Bergamont Trailster 10.0: Rahmen und Geometrie
Der Rahmen des Bergamont Trailster 10.0 ist in vielerlei Hinsicht eine mächtige Erscheinung. Zunächst sticht natürlich die neongelbe Farbe ins Auge, die wahrscheinlich nicht jedermanns Geschmack ist, aber zweifellos aus dem schwarz-grauen Einerlei weiten Teilen des Fahrradmarkts heraussticht. Als nächstes fallen die voluminösen, kantigen Rohre des Carbonrahmens auf, die sich jedoch äußerst gut in die Linienführung fügen. Zu guter Letzt: Der Hauptrahmen des Trailster ist lang, richtig lang. Mit einem Reach von knapp 470mm in Größe L macht er so manchem Enduro Konkurrenz. Dazu jedoch später mehr.
Klar, mit 3.999€ ist das Bergamont durchaus eines der teureren Trailbikes dort draußen. Doch das merkt man auch: Der Rahmen ist extrem hochwertig verarbeitet und Details wie der Unterrohrschutz, der integrierte Kettenschutz und das Metallplättchen auf Höhe der Kurbel, das den Rahmen im Falle eines Kettenabwurfs schützt wissen zu überzeugen. Das Trailster steht auf klassischen 27,5″ Laufrädern – kein Plus, kein Boost. Für einige mag das vielleicht ein Kritikpunkt sein, doch hat 650b gerade bei wendigen Trailbikes definitiv einige Vorzüge und die klassischen 142mm bzw 15mm Achsen ermöglichen es, das Rad noch mit einem eventuell vorhandenen Laufradsatz ohne Boost aufzurüsten.
Mit 150mm Federweg im Heck bietet das Bergamont Trailster mehr Federweg als die meisten anderen Trailbikes. Mit ebenfalls 150mm an der Front bekommt man so – zumindest beim Federweg – äußerst potentes Bike, das auch für grobes Gelände noch genügend Reserven bereithalten sollte.
Geometrie Bergamont Trailster
S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 420 | 440 | 470 | 500 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 590 | 610 | 630 | 645 |
Steuerrohr (in mm) | 115 | 120 | 135 | 150 |
Kettenstrebe (in mm) | 432 | 432 | 432 | 432 |
Radstand (in mm) | 1155 | 1177 | 1198 | 1214 |
Lenkwinkel (in °) | 67 | 67 | 67 | 67 |
Sitzwinkel (in °) | 75 | 75 | 75 | 75 |
Reach (in mm) | 431 | 452 | 467 | 477 |
Stack (in mm) | 597 | 602 | 616 | 630 |
Zum üppigen Federweg passt auch die äußerst sportliche Geometrie, die größtenteils auch die eines Enduros sein könnte. Klar, der Lenkwinkel fällt mit 67° ein klein wenig steiler aus, aber mit dem sehr langen Hauptrahmen (467mm Reach in Größe L) dürfte man ein äußerst laufruhiges Rad bekommen, das aber dank der kurzen Kettenstreben dennoch kein Sattelschlepper-Feeling aufkommen lassen sollte und die für ein Trailbike so charakteristische Agilität beibehalten sollte.
Bergamont Trailster 10.0: Ausstattung
Rahmen | Super Lite MCS |
Federgabel | FOX 34 Float Performance |
Dämpfer | FOX Float DPS Elite EVOL |
Laufräder | Sun Ringlé Charger Expert AL |
Reifen VR | Maxxis Forekaster EXO Protection 2.35 |
Reifen HR | Maxxis Forekaster EXO Protection 2.35 |
Schaltwerk | Shimano XT 11-fach |
Schalthebel | Shimano XT |
Kurbel | Rotor Rex 4.1 32t |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano XT |
Bremsscheiben | Shimano RT76 180/180mm |
Sattelstütze | Manitou Jack Dropper 125mm |
Sattel | SDG Falcon RL |
Vorbau | Answer AME |
Lenker | Answer Pro Taper 750 AM |
Die Ausstattung des Bergamont Trailster 10.0 ist ein echtes Highlight beim Rad aus dem hohen Norden. Wie sagte einer unserer Tester? „Das Bike wirkt nicht wie ein Rad von der Stange, sondern als hätte ich es selbst aufgebaut.“ Die Auswahl der Komponenten ist nicht nur aus technischer Hinsicht durchdacht und dem Preis von knapp 4.000€ angemessen, sondern an vielen kleinen und großen Details sieht man, dass hier jemand am Werk war, der oder die selbst gerne und viel aufs Mountainbike steigt.
