Radsport: Am Sonntag fällt zum 102. Mal in der Geschichte der Startschuss zu Lüttich-Bastogne-Lüttich. „La Doyenne“ ist der älteste und zugleich vielleicht auch der schwierigste Klassiker der Saison und wartet in diesem Jahr mit einer pikanten Streckenänderung und möglicherweise komplizierten Witterungsbedingungen auf. Wir haben alle Infos in der Vorschau.
Ältester Klassiker, schwerstes Rennen des Frühjahrs, Monument des Radsports, Saisonhighlight: Lüttich-Bastogne-Lüttich geizt nicht mit Superlativen und nicht umsonst fiebern Radsportfans und Fahrer gleichermaßen auf den letzten Ardennenklassiker am kommenden Sonntag hin. Doch in diesem Jahr verleihen der ‚La Doyenne‘ (dt: Die alte Dame) zwei Dinge noch zusätzliche Würze: Zum einen macht eine kleine, aber eventuell entscheidende Streckenänderung das Finale noch schwerer und komplizierter als ohnehin schon. Zum anderen sagen die Wetterfrösche unisono schwierige Bedingungen voraus: Wind, Kälte, Regen und sogar Schnee erwarten die Teilnehmer.
Lüttich-Bastogne-Lüttich 2016: Die Strecke
Lüttich-Bastogne-Lüttich steht als letzter der Ardennenklassiker zwar in einer Reihe mit dem Flèche Wallonne und dem Amstel Gold Race, unterscheidet sich jedoch durchaus beträchtlich in Strecke und Ausrichtung. Während der Wallonische Pfeil und vor allem das Amstel Gold Race mit ihren vielen kurzen, steilen Anstiegen ganz klassische Puncheure bevorzugen, kommen bei Lüttich-Bastogne-Lüttich oft auch klassische Kletterer zum Zug. Die Anstiege sind meist länger, zäher und über eine Länge von über 250km wird das Rennen somit zu einem harten Prüfstein für ausnahmslos jeden Fahrer im Feld.
Fast symbolisch für das Rennen steht die Côte de la Redoute ca. 40km vor dem Ziel: Auf dem knapp zwei Kilometer langen, durchschnittlich 8,4% und teilweise über 20% steilen Anstieg wird das packende Finale meist eingeläutet und die Favoriten auf den Sieg werden hier gezwungen, sich aus der Deckung zu begeben. Neu ist in diesem Jahr die Côte de la Rue Naniot nur 3km vor der zähen Bergankunft in Ans. Zwar ist der Lü-Ba-Lü Neuling nur 600m lang, dafür ‚glänzt‘ er jedoch mit einem unregelmäßig gepflasterten Straßenbelag und einer durchschnittlichen Steigung von über 10% – hier könnte es zu möglicherweise entscheidenden Attacken kommen.
Alle zehn Anstiege von Lüttich-Bastogne-Lüttich im Überblick
Position | Name | Länge | Steigung |
---|---|---|---|
78,5km | Côte de la Roche-en-Ardenne | 2.800m | 6,2% |
125km | Côte de Saint-Roch | 1.000m | 11,2% |
168,5km | Côte de Wanne | 2.800m | 7,4% |
179km | Côte de la Haute-Levée | 3.600m | 5,6% |
192km | Col du Rosier | 4.400m | 5,9% |
204,5km | Côte de Maquisard | 2.500m | 5% |
216,5km | Côte de La Redoute | 2.000m | 8,9% |
232,5km | Côte de la Roche-aux-Faucons | 1.300m | 11% |
246,5km | Côte de Saint-Nicolas | 1.200m | 8,6% |
250km | Côte de la Rue Naniot | 600m | 10,5% |
Das Besondere an La Doyenne ist seine Unvorhersehbarkeit – in dieser Hinsicht ist das Finale von Lüttich-Bastogne-Lüttich fast ein Gegenentwurf zum Wallonischen Pfeil: Während bei letzterem in neun von zehn Fällen die Entscheidung an der Mur de Huy fällt (so auch in diesem Jahr), bieten die finalen 30km bei Lüttich-Bastogne-Lüttich deutlich mehr taktische Möglichkeiten. Die entscheidenden Nadelstiche setzen die Favoriten und ihre Helfer aber meist an der Côte de Saint-Nicolas – doch bieten auch die folgenden 7km bis ins Ziel noch viele weitere Chancen für eventuell abgehängte Fahrer, sich zurückzukämpfen. Für Spannung ist jedenfalls gesorgt.
