Test: Das Giant TCR zählt seit Jahren zu den erfolgreichsten Rennrädern der Profiszene. Allerdings fanden über die Zeit auch immer mehr Freizeitsportler und Hobbyfahrer Spaß an den Giant TCR Modellen, welche schon immer für ihre hochwertige Verarbeitung und ihre ausgewogene Race-Performance bekannt waren. Natürlich wurden die Modelle Jahr für Jahr, wie es sich für einen Dauerbrenner gehört , stetig weiterentwickelt und verbessert. Einer der größten Cuts wurde durch die Einführung von Scheibenbremsen hervorgerufen, wodurch das komplette Rahmendesign angepasst werden musste. Dennoch verfolgt Giant auch eine Sparte an Rädern mit Felgenbremsen weiter und erlaubt so Freunden klassischer Konzepte modernen Fahrspaß auf höchstem Niveau. So auch mit dem neuen Giant TCR Advanced 1, welches sich zwar am Highend TCR Disc orientiert, aber dennoch mit Felgenbremsen ausgestattet ist. Was das Bike letztendlich drauf hat erfahrt ihr hier!
Geschwindigkeit, Gewicht, Steifigkeit, Handling und Komfort diese Faktoren zeichnen ein Rennrad aus. Die Kunst dabei ist es alle Bereiche in Einklang zu bringen und aufeinander abzustimmen. Häufig widmen sich die Hersteller bei der Entwicklung in erster Linie aber nur ihren Topmodellen und übertragen diese Konzepte im Anschluss auf die günstigeren Modelle und Einsteigervarianten. Doch besonders für einen Einsteiger in den sportiven Rennradsport ist es entscheiden ein ausgewogenes Bike unterm Hintern zu haben, denn mit wenig Erfahrung ist es einem oft nur schwer möglich die Defizite des Bikes durch fahrerisches Können und eigene Leistung auszugleichen. Beispielsweise ist ein sehr steifer Rahmen auch dementsprechend direkt und aggressiv im Handling und will vom Fahrer auch beherrscht werden. Ist man aber einfach noch weniger geübt, so kann ein derartiges Bike schnell keinen Spaß mehr machen.
Beim neuen Giant TCR Advanced haben sich die Entwickler zwar am TCR Topmodell mit Scheibenbremsen orientiert, das Konzept dennoch nicht nur einfach auf die Einsteigerplattfom heruntergebrochen und auf Felgenbremsen ausgelegt, sondern mit geschickten Handgriffen dafür gesorgt, dass aus dem TCR Advanced 1 ein ausgewogener und sportiver Einsteiger wird, der jede Menge Fahrfreude bereitet.
Giant Advanced TCR 1 – Die Perfomancefaktoren im Überblick
Um diese Ausrichtung zu ermöglichen und ein komplettes Fahrgefühl zu erhalten hat man sich beim Giant TCR Advanced besonders auf vier Performancefaktoren konzentriert. Das Hauptziel dabei: Ein effizientes Rennrad mit genau dem richtigen Gleichgewicht zwischen Steifigkeit, geringem Gewicht und dem richtigen Komfort auf der Straße. Alle Faktoren kombiniert mit einer verbesserten Aerodynamik für zusätzliche Geschwindigkeit.
Hauptverantwortlich für diese Ausgewogenheit dürfte zum einen die Advanced-Grade-Composite-Faser des TCR Advanced-Rahmens sein, welche jedes unnötige Gramm ablegt und dennoch die für eine effiziente Fahrweise nötige Steifigkeit mit sich bringt. Hierbei kam das „Modified Monocoque Construction“-System zum Einsatz, durch welches das vordere Rahmendreieck in einem hauseigenen Fertigungsprozess als ein durchgehendes Teil geformt werden kann. Für den Advanced Carbonrahmen wurde die Serienproduktion von Grund auf geändert, sodass das Set auf 1266 Gramm inklusive Sattelstütze kommt.
Um die Fasern aber auch in die schnellste Form zu bringen, wurde der Rahmen des Giant TCR Advanced 1 unter real Bedingungen mit pedalierendem Fahrer, drehenden Rädern und 2 Trinkflaschen im Rahmen im Windkanal getestet. Jede Rohrform wurde analysiert, konstruiert und getestet, um eine Gesamtstruktur mit signifikant geringerem Luftwiderstand bei einem größeren Bereich von Anströmwinkeln zu erzeugen. Laut Herstellerangaben soll das Giant TCR Advanced auf einer 40km Runde mit 200 Watt Leistung rund 34 Sekunden schneller sein als sein Vorgänger. Zur Orientierung bei 200 Watt im Schnitt legt unser Tester ca. einen Schnitt von 30 km/h hin, also definitiv nicht nur ein Vorteil im Highspeed oder Race-Bereich.
Da aber sämtliche Verbesserungen kaum etwas nützen würden, wenn man nicht auch ein gutes Fahrverhalten und einen angenehmen Komfort mitgegeben bekommt, setzt das Giant besonders auch auf diese Punkte. Unter anderem sorgt das OverDrive-Gabelschaftsystem und das MegaDrive-Unterrohr für ein präzises Handling. Der Rahmen in Kombination mit der Variant-Sattelstütze wurde für eine ideale Mischung aus Aerodynamik und Nachgiebigkeit entwickelt und sorgt auch auf längeren Ausfahrten für das Plus an Komfort.
