Radsport: Laut WorldTour Ranking zählt die belgische Mannschaft Lotto – Soudal zu den schwächsten der Saison. Das sollte jedoch nicht überbewertet werden, denn das Team fokussiert sich auf die Sprints – und da gibt es nun mal weniger Punkte zu holen.
Lotto – Soudal 2021: Wellens, Ewan & Vermeersch
Mit Florian Vermeersch fährt einer der Newcomer der Saison für das Team Lotto – Soudal. Der 22-jährige Belgier war vor einem Jahr noch kaum einem Zuschauer ein Begriff. Jetzt kennt ihn vermutlich jeder Radsportfan. Anfang Oktober nämlich fuhr er sensationell auf dem zweiten Rang bei Paris – Roubaix. Im entscheidenden Sprint war er sogar schneller als Mathieu van der Poel. Nachdem er in der Vorsaison schon Neunter im GC der BinckBank Tour war und Vierter bei der Brüssel Classic, fuhr er 2021 in Spanien seine erste Grand Tour. Mit einer Weiterentwicklung ist bei ihm also auch in der kommenden Saison zu rechnen.
Star der Mannschaft bleibt aber Caleb Ewan. Der kleine Australier gewann zwei Etappen beim Giro d’Italia und je eine bei der UAE Tour und der Benelux Tour. Die Belgien-Rundfahrt beendete er in der Punktewertung dank zweier Tagessiege auf Rang eins. Enttäuschend verlief für ihn lediglich die Tour de France, da er nach einem Sturz mit Peter Sagan bereits aufgeben musste, bevor es richtig losging.
Eine gute, aber keine sehr gute Saison erwischte Tim Wellens. Der Belgier gewann zu Beginn der Saison eine Etappe und die Gesamtwertung des Etoile de Bessèges – doch mehr Siege sollten für ihn 2021 nicht hinzu kommen. Dennoch verlief der Rest des Kalenderjahres alles andere als schlecht. Siebter bei Tirreno – Adriatico, Sechster bei der Tour de Pologne und Vierter bei der Benelux Tour – das kann sich sehen lassen.
Lotto – Soudal 2022: Ewan erhält noch mehr Unterstützung
Das Team Lotto – Soudal hätte viele Möglichkeiten gehabt, sich zur kommenden Saison umzustrukturieren. Doch statt einen guten Kletterer zu verpflichten, baut man auf altbewährtes und sorgt für noch mehr Unterstützung für Caleb Ewan. Der Australier kann künftig in den Sprints auf die Hilfe der Deutschen Rüdiger Selig und Michael Schwarzmann bauen. Beide waren ein fester Bestandteil des Sprintzuges von Pascal Ackermann. Als Top-Transfer muss Victor Campenaerts bezeichnet werden. Der Stundenweltrekordler ist im Straßenradsport eine echte Lokomotive. In der Ebene kann er die Ausreißer im Alleingang über viele Kilometer jagen – genau das, was ein Sprinter wie Caleb Ewan gebrauchen kann. Gleichzeitig kann der Neuling in Zeitfahren für Erfolge sorgen. Die Liste der Neuzugänge wird komplettiert durch Cedric Beullens, Arnaud De Lie und Jarrad Drizners, über die recht wenig bekannt ist. Sie sind jung und sorgen im ersten Jahr vor allem für Breite im Kader.
Zwei Deutsche kommen, einer geht. John Degenkolb zieht es zum nun niederländischen Team DSM – und somit zu seiner alten Mannschaft. Sein bestes Resultat 2021 war Rang zwei bei Eschborn – Frankfurt. So sympathisch der bald 33-Jährige auch ist, aber ein Sieggarant ist er schon seit geraumer Zeit leider nicht mehr. Trotzdem schwächt sein Verlust natürlich den Kader für Klassiker und Sprintankünfte. Die Abgänge von Stefano Oldani, Gerben Thijssen und Kobe Goossens werfen Fragen auf. Alle drei befinden sich zeitlich gesehen noch vor ihrem besten Radsportalter und haben eigentlich sehr gut ins Team gepasst. Vor allem der zuerst genannte Italiener hat gezeigt, dass in ihm noch viel Potential schlummert. Kein Potential mehr gesehen hat Tomasz Marczyński. Der Pole geht mit 37 Jahren in den verdienten Ruhestand. Tosh Van der Sande hingegen macht genau das Gegenteil. Der Belgier wechselt zu Jumbo – Visma und wird dort viel Arbeit verrichten müssen.
Das Auftreten von Lotto – Soudal wird sich auf Grund der Transfers nicht wirklich verändern. Man wird weiterhin in Massensprints zu sehen sein und bei Eintagesrennen zu sehen sein. Für große Landesrundfahrten fehlt es deutlich an Substanz im Kader. Wird es wellig oder gar bergig, hilft nur der Sprung in die Gruppe.