Radsport: Marc Soler (Movistar) hat die Fernfahrt Paris-Nizza gewonnen. Für viele Zuschauer war seine Leistungsexplosion überraschend. Velomotion hat dem 24-jährigen Spanier schon zu Beginn der Saison einiges zugetraut und ihn in die 5towatch aufgenommen. Jetzt hat er der ganzen Welt sein Talent bewiesen. Wir blicken zurück auf sein Meisterstück in Frankreich.
Marc Soler genießt das Vertrauen
Im Alter von 24 Jahren feiern nur die wenigsten eigene Erfolge. Häufig haben sie gerade erst einen Vertrag erhalten und dürfen bestenfalls als Wasserträger ackern. In den Kader für bedeutende Rennen rücken sie oftmals nach, weil jemand vom Stammpersonal krank geworden ist. Gerade bei einem so stark besetzten Team wie Movistar ist es schwer, auf eigene Ergebnisse zu fahren. Doch Marc Soler hat das Glück. Er ist 24 und hat eine Teamleitung, die viel von ihm hält. Obwohl er in einer Mannschaft zusammen mit Nairo Quintana, Alejandro Valverde und Mikel Landa fährt, darf Marc Soler hin und wieder auf eigene Rechnung fahren. In dieser Saison hat er das in ihn gesteckte Vertrauen bereits mehrfach zurückgezahlt. Während es bei der Tour Down Under noch nicht wirklich funktioniert hat, gelang ihm bei der Ruta Del Sol mit Rang drei ein Podestplatz. Nun hat er bei Paris-Nizza den größten Erfolg seiner Karriere eingefahren.
Auf der Schlussetappe gelingt das Meisterstück
Eigentlich hätten wir es wissen müssen. Die Fernfahrt Paris-Nizza war in den vergangenen Jahren immer ein Garant für spannende Rennen, die erst auf den letzten Metern entschieden wurden. So sollte es auch diesmal sein. Doch mit Marc Soler hätte wohl niemand mehr gerechnet. Der Spanier lag vor der Schlussetappe auf Rang sechs. Mit einem Rückstand von 37 Sekunden auf Leader Simon Yates (Mitchelton-Scott) schien er selbst auf das Podium kaum realistische Chancen zu haben. Doch genau diese Aussichtslosigkeit war sein Trumpf. Marc Soler attackierte auf dem letzten Teilstück frühzeitig. Kein Taktieren. Kein Warten. Zusammen mit seinen Landsleuten David de la Cruz (Sky) und Omar Fraile (Astana) hielt er das Peloton auf Trab. Soler hatte das Glück, dass mit ihm zwei Fahrer vorn waren, die keinen gefährlichen Klassementfahrer in ihren Reihen hatten. So arbeiteten sie zunächst gut zusammen und im Peloton hielt Mitchelton-Scott für Simon Yates den Abstand im Rahmen.
Marc Soler wird für seinen Mut belohnt
Doch im Rahmen sollte der Abstand nicht bleiben. Als die Favoritengruppe auf zwölf Mann schrumpfte, attackierte Ion Izagirre (Bahrain-Merida). Die Konkurrenz sah sich an und blickte vor allem zu Simon Yates. Doch der Brite war schwach. Nach seinem Etappensieg am Tag zuvor schien ihm das Gelbe Trikot ganz und gar keine Flügel zu verleihen. Im Gegenteil. Das Trikot wirkte schwer, nass vom Regen und wie eine Last für die schmalen Schultern des Simon Yates. Dies erkannten auch die Konkurrenten, die nur wenige Augenblicke nach Ion Izagirre ebenfalls attackierten. Tim Wellens (Lotto Soudal), Dylan Teuns (BMC) und Gorka Izagirre (Bahrain-Merida) fuhren zu Ion nach vorn. Nun schien es für Marc Soler gelaufen zu sein, denn er selbst konnte im gleichen Moment de la Cruz nicht mehr folgen. Doch das Blatt wendete sich – schon wieder. Die Izagirre-Brüder kamen zu Fall und Marc Soler konnte den Anschluss an seinen Begleiter wieder herstellen. Jetzt wusste er es: Ich fahre um den Gesamtsieg. Und er fuhr.
Jetzt muss Marc Soler zurück ins zweite Glied rücken
Am Ende sollte es knapp reichen. Vier Sekunden rettete Marc Soler für den Gesamtsieg ins Ziel. So großartig seine Leistung an diesem Tage war, so wenig ließ er es sich anmerken. Fast seelenruhig nahm er auf dem Podium das Gelbe Trikot, die Blumen und den Löwen entgegen. Er hat Paris-Nizza gewonnen und damit den größten Erfolg seiner Karriere gefeiert. Doch abheben wird Marc Soler nicht. Dafür ist der Spanier überhaupt nicht der Typ. Und das ist auch gut so, denn jetzt beginnt für Marc Soler wieder sein Hauptjob: Helferdienste leisten! Trotz seines Triumphs bei Paris-Nizza spielt er im Team Movistar nur die vierte Geige. Hinter Nairo Quintana, Alejandro Valverde und Mikel Landa ist höchstens Platz für einen Teilzeit-Kapitän. Vollzeit wird Marc Soler als Helfer gebraucht – auch 2018 bei den Grand Tours. Doch genau diese Rolle könnte ihm helfen, zu einem echten Top-Fahrer zu reifen. Noch sind die Augen in Spanien nämlich nicht auf ihn gerichtet. Doch dies könnte sich schon bald ändern …