Lüttich-Bastogne-Lüttich 2016: Das Wetter
Die diesjährige Klassikersaison zeigte sich bis jetzt von ihrer milden Seite: Bei fast allen Rennen genossen die Profis gute Bedingungen – doch aller Voraussicht nach wird sich dies am Sonntag ändern. Am Samstag wird eine breite Kaltfront Mitteleuropa heimsuchen, die nicht nur einen deutlichen Temperatursturz, Regen und Graupel mitbringt, sondern auch unangenehmen Wind aus Süden. Letzterer dürfte den Fahrern jedoch vielleicht sogar entgegenkommen und sie auf dem schweren Weg zurück nach Lüttich als Rückenwind begleiten.
Während den Profis wohl Schnee erspart bleiben wird, dürfte es mit Temperaturen unter 10°C und Dauerregen dennoch höchst ungemütlich werden und die kurzen Pflasterpassagen zu einer ziemlichen Rutschpartie machen.
Lüttich-Bastogne-Lüttich 2016: Die Favoriten
Alejandro Valverde (Movistar)
Der Vorjahressieger ist auch in diesem Jahr wieder der Topfavorit. Alejandro Valverde ist wie geschaffen für dieses Rennen: Ein zäher Kletterer mit hoher Endgeschwindigkeit und ordentlich Punch. Es ist kein Zufall, dass er hier bereits drei Mal triumphieren konnte, unter anderem eben auch im letzten Jahr. Bei seinem überlegenen Sieg am Mittwoch beim Wallonischen Pfeil unterstrich er seine hervorragende Form und seine Ambitionen für Sonntag. Der Spanier wird der Fahrer sein, den es für die anderen zu schlagen gilt.
Daniel Martin (Etixx – Quick-Step)
Am Mittwoch beim Flèche Wallonne hätte es Dan Martin im Verbund mit seinem Teamkollegen Julian Alaphilippe beinahe geschafft, den übermächtigen Alejandro Valverde an der Mur in die Knie zu zwingen – jedoch eben nur fast. Am Ende blieben dem Etixx-Duo nur die Plätze Zwei und Drei. Dennoch – die Vorstellung war höchst überzeugend und das zähe Finale der La Doyenne könnte dem irisch-französischen Zweigespann entgegen kommen. Wenn sie ihre Karten richtig ausspielen, könnten zumindest einer der beiden am Ende ganz oben auf dem Treppchen stehen.
Joaquim Rodriguez (Katusha)
Valverdes Landsmann Joaquim Rodriguez könnte auch am Sonntag wieder einer seiner schärfsten Konkurrenten werden. Ein Sieg bei Lüttich-Bastogne-Lüttich fehlt noch im Palmares des erfolgsverwöhnten Katusha-Profis. Als starker Kletterspezialist zählt der Spanier zweifellos zum engeren Favoritenkreis – zumindest auf dem Papier. Am letzten Mittwoch fehlte dem 36-jährigen an der Mur doch ein ordentliches Stück auf die Spitzenfahrer. Doch Lü-Ba-Lü ist ein anderes Rennen und Rodriguez hat mit seinem dritten Platz im letzten Jahr Blut geleckt.
Simon Gerrans (Orica-GreenEDGE)
Simon Gerrans, der Sieger von 2014, ließ am Mittwoch den Flèche Wallonne aus, um sich nach eigenen Angaben perfekt auf Sonntag vorzubereiten. Das Ziel des charismatischen Australiers ist klar: Der zweite Triumph bei Lüttich-Bastogne-Lüttich muss her. Nach einem famosen Start in die Saison mit seinem Sieg bei der Tour Down Under, war der 35-jährige zuletzt ein wenig ins Stocken geraten. Doch auch wenn keine Siege zu Buche stehen, deuten vielversprechende Leistungen in Katalonien und bei der Baskenland-Rundfahrt das große Potenzial des Orica-Profis an. Es muss nur der Knoten platzen – vielleicht ja am Sonntag?
Lüttich-Bastogne-Lüttich 2016: TV und Livestream
Zwei Stunden berichtet Eurosport live aus Belgien. Die Übertragung startet am Sonntag um 15:00 Uhr und man bekommt damit die Gelegenheit, die entscheidende Phase des Rennens live am Bildschirm zu verfolgen.
Lüttich-Bastogne-Lüttich Liveübertragung
Datum: 24.04.2016
Uhrzeit: 15:00 Uhr – 17:00 Uhr
Sender: Eurosport 1
Wer das Rennen lieber via Internet verfolgt, kann entweder auf den Eurosportplayer zurückgreifen, oder vom kostenlosen Angebot auf Zattoo Gebrauch machen, bei dem Eurosport ebenfalls zum Angebot gehört. Radsportfans, die von außerhalb Deutschlands ins Netz gehen, können sich auf www.cyclingfans.com umsehen, wo für fast jedes größere Land ein entsprechender Livestream gelistet wird.