Das Fahrwerk aus FOX 34 Float Performance und FOX DPS Dämpfer kann zwar nicht mit schicken Kashima-Coating oder sonstigen Style-Boni punkten, ist aber in puncto Performance über jeden Zweifel erhaben und steht einem potenten Trailbike wie dem Trailster sehr gut zu Gesicht. Beide Federelemente lassen sich per Hebel in drei Dämpfungspositionen einstellen, damit man auf den Trail und die individuellen Ansprüche schnell reagieren kann. Beim Antrieb setzt man auf ein Kettenblatt in Kombination mit Shimanos XT 11-fach Gruppe und der 11-46 Kassette. Die Bandbreite ist so etwas kleiner als bei einigen Konkurrenten, dafür erhält man jedoch ein cleanes Cockpit, man spart Gewicht und Antriebsklappern auf dem Trail gehört der Vergangenheit an. Sehr gut gefallen hat uns die Rotor Kurbel – diese macht zwar nichts besser oder schlechter als die häufiger eingesetzten Pendants von Shimano oder SRAM, ist aber eben eines dieser kleinen Highlights, die das Bergamont zu etwas Besonderem machen.
Auch die Bremsen stammen aus Shimanos XT-Reihe und zusammen mit den 180/203mm Scheiben gibt es hier jede Menge Power und hohe Fadingresistenz auch während langer Abfahrten. Die Manitou Variostütze sieht man derzeit noch recht selten auf dem Markt und mit 125mm Hub dürfte sie hier vielleicht ein klein wenig mehr bieten. Das Cockpit von Answer sieht man so auch nicht alle Tage und der kurze Vorbau und der breite Lenker sind optisch und ergonomisch sehr gut auf das Bike abgestimmt. Die Sun Ringlé Charger Expert Laufräder bieten mit knapp 23mm Innenweite bei etwas weniger als 1.800g Gewicht solide Kost, ohne jedoch aus der ansonsten hochwertigen Ausstattung besonders hervorzustechen.
Die Liebe zum Detail bei der Ausstattung zeigt sich beispielsweise auch bei der Wahl des Steuersatzes: Andere Hersteller sparen oft an diesem unschein- und unsichtbaren Bauteil. Der Cane Creek 40 im Bergamont überzeugt hingegen mit guter Dichtung und hochwertigen Lagern, die auch Vielfahrern gewachsen sind. Selten sieht man zudem (noch?) die neuen Forekaster Reifen von Maxxis, die mit der robusten Exo Protection Karkasse vorn und hinten am Trailster verbaut sind.
Bergamont Trailster 10.0: Auf dem Trail
Gleich vornweg: Das Bergamont ist ein Wolf im Wolfspelz. Das neongelbe Carbonrad macht insbesondere in der Abfahrt so richtig viel Spaß und vermittelt unglaublich viel Sicherheit. Hier kommt nicht nur die Enduro-DNA der Geometrie zum Tragen, sondern auch das sehr schluckfreudige Fahrwerk. Der Hinterbau ist sehr potent und steckt auch heftige Schläge problemlos weg. Im flowigen Gelände vermittelt er tendenziell eher wenig Feedback vom Untergrund und wirkt zuweilen etwas schwammig. Es ist klar: Das Trailster mag es lieber ruppig als flowig.
Durchaus überraschend war die Wendigkeit des Nordlichts – angesichts des langen Radstands, des Federwegs und der allgemeinen Ausrichtung hatten wir hier ein wenig Trägheit befürchtet. Klar: Es gibt sicherlich Trailbikes, die sich agiler, wendiger und spritziger fahren, doch das Bergamont ist von einem trägen Fahrgefühl dennoch sehr weit entfernt. Enge Kurven meistert es ebenso spielend, wie es an kleinen Hindernissen zum Abziehen einlädt. Die Reifen machten ihren Job im übrigen sehr gut, auch wenn man angesichts der abfahrtslastigen Ausrichtung des Trailster hier auch über etwas gröberes nachdenken könnte.
Doch was runter fährt, muss zunächst auch hoch: In dieser Disziplin weiß das Bergamont nicht ganz so zu überzeugen wie in der Abfahrt. Wenn es richtig steil nach oben geht, neigt das Vorderrad ein wenig zum Steigen und man muss sich schon etwas nach vorn bewegen, um die Kontrolle zu behalten. Auch der Hinterbau ist hier – zumindest bei offenem Dämpfer – nicht ganz wippfrei und frisst das eine oder andere Watt an Tretleistung. In der mittleren Einstellung des Dämpfers ist hier jedoch auch Ruhe. Ist es jedoch weniger steil, klettert das Trailster auch dank des geringen Gesamtgewichts durchaus ordentlich. Die kleinste Übersetzung von 32/46 fordert jedoch durchaus ein paar stramme Waden.