronde schauen – was gibt’s Schöneres!
Wer lieber im Internet schauen möchte, kann auf den (kostenpflichtigen) Eurosportplayer zurückgreifen. Fans außerhalb Deutschlands finden auf cyclingfans.com eine Übersicht Internationaler Livestreams.