Test / E-Performance: Mit dem Pendix haben wir einen E-Bike Nachrüstantrieb Made in Germany unter die Lupe genommen. Der leicht zu montierende, knapp 1.500€ teure Antrieb überzeugt mit durchdachtem Konzept und leistet sich im Praxistest nur einige wenige kleine Schwächen. Dennoch ist der Pendix kein Antrieb für Jedermann.
Pendix: Das Konzept
E-Bikes erobern langsam aber sicher den Markt – das zeigt jede Messe, das zeigen die Verkaufszahlen oder einfach nur der Blick auf die Straße bzw. den Radweg. Nachrüstlösungen zählen aber trotz des E-Bike-Booms noch immer zu den Exoten und verstecken sich in einem Nischenmarkt. Dabei dürfte der Bedarf durchaus vorhanden sein: Schließlich gibt es nicht wenige Radfahrer, die vor nicht allzu langer Zeit viel Geld in ein neues Rad gesteckt haben, das jetzt aber mangels Fitness oder auf Grund von Verletzungen im Keller oder der Garage verstaubt. Für viele dieser Radfahrer ist der Gedanke an ein E-Bike durchaus verlockend – doch wieder eine Großinvestition? Und wohin mit dem alten, neuen Rad? Genau hier sind Nachrüstlösungen eine äußerst attraktive Option, um mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Doch das Problem vieler Nachrüstkits war bisher, dass sie entweder nur mit sehr großem Aufwand montiert werden konnten, dass die Montage nur an ausgewählten Rädern möglich war oder sogar beides. Mit diesen bestehenden Problemen vor Augen setzten sich die Köpfe hinter dem deutschen Hersteller Pendix zusammen, um einen besseren, universellen Nachrüstantrieb zu entwickeln. Aus diesen Gedanken entstand der gleichnamige Antrieb Pendix – montierbar in weniger als einer Stunde, kompatibel mit fast allen gängigen Fahrrädern und aus technischer Sicht voll auf dem Stand der Zeit.
Trotz der einfachen Montage entschied man sich bei Pendix jedoch gegen einen Direktvertrieb an die Endkunden – aus Haftungsgründen. Der Fachhändler übernimmt nicht nur die Montage des Antriebs, sondern überprüft auch, ob das Rad technisch überhaupt für den Einbau geeignet ist. 1.490€ kostet der Pendix übrigens – für den Einbau muss je nach Aufwand noch etwas mehr einkalkuliert werden.
Pendix: Was steckt dahinter?
Der Pendix besteht im Grunde genommen aus zwei Komponenten: Dem in der Kurbel integrierten Motor, und dem Akku samt Steuerungselektronik und Bedieneinheit. Letzterer ist ein optisch recht gelungener, schwarzer Zylinder, der einfach an den Gewinden für den Flaschenhalter montiert und mit einem Kabel an Motor bzw. Kurbel angeschlossen wird. Der Motor sitzt in einem runden Kunststoffgehäuse, das zwischen Tretlager und linkem Kurbelarm sitzt. Optisch ist das zwar auf den ersten Blick etwas Gewöhnungsbedürftig, doch hat es zwei entscheidende Vorteile: Die Montage ist vergleichsweise einfach und an fast allen Rädern möglich. Voraussetzung ist lediglich ein Rahmen mit BSA Gewinde für das Innenlager. Platzprobleme gibt es durch den Motor keine, da auf der linken Seite des Rahmens für gewöhnlich mehr als genügend Platz vorhanden ist.
Der Antrieb selbst bringt 250 Watt und 50Nm auf die Straße – durchaus ansehnlich für einen Nachrüstantrieb! Die Energie kommt aus dem schwarzen Zylinder, in dem ein 300Wh Akku steckt. Ein stärkeres Modell mit mehr Ausdauer wurde übrigens gerade eben für die in zwei Wochen startende Eurobike angekündigt. Neben den Energiezellen steckt in dem Gehäuse auch die Steuerung und die Anzeige für den Ladezustand. Der Pendix lässt sich in drei Unterstützungsstufen regeln – Eco, Smart und Sport. Die Wahl erfolgt über ein auch während der Fahr gut erreichbares und sehr gut bedienbares Drehrad an der Oberseite des Akkus. Hier sitzt zudem ein stylischer Leuchtring, dessen LEDs den Ladezustand signalisieren und auch bei hellem Tageslicht gut erkennbar sind.