TCR Advanced – Geometrie und Sitzposition
Auch bei der Geometrie und Sitzposition des neuen TCR Advanced wurden einige Änderungen vorgenommen. Unter anderem wuchs der Radstand um 4 bis 5 mm über alle Größen hinweg. Zudem bekamen die kleinen Rahmengrößen etwas mehr Reach, wodurch man auf kleineren Modellen definitiv sportlich sitzen dürften. Außerdem wurde die Steuerrohrlänge überall um 3 mm reduziert. Steile Sitz- und Steuerwinkel der immer noch recht kurze Radstand mit kurzen Kettenstreben sorgen für viel Agiliät, Direktheit und ein sportives Fahrgefühl. Für Einsteiger die es dann doch noch etwas ruhiger angehen lassen wollen, empfiehlt es sich den nächstgrößeren Rahmen zu wählen, um etwas entspannter unterwegs zu sein.
Giant TCR Advanced Geometrie
XS | S | M | L | XL | |
---|---|---|---|---|---|
Sitzrohr (in mm) | 490 | 520 | 540 | 560 | 580 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 515 | 530 | 545 | 560 | 575 |
Steuerrohr (in mm) | 105 | 125 | 145 | 165 | 185 |
Kettenstrebe (in mm) | 422 | 422 | 422 | 422 | 422 |
Lenkwinkel (in °) | 71 | 72 | 72.5 | 73 | 73.3 |
Sitzwinkel (in °) | 75 | 74.5 | 74 | 73.5 | 73.1 |
Reach (in mm) | 373 | 377 | 380 | 384 | 388 |
Stack (in mm) | 529 | 551 | 572 | 593 | 613 |
So fährt sich das Giant TCR Advanced!
Das Giant TCR Advanced 1 erstrahlt in matt-schwarzer Carbonoptik und weißem Schriftzug und wirkt dadurch extrem hochwertig. Auch die geschwungenen Formen und abgerundeten Kanten vermitteln hohe Qualität und eine erstklassige Verarbeitung. Unser Testrad kam in der Variante mit Felgenbremsen, mechanischer Shimano Ultegra 11-fach Gruppe und hauseigenen Laufrädern, wie Anbauteilen. Etwas unschön sind die Züge, welche erst sehr spät in den Rahmen eingeführt werden und das ansonsten cleane Bild stören.
Schon beim ersten Antritt mit dem TCR Advanced konnte man spüren, das im Vergleich zum Vorgänger etwas anders ist. Die überarbeitete Rohrformen in Kombination mit dem verbesserten Carbonlayup sorgen für eine tolle Kraftübertragung. Diese ist aber nicht nur durch eine explosive Beschleunigung spürbar und machte uns das Leben nach ungewollten Zwischenstopps wie an Ampeln um ein vielfaches leichter, sondern bot auch bergauf und auf flachen Streckenabschnitten seine Vorteile. Durch die verbesserte Aerodynamik konnte man auch ohne Hochprofil-Laufräder ziemlich viel Spaß haben und es richtig laufen lassen. Das bereits erwähnte OverDrive-Gabelschaftsystem und das MegaDrive-Unterrohr sind vermutlich die Hauptverantwortlichen, wenn es um das Thema Handling geht. Dieses ist äußerst präzise und direkt, was es uns ermöglichte in Abfahrten so richtig Spaß zu haben und Kurven auch mit hohen Geschwindigkeiten zu nehmen. Beide Eigenschaften ergänzen sich so gut, dass man am liebsten nur noch technische Abschnitte mit vielen Antritten fahren möchte. Aber Vorsicht: So agil das Bike auch ist, bei höheren Geschwindigkeiten haben wir etwas an Laufruhe vermisst. Für erfahrene Sportler weniger kritisch, für Einsteiger kann dies aber schnell zum Problem werden, wodurch man sich unwohl fühlt. Also es am besten ruhig angehen lassen und sich an den höheren Speed rantasten.
Sehr angenehm hingegen ist wieder der Sitzkomfort, an der Front noch etwas hart bietet das Giant TCR Advanced besonders durch seine Sattelstütze und den hauseigenen Sattel genügend Flex, um auch auf unruhigeren Strecken angenehm unterwegs zu sein. Die Tubless-Reifen unterstützen diese Fahrgefühl zusätzlich.
Die sonstigen Anbauteile und Komponenten fügen sich ohne große Aufregung ins Gesamtkonzept ein und funktionieren wie sie sollen. Gewöhnungsbedürftig war für uns natürlich nach vielen Kilometer ausschließlich auf Disc-Bikes wieder ein Rad mit Felgenbremsen zu fahren. Die Bremskraft und -performance ist natürlich nicht mit der von Scheibenbremsen zu vergleichen, dennoch gewöhnt man sich nach einiger Zeit an die Bedienbarkeit der Rim-Brakes und kommt damit auch so gut zu recht.
Alle Fotos: © Enrico Wagner/Velomotion