Für eine Steuerung der Unterstützung sorgt das smarte Tretlager in Verbindung mit Tritt- und Geschwindigkeitssensoren. So soll der Pendix eine ähnlich harmonische Unterstützung bieten wie moderne E-Bikes.
Pendix: So schlägt sich der Nachrüst-Antrieb in der Praxis
In der Theorie klingt das alles ja ganz gut, doch was entscheidet ist die Praxis. Wir sitzen auf unser Testrad und fahren erst einmal ohne aktivierten Antrieb los: Das geht erstaunlich gut, was mitunter auch an dem mit 6,5kg nur geringen Mehrgewicht liegt, vor allem jedoch an dem im ausgeschalteten Modus völlig unauffälligen Motor, der während des Tretens keinerlei Widerstand leistet. So lässt sich der Antrieb beispielsweise auch während der Fahrt problemlos ausschalten, wenn man ihn mal längere Zeit nicht benötigt.
Aber wir wollen hier ja schließlich den Antrieb testen, also ein kurzer Handgriff zum Akku, auf den großen Knopf in der Mitte gedrückt und es kann losgehen. Die Unterstützung ist bereits im Eco Modus deutlich spürbar und macht ordentlich Druck. Noch sportlicher wird’s in den Modi Smart und Sport, wobei uns die höchste Unterstützungsstufe fast ein wenig zu viel des Guten war und zeitweise auch etwas unharmonisch erschien. Das Einstellen der verschiedenen Levels geht schnell und dank deutlich spürbaren Klicks im gut erreichbaren Drehrad weiß man auch immer in welcher Stufe man unterwegs ist. Richtig überrascht waren wir von der quasi nicht vorhandenen Geräuschkulisse des Pendix: Der Antrieb gehört zum leisesten, was wir in diesem Bereich bisher getestet haben.
Negativ fiel uns der deutlich spürbare Nachlauf des Systems auf. Hört man auf zu treten, ’schiebt‘ der Motor noch für einen kurzen Moment nach, bevor er seine Arbeit einstellt. Man gewöhnt sich zwar schnell daran und in den meisten Fällen ist dies auch zu vernachlässigen, aber damit disqualifiziert sich der Pendix leider für den sportlichen Einsatz am E-MTB – während technischer Passagen könnte das kurze Nachschieben nämlich unschön enden.
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt bringt der Pendix einen Akku mit 300Wh mit: Das ist gemessen an den Akkus ‚echter‘ E-Bikes nicht allzu üppig – hier kommen meist 400Wh oder gar 500Wh zum Einsatz. Die etwas kleinere Kapazität schlägt sich auch in der Reichweite nieder: Je nach Unterstützungsstufe, Terrain und eigener Leistung sind aber durchaus bis zu 70km drin – bei langen Bergauffahrten und wenig Eigeneinsatz kann aber auch schon nach 25km Schluss sein. Zum Laden lässt sich der Akku sehr leicht mit einem Handgriff entnehmen. Um den kostbaren Zylinder vor Langfingern zu schützen, verfügt er über eine herausziehbare Metalllasche, durch die ein handelsübliches Schloss gefädelt werden kann.
Pendix: Fazit zum E-Bike Nachrüstsatz
Der Pendix ist ein äußerst interessanter E-Bike Antrieb. Interessant, weil er nicht nur leicht, sondern ebenso nahezu geräuschlos, leicht nachzurüsten und mit einem Großteil der handelsüblichen Räder kompatibel ist. Auch im Praxistest zeigt er deutlich mehr Licht als Schatten: Für Tourenfahrer, die zwischendurch auch gerne mal ohne Unterstützung unterwegs sind, ist er eine hervorragende Wahl. Etwas störend empfanden wir das deutliche Nachschieben, weshalb wir den Antrieb auch nur eingeschränkt für den Offroad-Gebrauch empfehlen würden. Die Reichweite ist mit dem 300Wh Akku etwas eingeschränkt – doch das in wenigen Wochen erscheinende neue Modell mit höherer Kapazität wird Abhilfe schaffen können.